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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
Autoren: Henning Mankell
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lange. Aber du bist ja nicht dumm und hast das schon verstanden.«
    Joel nickte. Dazu gab es nichts zu sagen.
    »Ich hab versprochen dir zu helfen. Aber zuallererst muss ich wissen, ob du hier wohnen bleiben willst. Ich hab mit dem Betriebsleiter gesprochen, dem das Haus gehört. Du kannst wohnen bleiben. Zur selben Miete.« Joel gab keine Antwort. Stattdessen fragte er: »War Samuel ein guter Holzfäller?« Göransson sah ihn erstaunt an.
    »Ja«, antwortete er. »Klar war er das. Einer der allerbesten.«
    »Das wollte ich nur wissen. Und ich will nicht hier wohnen bleiben.«
    »Was willst du mit den Möbeln machen?« »Ich will sie nicht haben.«
    »Du solltest noch mal überdenken, was du behalten willst. Dann helf ich dir, die Sachen zu verkaufen, die man noch verkaufen kann. Den Rest müssen wir wegwerfen.« Göransson blieb fast eine Stunde. Joel wollte nicht über das reden, was bevorstand. Aber er war dankbar, dass Göransson ihm half.
    Als Göransson weg war, ging Joel in Gedanken durch die ganze Wohnung und überlegte, was er behalten wollte. Die Seekarten. Die Bilder von Samuel. Und ein paar alte Briefe. Samuels Seefahrtsbuch. Und den alten Wecker, der immer an seinem Bett gestanden hatte. Aber sonst nichts.
    Einige Tage später kam ein Brief.
    Darin stand die Nachricht, dass er auf einem Schiff mit Namen
Rio de Janeiro
anheuern konnte. Es war auf dem Weg von Argentinien nach Göteborg, wo es in der Werft überholt werden sollte. Man erwartete, dass Joel Anfang März anheuern würde, wenn er sich dafür interessierte.
    Joel freute sich. Aber er wusste ja noch nicht, ob er konnte. Trotzdem antwortete er sofort. Er beschrieb seine Situation. Er wollte, wusste jedoch nicht, ob er konnte.
    Am selben Nachmittag erzählte er Samuel von dem Brief. »Das ist eine gute Reederei«, sagte Samuel. »Und es scheint ein gutes Schiff zu sein. Gute Schiffe haben gute Namen.
Rio de Janeiro.
Besser kann es gar nicht sein. Wann sollst du anmustern?«
    Joel versuchte die Antwort zu vermeiden.
    Aber Samuel ließ nicht locker. Er wollte es wissen.
    »Klar haben sie dir das geschrieben. Mir kannst du nichts vormachen.«
    »Anfang März«, murmelte Joel.
    Samuel lag eine Weile still da.
    »Anfang März«, sagte er dann. »Und wir haben schon Anfang Februar.«
    Am letzten Abend, den er lebte, hatte Samuel sich in den Kopf gesetzt, dass er Karten spielen wollte. Joel hatte ein Kartenspiel mitgebracht. Samuel war ungewöhnlich guter Laune und hatte keine Schmerzen. Sie spielten Poker. Mit Fantasiesummen.
    Samuel setzte eine Million. Und Joel setzte eine Million dagegen. Aber keiner von beiden behielt im Auge, wer von ihnen gewann.
    Schließlich kam eine Schwester herein und sagte, Joel müsse gehen.
    »Wir spielen morgen weiter«, sagte Samuel. »Dann gewinne ich zurück, was ich verloren habe.«
    »Du hast doch gewonnen!«
    »Dann werden wir sehen, ob du mich wegputzt.« Joel blieb auf dem Stuhl am Bett sitzen.
    »Ich hab oft Karten mit Jenny gespielt«, sagte Samuel. »Wir hatten viel Spaß. Wenn es gut war, dann war es richtig gut. Es hat mir nie Leid getan, dass sie deine Mutter war. Mir ist es wichtig, dass du das weißt.«
    Joel stand auf und zog seine Jacke an.
    »Dass die Kälte nicht nachlässt«, sagte Samuel. »Aber in Brasilien ist es warm. Das Ende der Welt gibt es nicht. Aber Brasilien gibt es.«
    In dieser Nacht starb Samuel. Nachdem Joel gegangen war, schlief er ein und wachte nicht mehr auf. Joel erfuhr es, als er am nächsten Tag ins Krankenhaus kam. Er fing an zu weinen. Aber er weinte nicht lange. Stattdessen dachte er an das Letzte, was Samuel zu ihm gesagt hatte.
    Das Ende der Welt gibt es nicht. Aber Brasilien gibt es. In den Worten schien eine geheime Botschaft versteckt zu sein: Das Ende der Welt ist nur ein Traum. Ein Ort, in dem es keinen Hafen gibt. Der auf keiner Karte verzeichnet ist. Aber Brasilien gibt es. Dorthin kann man fahren.
    Man fragte Joel, ob er Samuel sehen wollte. Aber Joel sagte nein.
    Er wusste, wie Samuel aussah. Er brauchte nicht einen Menschen anzuschauen, den es nicht mehr gab.
    Joel ging nach Hause. Trotz der Kälte ging er langsam. Als Erstes schrieb er einen Brief an die Reederei.
    Ich komme.
    Grüße
    Joel Gustafson
    Dann kam Sara. Und Göransson. Und Ehnström. Und einige von Samuels alten Arbeitskollegen. Auch einige Männer, mit denen Samuel immer getrunken hatte. Aber die warf Sara wütend hinaus.
    Göransson und Sara schlugen ihm beide vor, er sollte bei ihnen schlafen. Aber
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