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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Autoren: Thomas Mann
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gestufter Schönheit organisierte. Unter seinem Befehl stand auch das zur Bedeckung mitgenommene Waffenvolk.
    Die Ordnung des Zuges war folgende. Eine Abteilung Soldaten, Trompeter und Paukisten voran, dann nubische Bogenschützen, mit Sichelschwertern bewaffnete Lydier und ägyptische Lanzenträger eröffneten ihn. Es folgte die Blüte von Pharao’s Hof, so zahlreich bestellt, wie es nur möglich war, ohne die Person des Gottes gänzlich von edler Umringung zu entblößen: Freunde und Einzige Freunde des Königs, Wedelträger zur Rechten, Palastbeamte vom Range eines Obersten der Geheimnisse und Geheimrats der königlichen Befehle, so hochgestellte Personen wie der Oberbäcker und Obermundschenk Seiner Majestät, der Erste der Truchsesse, der Vorsteher der Kleider des Königs, der Oberbleicher und -wäscher des Großen Hauses, der Sandalenträger des Pharao, sein Ober-Haarmacher, der zugleich Geheimrat der beiden Kronen war, und so fort.
    Dies Schranzengewimmel bildete den Vorantritt vor dem Katafalk, der, als man nach Gosen hinabgelangt war, vom Zuge aufgenommen wurde und fortan schimmernd über ihn emporragte. Jaakobs von Steinen funkelnde Sargesgestalt mit dem goldenen Gesicht und dem Kinnbart war auf eine Bahre gestellt worden, diese auf einen vergoldeten Schlitten, dieser auf einen Wagen mit verhangenen Rädern, den zwölf weiße Ochsen zogen; und so schwankte das hohe Transportstück daher, zeitweise zum flötenbegleiteten Wehgesang von Berufslamentierern, die ihm folgten: vor dem Hause des Toten, seiner Verwandtschaft, die nun an der Reihe war. Joseph war es mit seinen Söhnen und mit dem Stab seines Hauses, wovon Mai-Sachme der Älteste war; es waren Josephs elf Brüder mit ihren Söhnen und Sohnessöhnen, – alles was Mannsnamen trug in Israel, das folgte dem Sarge, nebst den nächsten Dienern des Toten, Eliezer zumal, seinem ältesten Knecht, und nebst eigenem Gesinde, also daß dieses Hausgefolge sehr lang und zahlreich war, – aber was für ein Nachtritt schloß sich nun erst daran!
    Denn nun kam die hohe Verwaltungsbeamtenschaft beider Länder: die Wesire von Ober- und Unter-Ägypten, Josephs Untergebene, die Ober-Bücherverwalter des Nahrungshauses, solche Leute wie der Vorsteher der Rinderherden und alles Viehes im Lande, der auch den Titel »Vorsteher der Hörner, Klauen und Federn« trug; der Oberste der Schiffsflotte; der Wirkliche Kabinettsvorsteher und Hüter der Waage des Schatzhauses; der General-Aufseher aller Pferde und viele Wirkliche Richter und Oberschreiber. Wer nennt alle die Titel und Ämter, deren Träger sich aus der Auflage eine Ehre machten, die Mumie des Vaters Josephs, des Ernährers, ins Ausland zu begleiten! Militär mit Zinken und Standarten folgte wieder dem Staatsvolk. Und dann schloß zuletzt noch der Troß sich an, das Gepäck und Gezelt, die Furagekarren mit Mäulern und Treibern, denn welcher Vorräte an Trank und Atzung bedurfte nicht solche Prozession für die Wüstenreise!
    Ein sehr großes Heer, – die Überlieferung sagt es mit Recht, denn man bilde sich nur dies Langgewühl von Prachtgespannen und Tragekommoditäten, von Federnbuntheit und Waffenblitz, von Schnauben, Rollen und Marschtritt, von Wiehern, Eselsröhren, Rindsgebrüll, Zinkengeschmetter, Gepauk und geschultem Wehklagen ein, aus dessen Mitte das Aufgebäude der Sarggestalt, mit dem gewickelten Wegfahrer darin, sich überherrschend hervorhob. Joseph konnte zufrieden sein. An Ägyptenland hatte das Vaterherz ihn einst verloren, und dieses Herzens Herzeleid mußte nun ganz Ägypten huldigen, indem es den toten Jaakob auf den Schultern zu Grabe trug.
    So wand sich der staunenswerte und überall bestaunte Zug zur Grenze im Morgen dahin und trat in die argen Strecken ein, die zu bestehen sind, wenn man von den Fluren des Chapi in Pharao’s Ostprovinzen, die Länder Charu und Emor gelangen will. Am oberen Rande der Sinai-Bergwüste ging er dahin, nahm aber dann eine Richtung, die jeden, der sein Ziel kannte, überrascht haben würde: denn nicht den üblichen, kürzesten Weg nach Gaza am Meer durch Philisterland und über Beerscheba nach Hebron schlug er ein, sondern verfolgte die Bodensenke, die sich südlich vom Hafen Chazpati gen Osten, durch Amalek und gegen Edom zum Südende des Laugen-Meeres zieht. Dieses umschritt er, ging an seinem östlichen Ufer hin bis zur Mündung des Jardên und noch ein Stück das Tal dieses Flusses hinauf und trat von dorther, nämlich von Gilead und von Morgen her, den Fluß
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