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John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär

John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär

Titel: John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
Autoren: Hans Dominik
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war ein kleines, ärmliches Heim, bestehend aus Stube und Küche in einem Hinterhause der 32. Straße auf der Ostseite in New York, wohin der blonde zwölfjährige Zeitungsjunge wollte. In scharfem Trab machte er den Weg nach Hause. Wie eine Eidechse schlängelte er sich durch den Verkehr, und oft sprang er so scharf an den Autos vorbei, daß es wie ein Wunder schien, wenn er mit heiler Haut auf dem Bürgersteig ankam.
    Aber er war an das rastlose Treiben und Jagen der Wagen auf dem Broadway gewöhnt.
    Als er vor dem schmucklosen, nüchternen Mietshaus ankam, in dem seine Mutter wohnte, ließ er auf zwei Fingern einen schrillen Pfiff ertönen. Das war jedesmal das Freudensignal für seine wartende Mutter. In lebensfroher Laune sprang er, fidel pfeifend, durch den Flur, war mit zwei Sätzen über den Hof und jagte – zwei Stufen auf einmal nehmend, – die Treppe hinauf. Im vierten Stock klingelte er. Nur wenige Sekunden brauchte er zu warten, bis sich die Tür öffnete und eine schlanke, blondhaarige Frau mit dunklen Augen ihn umarmte und in die Wohnung zog. »Bist du endlich da, John«, sagte sie mit mütterlicher Zärtlichkeit und streichelte ihm das kalte Gesicht. »Ich war schon recht in Sorge um dich, es ist heute bitterkalt!«
    »Das stimmt, Mutter«, antwortete John Workmann. »Dafür haben wir Winter und ich habe mich schon ordentlich gefreut, bei dir zu Hause zu sein. Hier ist es fein warm.«
    »Du bist ein tapferer Junge. Komm, ich habe schon Tee, Rührei und Speck, dein Lieblingsessen, auf dem Tisch stehen und hoffe, daß du einen guten Appetit mitbringst.«
    »Stimmt, Mutter, ich bringe einen Wolfshunger mit. Wenn es so kalt ist, kann man für zwei essen. Und da –«
    Er griff in die Taschen und holte mehrere Hände voll Cent- und Nickelstücke heraus. – »Ich habe heute ein so gutes Geschäft gemacht, wie seit langem nicht! Weißt du, bei der Kälte geben die Leute gern ein Trinkgeld. Viele lassen sich auf ein Fünf-Cent-Stück nichts herausgeben. Ich glaube, ich habe heute so viel zusammen, daß ich dir eine schöne neue Winterjacke kaufen kann.«
    »Nein, nein«, wehrte die Mutter ab, »einen Winterüberzieher brauchst du viel nötiger. Meine alte Jacke, die mir noch Vater kaufte, ist diesen Winter noch gut genug.«
    John Workmann war zum Waschbecken gegangen, er hätte niemals mit den von Straßenschmutz verunreinigten Händen sein Essen angerührt. Als er sich gewaschen hatte, trat er zu dem mitten in der Küche stehenden sauber gedeckten Tisch und sagte unmutig:
    »Immer verdirbst du mir meine Freude. Für mich suchst du immer etwas Gutes, aber für dich darf ich das nicht. Da habe ich mich schon seit vierzehn Tagen darauf gefreut, dir eine warme Jacke kaufen zu können, und nun willst du nicht. Weshalb arbeite ich denn?«
    »Aber John!« beruhigte ihn die Mutter. »Du arbeitest, damit wir unsere Wohnung haben, und dein Mütterchen ein warmes Zimmer und Essen und Trinken hat. Ist das nicht etwa genug?«
    Das Gesicht von John glättete sich bei den liebevollen Worten der Mutter. Er setzte sich und begann zu essen. Mit leuchtenden Augen blickte ihn seine Mutter an und freute sich, mit welchem Appetit er aß.
    Nachdem er seinen Hunger gestillt hatte und, wie es seine Gewohnheit war, seiner Mutter für das Abendbrot gedankt hatte, sagte sie:
    »Warte einmal, John, ich habe noch etwas sehr Schönes für dich!«
    Sie öffnete einen Korb und holte ein halbes Dutzend rotwangiger Äpfel heraus. Kaum aber hatte John die Äpfel gesehen, als sich seine Augenbrauen von neuem zusammenzogen und er sagte:
    »Eine Pelzjacke willst du dir nicht kaufen, aber solche unnötige Dinge wie Äpfel stellst du mir auf den Tisch!«
    »Aber John, ich meine es doch gut mit dir!«
    »Das weiß ich! Aber du meinst es nicht so gut mit mir, wenn du mir Äpfel kaufst.«
    Da sah er, daß sich die dunklen Augen seiner Mutter, in welchen stets ein eigener, trauriger Glanz lag, mit Tränen füllten. Im nächsten Moment war aller Unmut aus seinem Gesicht verschwunden. Hastig sprang er auf seine Mutter zu, umarmte sie und rief:
    »Nicht traurig sein, Mutti! Aber sieh mal – ich brauche wirklich keinen Überzieher – ich habe noch nie einen getragen. Das Geld wäre wirklich fortgeworfen.«
    »Aber du mußt doch frieren!«
    »Unsinn!« lachte John Workmann. »Wir Zeitungsjungen frieren nicht! Sieh mal, Mütterchen, wir haben nicht eine Sekunde Zeit, stille zu stehen. Das geht immer vorwärts im Galopp! Jetzt auf einen Straßenbahnwagen
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