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Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie
Autoren: Joachim Masannek
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unterschreiben. Ja, und dann mussten sie ihre Mützen abgeben. Die steckten wir wie Indianerskalps auf ganz lange Stangen und stellten sie auf dem Dach des Kiosks auf, damit keiner unseren Sieg jemals wieder vergaß.

Lass uns Fußball spielen!
    In den Tagen darauf fühlten wir uns so stark und so groß, wie schon lange nicht mehr. Auch wenn es Camelot nicht mehr gab, wir hatten trotzdem gesiegt. Wir hatten die Flammenmützen besiegt und unsere heimliche Schwäche. Das Wilde Fußballkerle -Land gehörte jetzt wieder uns und mit erhobenen Köpfen fuhren wir jeden Morgen auf dem Weg zur Schule um die Nebelburg herum. Jeden Nachmittag trainierten wir dann im Teufelstopf und schon am Donnerstag sagten wir jedem Bescheid. Ja, zum ersten Mal luden wir Eltern, Freunde, Schulkameraden und Verwandte zu einem Spiel von uns ein. Ja, selbst der Dicke Michi und seine Unbesiegbaren Sieger sollten an diesem Tag kommen. Und die drei Cousinen von Raban natürlich. Die Rüschenmädchen, mit ihren Lockenwicklern und Schleifen und den Plüschohrenschützern im Winter. Könnt ihr euch an die noch erinnern? Katas-touristischer Donnerblitzschock! Aber das war uns egal. Wir waren über unseren Sieg so froh und so stolz, dass wir ihn mit allen Menschen feiern wollten, die wir irgendwie kannten. Es sollte ein Fußballfest werden in unserem Stadion und das natürlich bei einem Spiel, das wir mit Sicherheit auch gewannen. Unser erstes Heimspiel im Teufelstopf nach dem Rückrundenstart. Unser Spiel gegen den TSG Hertha 05 , Deniz’ ehemaliger Mannschaft, die wir zuletzt bei der Qualifikation zur Hallen-Stadtmeisterschaft auf den Mond geschossen hatten.
    Ja, und am nächsten Samstag war es so weit. Da sollte das Fußballfest steigen. Die Frühlingssonne strahlte und der Himmel war wolkenlos blau. Der TSG Hertha 05 war unserer Bitte gefolgt und hatte sich zusammen mit uns schon vor dem Teufelstopf umgezogen. Jetzt warteten wir nur noch darauf, dass sich die Zugbrücke senkte. Dann liefen wir in das Stadion ein. Unsere Trikots waren wieder nachtschwarz, und in dem Moment als ich an der Spitze unserer Mannschaft auf das Fußballfeld kam, brach der Applaus über uns alle herein. Der Teufelstopf bebte. Mindestens 500 Menschen waren gekommen. Sie standen dicht gedrängt an den Außenlinien entlang. Doch das war nicht alles. Der Dicke Michi und seine Unbesiegbaren Sieger liefen mit Bauchläden durch die Menge hindurch und verkauften Würste, Malzbier, Fischstäbchen-Sandwiches und Apfelsaftschorle. Ja, und auf dem Dach des Kiosks tanzten Rabans Cousinen. Wie Cheerleader sprangen sie dort auf und ab, direkt vor den Stangen, auf die wir die Flammenmützen der Skater aufgespießt hatten, und sie sangen begeistert:
    „Gib mir ein W!
    Gib mir ein K!
    Wilde Kerle ja! Ja! Ja!“
    Die Jungs vom TSG Hertha waren ziemlich beeindruckt. Auf jeden Fall spielten sie so. Schon in den ersten Minuten gingen wir durch ein Blitztor von Leon in Führung und zur Halbzeit stand es, durch zwei weitere Treffer von Fabi und Felix, verdient drei zu null. Die Wilden Fußballkerle e.W. waren auf Meisterschaftskurs. Doch dann brachen wir ein. Urplötzlich und ganz ohne Grund. Ein Konter erwischte uns kalt, und das zweite Tor war ein Glücksschuss. So wie Marlons Schuss eine Woche zuvor gegen den SV 1906 . Aus 35 Metern Entfernung passte er haargenau und unhaltbar für Markus in den rechten Winkel hinein. Danach schöpfte der TSG neuen Mut. Wir waren verwundbar geworden und von dem Ergebnis unseres letzten Spiels hatten die Herthaner Jungs auch schon gehört. Wir waren nicht so unbesiegbar wie z.B. die Bayern . Nein, uns konnte man schlagen, und weil das so war, und weil uns im Sturm ab jetzt überhaupt nichts mehr gelang, lagen wir fünf Minuten vor Schluss sogar mit zwei Treffern zurück.
    Die Stimmung im Teufelstopf sank auf den Nullpunkt. Das war kein Fußballfest mehr. Das war eine Beerdigung. Die Beerdigung unserer Meisterschaftshoffnungen. Das wussten wir alle, doch wir liefen mit hängenden Köpfen über den Platz. Wir konnten es einfach nicht besser. An diesem Tag war einfach nichts drin, und schließlich kapierte das sogar Willi. Er setzte sich enttäuscht ins Gras. Er nahm seine Mütze vom Kopf und begann sie zu kneten. Der Schiedsrichter sah auf die Uhr. Noch drei Minuten zeigte er an. Da stürmten sieben Jungen und sechs Mädchen in den Teufelstopf ein. Sie jagten die Rüschenmädchen vom Dach des Kiosks hinab, rissen ihre Mützen von den Stangen dahinter und setzten
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