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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42
Autoren: Rüdiger Paul
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aus.
Auf dem Papier sind die verschiedenen Wegstrecken eingezeichnet, ein wenig
erinnert das Schriftstück an eine alte Seefahrerkarte. In einem weiteren
Geschäft, in welchem vorwiegend T-Shirts „verhandelt“ werden, sehe ich ein
Shirt mit der Aufschrift „Hardrock Café   -   Santiago de Compostela“. Ich frage die Verkäuferin: „Hardrock Café in
Santiago?“
    „No“,
meinte sie „ it’s a joke .“
Das hätte mich auch stark gewundert. Das Shirt finde ich originell, und so
wechselt es kurzerhand den Besitzer. Gegen Nachmittag finde ich mich wieder auf
dem Hauptplatz ein, in der Hoffnung KPC & P zu treffen. Lange dauert es
nicht und ich sehe Claudio vor seinem Rucksack sitzend. Mit ihm wartet ein
weiterer italienischer Landsmann in der Menge. Eine Weile darauf kommt Patricia
angeschnauft. Die Begrüßung und Glückwünsche, endlich am Ziel zu sein, sind
echt italienisch. Laut und herzlich. Es ist etwas anderes, als wenn man sich
unterwegs begegnet. Jeder sieht sich und den Anderen mit einem gewissen Stolz
und Erleichterung.
    Um
19:00 Uhr wollen wir uns alle hier auf dem „Punkt Null“ treffen. Ein
trefflicher Treffpunkt. Abends kommen dann auch Klaus und Patricia zum
verabredeten Ort. Wir gehen zum traditionellen Pilgerrestaurant. Hier bekommen
die Pilger zum guten Preis ihre Strapazen und Entbehrungen mit einem
schmackhaften Menü entlohnt. Dieses Restaurant ist in ein historisches Gebäude
integriert, das Ambiente ist leicht.
    Bei
angenehmer Musik essen wir gut und weinen, nicht wirklich, sondern im Sinne Bacchus.
Klaus nennt den Wein „den Blick Gottes“. Im selben Moment zeigt mir Patricia I,
dass sich in der gegenüberliegenden Glaswand ein großes Auge spiegelt. Es ist
die Widerspiegelung eines großformatigen Wandfotos. Die vier sind mit Gérald
die wichtigsten Menschen, denen ich begegnet bin. Ich nenne alle fünf Freunde.
Es gibt Menschen, welche das nicht verstehen und ihren eigenen Wertmaßstab an
einen Freund anlegen. Ich sage: „Legt an wo ihr wollt, die Fünf einfach nur
Bekannte zu nennen, ist mir zu wenig.“
    Auf
dem Rückweg kommen wir erneut durch das Pilgertor. Direkt unter dem Torbogen
frage ich Klaus, ob er auf seine Art „Summertime“ wiedergeben kann. Für ihn
eine leichte Übung. Die Handflächen werden aneinandergelegt und zu einer hohlen
Faust geformt. Dieses ursprüngliche „Instrument“ an den Mund geführt und mit
eigener Technik bedient, bringt glasklar das Thema des Titels „Summertime“ von
G. Gershwin hervor. Das Ganze dann in dieser Kulisse, für mich Gänsehautmusik.
Danke Klaus.
     
     
    „Summertime, time, time,
    Child, the living’s easy.
    Fish are jumping out...“
    Janis Joplin
     
     
    Wir
stehen vor dem „ Parador “, einem fünf Sterne Hotel
direkt am „ Praza do Obradoiro“. Hier haben sich Klaus
und Patricia eingecheckt. Wenn in so einem Hause ein Gast barfuß an der Rezeption
steht, ist für den Moment schon ein ungewohnter Anblick. Obwohl, in Santiago de
Compostela ist das ganz sicher nichts Außergewöhnliches.
    Der
Platz ist fast menschenleer. Patricia I macht den Vorschlag: „Wir sollten es so
wie Rudi gestern Abend machen.“ Kurz darauf liegen wir alle fünf am Punkt Null
auf dem Rücken, fassen uns an den Händen, schauen in den Nachthimmel und
schweigen einfach. Gerade fliegt durch den Scheinwerferkegel über der
Kathedrale ein Schwarm Tauben, das Zeichen. Nach einer viertel Stunde erst
stehen wir wieder auf, nun ist die Zeit reif. Wir verabschieden uns mit festem
Griff und dem ernsten Gedanken eines Wiedersehens. Jeder geht in seine
Richtung. Vom Punkt Null aus beginnt für uns alle bereits ein neuer Weg.
    „Den
Jakobsweg gibt es nicht, er beginnt im Herzen, mit der ersten Idee und dem
ersten Schritt.“
    In
der Innenstadt herrscht munteres Treiben, als ich vor meinem Hostal stehe, höre
ich deutlich die Gitarrenlänge von dem gestrigen Troubadour. Hundert Meter
weiter sitzt er an einer Ecke, singt und klampft gerade „Whiskey In The Jar “. Nun wäre es höchste
Pilgerzeit für den „ Ponche “. In einer kleinen Bar
entdecke ich diese, in der typischen Spiegelglasflasche angebotene,
Köstlichkeit. Seit einem entfernten längeren Arbeitsaufenthalt in Andalusien
ist dieser spanische Likör für mich etwas ganz Besonderes. Der Inhalt einer
Flasche „ Ponche “ leert sich in Zeitlupe über den
Zeitraum eines ganzen Jahres. Seit meine Familie in Leipzig ein Geschäft mit
spanischen Spezialitäten entdeckt hat, in welchem „
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