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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl
Autoren: Marc Ritter
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und jetzt die Hände hinter den Kopf. Sie da drüben, gehen Sie zu dem Baum, an dem die Frau steht. Ganz langsam!«
    Lex Peininger befolgte die Anweisungen. Er wusste: Das hier war seine lang ersehnte Story. Die Story, die ihn zurück nach Berlin bringen würde. Vielleicht sogar in den Auslandseinsatz. Der Bild-Chefredakteur in Berlin hatte ein Faible für Geschichten mit Christen im Allgemeinen und mit Mönchen im Besonderen. Sie durften dabei nur nicht schlecht wegkommen. Irgendwie war das auch hier hinzukriegen. Er durfte sich nur nicht von der nervösen Kuh, die mit der Waffe vor ihm herumfuchtelte, erschießen lassen. Er hatte nicht vor, wie der Wilderer im Heimatfilm im feuchten Laub zwischen zwei Pilzen zu verrecken.
    »Alles gut, Lady, alles gut«, versuchte er Ruhe ins Spiel zu bringen.
    Claudia Schmidtheinrich hatte sich wieder gefangen. »Wann gut ist, sag ich. Und ansonsten halten Sie die Klappe, ist das klar?« Sie hatte einen Bogen um die ganze Szenerie gemacht, um keine Spuren zu zerstören. Und um alle drei – oder waren da vier? Wo war der Mann abgeblieben, den sie verfolgt hatte? – im Schussfeld zu haben. Sie ging weiter nach unten, bis sie drei Meter hinter dem Paar am Baum stehen blieb. Von dieser Position aus hatte sie auch den Mann, der noch immer reglos auf dem Waldweg saß, im Auge.
    Nach dem Warnschuss waren noch sieben Schuss im Magazin. Sie hoffte, dass Schneider den Warnschuss, den sie da oben abgegeben hatte, richtig interpretieren würde: Kollege braucht Hilfe. Allerdings war er immer noch nicht hier. Sie zog mit der Linken das Handy aus der Jackentasche und warf einen schnellen Blick darauf. Klar, kein Empfang.
    Sie holte zwei lange Kabelbinder unter ihrem Gürtel hervor. Handschellen waren schwer und trugen auf. Die dicken und langen Kabelbinder, die seit einiger Zeit speziell zur Fesselung von Delinquenten angeboten wurden, waren sogar an den Rändern abgerundet, sodass sie nicht zu tief ins Fleisch schnitten, wenn man sie ordentlich zuzog.
    Sie wies zuerst den Mann an, seine Hände auf dem Rücken zu überkreuzen. Dann warf sie der Frau einen Kabelbinder hin. Die wusste auch ohne weitere Anweisungen, was zu tun war. Dann sagte Claudia Schmidtheinrich zu dem Mann: »Hinsetzen!«, bevor sie daranging, die Frau zu fesseln. Die musste sich auf den Boden legen und die Hände ebenfalls auf den Rücken nehmen. Claudia Schmidtheinrich war gezwungen, die Waffe für kurze Zeit ins Holster zu stecken. Ohne einen Kollegen, der sicherte, war das ein kritischer Moment, aber sie machte alles so sicher und schnell, dass sie höchstens drei Sekunden keine Waffe auf die Festgenommenen richten konnte. Sie stemmte der Liegenden das rechte Knie zwischen die Schulterblätter, dann zog sie den zweiten Kabelbinder um die Handgelenke zusammen.
    Als auch die Frau gefesselt war und sich aufsetzen durfte, nahm Claudia Schmidtheinrich einen dritten Kabelbinder, band die beiden an ihren Fesseln Rücken an Rücken zusammen und ließ sie auf dem Boden sitzen. Danach ging sie, mit der Waffe im Anschlag, hinüber zu dem braunen Bündel, das noch immer regungslos auf dem Waldweg hockte.
    »Hände auf den Kopf!«, wies sie die Person in der Kutte an.
    Die aber rührte sich nicht.
    »Bayerisches Landeskriminalamt. Sie sind vorübergehend festgenommen. Nehmen Sie die Hände auf den Kopf.«
    Auch die Langversion half nicht.
    Sie zielte mit der Pistole genau auf die Kapuze. Mit der Spitze des linken Wanderstiefels tippte sie die rechte Schulter des Sitzenden an. Langsam neigte sich die Gestalt nach links und fiel wie in Zeitlupe um, um danach regungslos auf der Seite liegen zu bleiben.
    Claudia Schmidtheinrich drehte sich zu den beiden anderen um. Sie saßen immer noch Rücken an Rücken auf dem Waldboden. Dann wandte sie sich dem liegenden Bündel zu. Mit der P7 in der Rechten beugte sie sich über die Gestalt und zog ihr mit der Linken die Kapuze vom Kopf.
    Das eisgraue Gesicht eines uralten Mannes kam darunter zum Vorschein. Vorsichtig tastete sie nach der Halsschlagader. Nichts, kein Puls.
    Der alte Mann war tot.
    Als Claudia Schmidtheinrich mit den beiden Festgenommenen oben am Hotel Forsthaus Graseck ankam, standen da zwei untersetzte Männer in seltsamen Aufzügen. Beide steckten in Lodenmänteln und trugen darunter Pyjamas. Der eine hatte wenigstens noch eine Lodenhose an, doch die Schlafanzughose quoll oben über deren Bund hervor, und das breit gestreifte Hemd gehörte eindeutig zu einem Pyjama. Sie standen im
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