Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg
Autoren: Steven Brust
Vom Netzwerk:
auch treffen würde – ohne im Gegenzug aufgespießt zu werden. In dem Moment hätte ich ihn sogar durchgelassen, wenn ich sicher gewesen wäre, daß auch ich gleichzeitig meinen Auftrag vollständig durchführen konnte. In Wirklichkeit wartete ich auf diese Gelegenheit.
    Er jedoch hatte nicht die Absicht, mir eine solche Chance zu geben. Ob er meine Überlegungen nun erriet oder nicht, weiß ich nicht, aber er ließ keine Sekunde von mir ab. Ständig hackte er auf meinen Kopf ein und rückte vor. Mit der linken Hand griff er ein Messer.
    Ein kalter Schauer lief mir den Rücken runter, als mir klar wurde, daß er nun die Morgantiklinge in der Hand hielt, eine von den beiden, mit denen ich ihn versorgt hatte, damit er auch ja eine davon bei Aliera benutzte. Auch er merkte es, und seine Augen weiteten sich. Er lächelte zum erstenmal. Für jemanden, der auf der anderen Seite steht, war das ein höchst unangenehmes Lächeln. Das gleiche galt übrigens auch für den Dolch. Irgendwie ging die Ironie der Sache in dem Augenblick an mir vorbei.
    Ich fiel weiter zurück. Bisher hatte mich, das wußte ich, nur die Tatsache am Leben erhalten, daß er einen Fechter nicht gewöhnt war, der nur die Seite seines Körpers präsentierte, statt der frontalen Schwert-und-Dolch-Methode der Dragaeraner. Natürlich kämpfte er frontal, mit erhobenem Dolch, der zustoßen, parieren oder verzaubern konnte.
    Noch wollte er nicht damit zaubern, und parieren mußte er auch noch nicht, weil ich noch nicht zum Angriff gekommen war. Nicht mal zu einem einfachen Gegenangriff – und jetzt hatte er zwei Klingen gegen meine eine. Dazu war er als Schwertkämpfer so gut, daß er nicht lange brauchen würde, um zu lernen, wie er mit meinem Schwertspiel umzugehen hatte.
    In der Zwischenzeit gab er sich jedoch damit zufrieden, mich so lange zu beschäftigen, bis ich gegen einen Baum fiel oder über ein Holzscheit stolperte, was in diesem Gelände zwangsläufig geschehen mußte. Dann wäre es vorbei – er würde mit dem Dolch kommen, und meine Seele würde die Nahrung für empfindsame fünfzehn Zentimeter kalten Stahl werden.
    Er sprach zum erstenmal. »Ich sollte von Anfang an ausgetrickst werden, stimmt’s?«
    Ich antwortete nicht, weil ich keine Luft dafür hatte.
    »Jetzt verstehe ich es«, fuhr er fort. »Das hätte sogar funktionieren können, wenn Ihr ein besserer Schwertkämpfer wärt, oder wenn Ihr mich erledigt hättet, als die Gelegenheit da war, anstatt auf meinen Freund da hinten loszugehen.«
    Genau, du Arsch, dachte ich. Streu noch Salz in die Wunde.
    »Aber so«, fuhr er fort, »müßten sie die Wahrheit im Schwarzen Schloß inzwischen kennen. Wenn ich hier draufgekommen bin, dann können die das dort erst recht, wo die Leiche und der Dolch liegen. Was sollte mich davon abhalten, einfach wieder zurückzugehen?«
    Ich blieb stehen und versuchte, ihn zu beschäftigen, parierte verbissen. Aber er unternahm einen Ausfall mit dem Dolch, und ich mußte zurückspringen. Ich hatte einfach keine Chance zu einem Angriff.
    »Es ist doch schade«, redete er weiter, »daß ich teleportieren kann, sonst hätte es wirklich funktionieren können.«
    Du brauchst aber zwei oder drei Sekunden für den Teleport, mein Freund, und ich habe nicht die Absicht, dir zwei oder drei Sekunden Zeit zu geben. Tut mir leid, aber auf deine Psychotricks falle ich nicht rein.
    Das gleiche mußte ihm auch aufgefallen sein, denn er hörte zu reden auf. Es gelang mir, mit der linken Hand nach dem Stilett zu greifen, mit dem ich ihn zerstören wollte, und ich zog es hervor. Wie ein Jhereg sein Ei barg ich es in meiner Hand. Ganz kurz überlegte ich, ob ich es nach ihm werfen sollte, aber dafür würde ich mich ihm voll zuwenden müssen. Wenn ich das täte, würde er mich erwischen, bevor ich das Ding loslassen könnte, und mein Kopf würde über den Boden kullern.
    Einen Moment dachte ich dann auch darüber nach. Wenn sein Schwert mich umbrachte, konnte der Dolch mir nichts anhaben. Eine solche Klinge brauchte eine lebendige Seele als Nahrung. Meine Seele wäre also sicher, und es bestand eine geringe Chance, daß ich ihn mitnehmen konnte.
    Aber ich verwarf den Einfall und wich weiter zurück. Nein, er würde es schon ganz alleine erledigen müssen – soviel verlangte ich von ihm. Ich würde nicht zulassen, daß er mich so einfach aufschlitzte und hier liegenließ, damit ein wilder Jhereg, um die Ironie auf die Spitze zu treiben, meine Leiche verspeisen konnte.
    Jhereg? Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher