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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
Autoren: Henning Mankell
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wartete vor der Kirche auf ihn. »Gut, dass du die richtige Antwort wusstest«, sagte Samuel.
    »Gut, dass sie mich nicht in Geschichte abgefragt hat«, sagte Joel. »Dann hätte ich bestimmt was Falsches geantwortet. «
    Sie gingen nach Hause. An diesem Tag trank Joel ausnahmsweise auch Kaffee. Immer noch wusste er nicht richtig, was für ein Gefühl es war, dass er nicht mehr zur Schule musste. Im Herbst wartete keine Lehrerin mehr auf ihn. Jetzt begann das Leben. Das richtige Leben. Und es sollte damit anfangen, dass er und Samuel nach Stockholm fuhren. Was dann kam, wusste er nicht recht. Er hatte eine halbe Zusage, dass er als Laufjunge in der Farbenhandlung anfangen könnte. Aber dann? Was sollte er dann tun? Das hing ganz und gar von Samuel ab. Würden sie wegziehen oder nicht? Joel hatte sich einen Plan zurechtgelegt. In Stockholm gab es einen großen Hafen. Dort legten Schiffe von überall aus der Welt an. Der Hafen war nicht so groß wie der von Göteborg. Aber vielleicht würde Samuel sich endlich entscheiden. Wenn er all die Schiffe sah, die dort an den Kaimauern lagen. Joel hatte beschlossen, ihn zu den Schiffen zu schleppen, sooft es ging. Natürlich hatte Samuel vergessen, wie das Seemannsleben war. Wie sollte er sich auch erinnern? Nachdem er so lange als Schiffbrüchiger in den großen Wäldern gelebt hatte, wo es kein Meer gab, nur die kleinen dunklen Binnenseen. Samuel studierte Joels Zeugnis genau.
    »Du hättest ein bisschen besser rechnen lernen sollen«, sagte er. »Aber sonst ist es gut.«
    Joel sagte nichts. Samuel hatte Recht. Rechnen war das langweiligste Fach, das Joel kannte.
    Dann begannen sie über das Geschenk zu reden, das sie Mama Jenny mitbringen wollten. Was sollte es sein? »Du kennst sie doch«, sagte Joel.
    »Damals mochte sie Hüte gern«, antwortete Samuel zögernd. »Aber vielleicht jetzt nicht mehr. Und ich kann doch nicht in einen Laden gehen und einen Damenhut kaufen?« Joel wusste, dass Samuel und Mama Jenny sich auf dem Tanzboden kennen gelernt hatten.
    »Vielleicht möchte sie eine Schallplatte«, schlug er vor. »Wenn sie einen Plattenspieler hat«, sagte Samuel. »Das kann man ja nicht wissen.«
    »Jeder hat einen Plattenspieler«, sagte Joel. »Nur wir nicht.«
    Sobald es heraus war, tat es ihm Leid. Samuel mochte nicht gern daran erinnert werden, dass sie so wenig Geld hatten. Dann verfiel er leicht in düstere Stimmung. Das wollte Joel nicht. Jetzt nicht.
    »Vielleicht hat sie die Platte schon«, sagte er.
    »Welche Platte?«
    »Die wir ihr schenken wollten.«
    Das Gespräch wurde sonderbar, das merkte Joel. »Vielleicht geben wir ihr einen Gutschein«, schlug er vor. »Dann kann sie sich selber kaufen, was sie möchte.« Samuel schüttelte den Kopf. »Es muss was Richtiges sein. Etwas, das man verpacken kann. Wenn wir einen Elchbraten hätten, könnten wir ihr den mitbringen.« Joel sah ihn erstaunt an.
    »Einen Elchbraten!? Stell dir mal vor, wenn dann Blut aus der Tasche tropft? Die Polizei könnte ja glauben, dass wir jemanden umgebracht haben.«
    »Im Augenblick ist ja sowieso keine Elchjagd. Wir müssen uns was anderes einfallen lassen.«
    Es war Nachmittag. Sonnenstrahlen fielen durchs Küchenfenster, wanderten an den Wänden entlang. Bis sie die Glasvitrine erreichten, in der
Celestine
stand.
    »Vielleicht würde sie sich über
Celestine
freuen«, sagte Joel plötzlich. »Dann kriegte sie wenigstens was, das uns auch gefällt.«
    Samuel betrachtete lange das Schiff in der Glasvitrine, ehe er antwortete.
    »Die stand wahrscheinlich schon da, als Jenny wegging«, sagte er. »Aber vielleicht hast du Recht. Vielleicht sollten wir ihr
Celestine
schenken.«
    Sie entschieden noch nichts. Aber jetzt hatten sie schon einmal eine Idee.
    In sieben Tagen wollten sie fahren. Sie wollten den Nachtzug am Samstagabend nehmen. Sonntagabend waren sie dann in Stockholm. Joel hatte Samuel nach allem ausgefragt. Nicht zuletzt wollte er wissen, wo sie wohnen würden. Samuel antwortete, dass es in der Nähe vom Bahnhof billige Hotels gab. Außerdem machte Joel sich Sorgen, Samuel könnte nicht genügend Geld haben. Aber danach konnte er nicht fragen. Deswegen nahm er die Gelegenheit wahr, Samuels Brieftasche zu untersuchen, als Samuel es nicht merkte. Dreihundert Kronen waren darin. Für Joel war das viel Geld. Aber ob es reichen würde, wusste er nicht.
    Die Tage vergingen langsam. Joel versuchte weiterzuschlafen, wenn Samuel morgens in den Wald gegangen war. Aber er war viel zu
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