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John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär

John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär

Titel: John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
Autoren: Hans Dominik
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hinauf, dann wieder hinunter, auf einen nächsten, dann durch die Menschen, und das geht so vorwärts, bis man seine letzte Zeitung verkauft hat; ich sage dir, da kann die Kälte noch mal so stark sein, uns ist so warm, als wäre es mitten im Sommer.«
    »Willst du wirklich keinen Apfel essen, John?«
    Energisch schüttelte er den Kopf, dann kam in sein Gesicht ein freudiger Ausdruck. Er nahm einen Apfel und sagte: »Die Äpfel sollen einen guten Zweck haben. Bitte, pack sie mir in einen Korb und gib mir eine Flasche Spiritus mit. Ich will noch fort.«
    »Wo willst du hin?« fragte die Mutter besorgt.
    John Workmann, der bereits nach seiner Mütze griff, antwortete:
    »Der kleine Charly Beckers ist heute nicht zum Broadway gekommen. Ich hörte von einem Jungen, der in seiner Nachbarschaft wohnt, daß er krank ist. Er klagte schon gestern abend über Kopfschmerzen und hustete stark. Da will ich nun nachsehen, was ihm fehlt. Pack mir auch Tee und Zucker ein. Du weißt, er hat keine Eltern. Und ich glaube, da ist niemand, der sich um ihn kümmert.«
    »Schrecklich«, flüsterte die Mutter. »Was für arme Jungen unter deinen Kameraden sind!«
    »Pack nur alle sechs Äpfel ein«, sagte jetzt John Workmann, als er merkte, daß die Mutter drei beiseite legen wollte. »Ich weiß, der kleine Charly ißt Äpfel sehr gern.«
    Die Mutter errötete, als sie die fehlenden Äpfel in den Korb hineinlegte. Dann küßte sie ihren Jungen auf die Stirn und sagte:
    »Bleibe nicht zu lange, John, du weißt, ich sorge mich um dich!«
    »Sei unbesorgt, Mutter!« rief John Workmann. Dann nahm er den Korb, gab seiner Mutter einen Kuß und verließ eiligst die Wohnung.
    »Puh!« rief er, als er jetzt auf die kalte Straße trat. »Jetzt spürt man erst die Kälte! – Hallo, dagegen ist Laufschritt gut!«
    Es war eins der ärmlichsten und schmutzigsten Viertel von New York, in das er sich begab. Holzschuppen und Garagen, Speicher, Lagerplätze und vereinzelte hohe Häuser, alles nur notdürftig erleuchtet.
    Vor einem alten Lagerhaus blieb John stehen. Vorsichtig tastete er sich auf einem dunklen Seitenweg neben dem Gebäude zum Hof und kletterte dann eine an der äußeren Wand befestigte Holzstiege empor. Eine Art Lattentür stieß er oben am Ende der Treppe auf. Er mußte sich bücken und trat in einen niedrigen, kammerartigen Verschlag – die Wohnung des kleinen Charly Beckers.
    Kein Licht erhellte den Raum, und da auf dem Hofe keine Laterne brannte, blieb John Workmann in der Öffnung des Verschlages stehen und rief.
    Aus dem Dunklen antwortete die dünne, heisere, vom Husten unterbrochene Stimme eines Jungen: »Ja, John, ich liege hier.«
    »Hast du kein Licht?«
    »Ja – gleich neben der Tür steht eine Laterne. Ich war zu schwach, mich aufzurichten und sie anzuzünden.«
    John Workmann kramte aus seiner Tasche eine Schachtel mit Streichhölzern und zündete die neben der Tür stehende Stallaterne an, die statt Glas mit Ölpapier beklebt war. Jetzt konnte er den Raum notdürftig übersehen. Im hinteren Winkel, gleich unter dem Dach, lag auf einem Haufen von Papier, Stroh und Lumpen der kleine sechsjährige Charly Beckers. Eine alte Decke und zerrissene Säcke deckten ihn bis an den Hals zu. Mit fieberglänzenden Augen schaute der kleine Knirps auf seinen Kameraden, der neben dem Lager niederkniete und ihm die Hand auf die glühende Stirn legte.
    »Sag mal, wie fühlst du dich?« fragte John.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte mit matter Stimme der kleine Charly Beckers, »ich habe so furchtbaren Durst und nichts zu trinken. Es ist nur gut, daß du gekommen bist. – Ich glaubte schon, ich müßte sterben.«
    »Rede doch nicht solchen Unsinn, Charly. Wir Zeitungsjungen haben doch ein Leben wie die Katzen, sagte neulich der Maschinenmeister unserer Zeitung. Du wirst schon wieder durchkommen! Hast du Schmerzen?«
    »Ja, hier –.« Der kleine Charly Beckers zeigte auf seine Brust.
    »Ich habe dir Äpfel mitgebracht, willst du einen essen?«
    Ein müdes Lächeln huschte über das schmale Gesicht Charly Beckers.
    »Ich mag nicht, ich habe gar keinen Appetit! Aber bitte gib mir etwas zu trinken.«
    John Workmann nickte und begann für den kranken, kleinen Kameraden auf einem Spirituskocher Wasser heiß zu machen, damit er Tee bereiten konnte.
    »Weißt du, John«, begann der Kleine nach einigen Minuten Stillschweigens, »ich möchte ja ganz gerne noch leben, denn ich habe mir doch vorgenommen, als Millionär zu sterben. Weißt du, wie der
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