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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Autoren: Thomas Mann
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Toten Namen und mit Lobpreisungen seines Namens, wurden um die Wickelstreifen gezogen, um die Schultern, die Leibesmitte und um die Kniee und mit ebensolchen, die vorn und hinten der Länge nach liefen, verbunden. Nicht genug damit, wurde, was einst Jaakob gewesen und was nun eine von aller Verweslichkeit gereinigte Schmuck- und Dauerpuppe des Todes war, von Kopf bis zu Fuß in dünne, biegsame Platten aus purem Golde gehüllt und so in einen Arôn, in die Lade gehoben, die die Schreiner, Juweliere und Skulptierer mittlerweile nach genauem Maße fertiggestellt: menschengestaltig, mit Edelsteinen und buntem Glasfluß reichlich ausgeziert. Es ruhte Figur in Figur; das Kopfstück der äußeren war aus Holz geschnitten und mit einer Maske aus dickem Blattgold, die am Kinn den Bart des Usiri trug, überkleidet.
    So geschah es mit Jaakob, prunk- und ehrenvoll, wenn auch nach seinem Sinne nicht, sondern nur nach dem seines verpflanzten Sohnes. Aber es ist wohl recht, wenn es nach den Gefühlen dessen geht, der sein lebendig Eingeweide im Leibe hat, denn dem andern kann’s gleich sein.
    Den Vater im Tode zu feiern, seinen letzten Wunsch zum Anlaß höchster Ehrung zu nehmen war Josephs ganzer Wunsch und all sein Betreiben, und während der Leichnam zur Reise instandgesetzt wurde, hatte der Erhöhte Schritte getan, um diese Reise zu einem aufsehenerregenden und verzeichnenswerten Ereignis, einem großen Triumph zu gestalten. Er bedurfte dazu der Einwilligung Pharao’s, konnte aber seiner Trauer und der Vernachlässigung wegen, die er einige Wochen lang seinem Äußeren auferlegte, nicht selbst vor dem Gotte reden, sondern schickte zu ihm hinauf in die Stadt des Horizontes, im Hasengau und ließ das schöne Kind des Atôn um die Erlaubnis bitten, seines Vaters Todesgestalt über die Grenze in das Land seiner Ruhestatt zu begleiten. Es war Mai-Sachme, sein Haushalter, den er mit der Mission betraute, schon um dem Guten Gelegenheit zu geben, bis zum Schlusse an dieser Geschichte mitzuwirken. Außerdem mochte er seiner Ruhe und Treue die Lösung der diplomatischen Aufgabe vorzüglich zutrauen, die in der Sendung beschlossen war. Denn es galt, von Pharao Befehle zu erlangen, die man ihm nur nahe legen, nicht geradezu von ihm heischen konnte; es galt, ihm die Verfügung eines hochfeierlichen Staatsbegräbnisses für den Erzeuger seines ersten Dieners abzugewinnen, oder, mit anderen Worten, ihn zur Verordnung eines sogenannten »Gewaltigen Zuges« zu bestimmen.
    Wieder sieht man, wie sehr die Gedanken von Rahels Lamm sich gewöhnt hatten, ägyptische Wege zu gehen. Der »Gewaltige Zug« war eine außerordentlich ägyptische Vorstellung, eine Lieblings-Fest- und Ceremonial-Idee des Volkes von Keme und neben der Balsamierung nach oberster Preisstaffel hatte Joseph den Vorsatz zu einem »Gewaltigen Zuge«, von dem man reden sollte bis über den Euphrat und bis zu den Inseln des Meeres, sogleich aus Jaakobs Vermächtnis abgeleitet. Mit den berühmtesten Gesandtschaftszügen sollte er wetteifern, die je ins Ausland, nach Babel, Mitanniland oder zum Großkönig Chattuschili vom Lande Chatti, gegangen waren und würdig sein, in die Reichsannalen eingetragen zu werden zum Gedenken der Späten. Daß Pharao ihm Amtsurlaub gäbe für siebzig Tage, damit er mit seinen elf Brüdern, mit seinen Söhnen und den Söhnen der Brüder den Vater über die Grenze zu Grabe bringe auf dem Ehren-Umwege, den er dafür ausersehen, das war das Erste und Wenigste. Es war nicht genug und war noch kein Gewaltiger Zug, kein königlicher Kondukt und nicht anders, als einen König, wollte der weltliche Sohn den Vater zu Grabe bringen. Pharao mußte dazu gebracht werden, es zu erlauben, es anzuordnen; Staat, Hof und Heer mußte er zum Geleit befehlen: auch namentlich einige Heeresmacht zur Bedeckung auf längerer Wüstenfahrt; – und Pharao kam darauf und verordnete es, als der Haushalter vor ihm sprach, er verfügte es teils aus Rührung und aus dem Wunsch, seinem verdientesten Diener, der ihm soviel Gutes getan, Liebe und Gnade zu erweisen, zum Teil aber auch aus der Besorgnis, Joseph möchte, wenn man ihn unbedeckt von ägyptischer Macht in das Land seines Ursprungs ziehen ließe, am Ende nicht wiederkommen. Daß Meni dies ernstlich befürchtete, und daß auch Joseph mit dieser Befürchtung rechnete, schimmert deutlich hinter dem Wort hervor, das der Grundbericht ihm bei seinen Verhandlungen mit dem Hof in den Mund legt: »So will ich nun hinaufziehen und
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