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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
Autoren: Henning Mankell
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nervös, um im Bett zu bleiben. Er sprang auf, aß seine Butterbrote und ging hinaus. Es war kein Schnee mehr gefallen und es war wärmer geworden. Er fuhr nicht nur im Ort herum, sondern begab sich auf Entdeckungsfahrt die verschiedenen Forstwege entlang. Als er zu einer Lichtung kam, wo die Sonne bis zum Boden durchdrang, setzte er sich auf einen Stein und dachte nach. Vor allem darüber, wie es sein würde, Mama Jenny zu treffen. Aber auch darüber, ob er es schaffen würde, dass Samuel endlich eine Entscheidung traf. Und was sollte er tun, wenn es ihm nicht gelang? Wenn sie hierher zurückkehrten und Samuel weiter in den Wald ging, Holz schlagen?
    Eines Tages hatte Joel am Küchentisch gesessen und eine lange Liste über alle Arbeiten erstellt, die er kannte. Dann versuchte er die lange Liste durchzugehen und sich vorzustellen, wie es wäre.
    Flugkapitän Joel Gustafson
    Das war natürlich reizvoll. Sich selbst in einer Uniform zu sehen. Mit Nerven aus Stahl. Wenn ihm eine geschickte Notlandung in der Wüste glückte. Aber gleichzeitig wusste er, dass ein Pilot rechnen können musste. Seine Zensur war bestimmt nicht gut genug.
    Landvermesser Joel Gustafson
    Was tat eigentlich ein Landvermesser? Maß er Land ab? Schritt er Gräben und Forstwege ab? Und schrieb auf, wie groß der Abstand zwischen den Zäunen war? Das würde ihn langweilen.
    In Gedanken ging er seine lange Liste durch, während er auf der sonnigen Lichtung saß. Er überlegte, was es bedeuten mochte, ein Leben als Automechaniker, Jäger, Uhrmacher oder Schauspieler zu führen. Er durchdachte auch alles, was er noch vor wenigen Jahren geträumt hatte. Da hatte er beschlossen, Rock-König zu werden. Aber er hatte eingesehen, dass er zu schlecht sang und wohl kaum so gut Gitarre spielen lernen würde, wie es nötig war.
    Bestimmte Arbeiten, die er auf die Liste geschrieben hatte, strich er sofort durch. Was er sich am allerwenigsten vorstellen konnte, war Holzfäller zu werden wie Samuel. Alles. Nur das nicht.
    Schließlich meinte er, dass er eigentlich nur einen einzigen Wunsch hatte. Seemann werden. Das, was Samuel gewesen war, als er Mama Jenny kennen lernte. Er könnte Jungmann und Leichtmatrose werden. Ein Seemann hantierte mit Trossen und stand im Ausguck. Rechnen brauchte er nicht zu können. Er würde nie am selben Ort aufwachen, an dem er sich schlafen gelegt hatte. Das Schiff war ständig in Bewegung. Er würde all das sehen, was hinter den Hügelketten lag, hinter den dichten Tannenwäldern. In diesem Ort würde er nicht bleiben, wo sogar zum Schulabschluss Schnee die Erde bedeckte. Er würde nur auf einem Schiff anheuern, das in wärmere Breitengrade fuhr. Dort irgendwo gab es auch Pitcairn Island und Frauen, die in durchsichtigen Schleiern auf ihn warteten.
    Fast jeden Tag dachte er daran, was im letzten Jahr passiert war. Als er eines Tages entdeckte, dass es eine neue Verkäuferin in Ehnströms Lebensmittelladen gab, wo er immer einkaufte. Sie hieß Sonja Mattsson und war nur kurze Zeit im Ort geblieben. Irgendwie war sie mit Ehnströms verwandt. Joel hatte sich selbst ein hoffnungsloses Neujahrsgelübde gegeben, dass er innerhalb eines Jahres eine nackte Frau sehen würde. Und einmal hatte er Sonja gesehen, nur in einen durchsichtigen Schleier gehüllt.
    Plötzlich fiel Joel ein, dass Sonja nach Stockholm zurückgekehrt war. Vielleicht konnte er sie dort treffen? Sie hatte gesagt, er solle sie besuchen, wenn er mal nach Stockholm kam. Aber er hatte ihre Adresse nicht.
    Der Gedanke überfiel ihn, während er auf der Waldlichtung saß und seine lange Liste mit den Berufen abhakte. Sofort hatte er es eilig. Er fuhr zurück in den Ort. Er wusste, dass man in der Telegrafenstation Adressen und Telefonnummern bekommen konnte, die man brauchte. Er zitterte, als er die Treppe zur Telegrafenstation hinaufging. Er ging zum Schalter und klingelte.
    »Ich möchte eine Telefonnummer und eine Adresse in Stockholm«, sagte er, als eine Frau an den Schalter kam.
    »Willst du anrufen oder ein Telegramm schicken?«, fragte sie. Sie wirkte streng und Joel wurde sofort nervös.
    »Keins von beidem«, antwortete er. »Ich will sie später anrufen. Nicht jetzt.«
    »Wie heißt der Teilnehmer?«
    »Sonja Mattsson.«
    »Welche Adresse?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Aber du weißt, dass sie in Stockholm wohnt?«
    »Ja.« »Einen Augenblick.«
    Die Klappe fiel zu. Joel wartete. Von einer Anschlagtafel an der Wand versuchte er abzulesen, wie viel ein Telegramm
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