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Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Titel: Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen
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Swifts Wohnung noch Licht brannte, hielt ich es für angezeigt, mich kurz bei ihr sehen zu lassen. Der Lift brachte mich nach oben. Ich klingelte.
    Cynthia öffnete. Sie trug ein atemberaubendes Cocktailkleid, schulterfrei, wehender Chiffon auf Seidentaft, alles sehr kurz, sehr duftig und enorm attraktiv. Ich hatte das Girl als einen aufregenden Anblick im Gedächtnis behalten, aber was sie mir diesmal bot, schlug diese Erinnerung um Längen.
    Cynthia hatte sich eine hohe Abendfrisur zürechtgesteckt, die das Gesicht noch schmaler, rassiger und gestreckter erscheinen' ließ. Die großen Augen leuchteten mir aus einem raffiniert gemalten Rahmen kunstvoll aufgelegter Kosmetik violett entgegen. Der Mund war eine schockrote, halbgeöffnete Lockung, und der Duft, der sie umschmeichelte, stammte sicherlich aus einem exotischen Flakon der Dreißig-Dollar-Preisgruppe.
    »Hallo, Mr. Cotton — ich bin so froh, daß Sie noch kommen konnten! Ich — ich habe wirklich schreckliche Angst.«
    Ihr warmer Atem roch nach Alkohol, wenn auch nur ein wenig. Sie öffnete die Tür nicht sehr weit, so daß ich beim Betreten der Diele die Schulter des Girls streifen mußte. Sie war warm, glatt und rund, und mir schien es fast so, als antwortete sie mit einem winzigen Gegendruck. Cynthias tiefausgeschnittenes Kleid war übrigens champagnerfarbig — und Champagner war es auch, der in einem silbernen Kübel im Wohnzimmer neben der Couch stand.
    Ich wäre ein schlechter G-man gewesen, wenn ich mich nicht vor dem Besuch erkundigt hätte, ob die junge Dame schon in irgendeiner Polizeiakte verewigt worden war. Sie war es nicht.
    Das war beruhigend, aber nach allem, was sich bisher ereignet hatte, gab es keinen Grund, leichtsinnig zu werden.
    Cynthia hatte auf mein Klingeln ohne Zögern geöffnet. Ein Mensch, der von sich behauptet, Furcht zu empfinden, reagiert auf ein nächtliches Klingeln anders. Er wird vermutlich erst einmal bei geschlossener Tür fragen, wer draußen ist. Zumindest wird er vorsichtshalber auf der Innenseite der Tür die Sperrkette einhängen.
    Nein, sagte ich mir, als ich, von Cynthia dazu aufgefordert, auf der Couch Platz nahm — nein, das Girl zieht eine Schau ab!
    Sie hat keine Angst. Champagner ist kein Getränk, mit dem man die Furcht bekämpft. Schon eher etwas, womit man feiert oder seine Stimmung pflegt, und genau so sah Cynthia auch aus, beschwingt, geradezu glücklich. Ich war nicht so eitel, diesen Umstand meiner Anwesenheit zuzuschreiben. Cynthias gute Laune hatte zweifelsohne andere Gründe. Es war mir keineswegs unangenehm, sie herauszufinden.
    »Sie leisten mir doch beim Trinken ein wenig Gesellschaft?« meinte sie und schenkte mir ein Champagnerglas voll, ohne meine Antwort abzuwarten. Ich stellte mit einem Seitenblick fest, daß die Flasche noch dreiviertel voll war.
    »Sie erfreuen sich bester Laune«, stellte ich lächelnd fest.
    »Stimmt genau. Ich weiß selbst nicht recht, warum. Vielleicht liegt es an dem Empfinden, noch einmal davongekommen zu sein.« Sie wurde ernst. »Ich bin mir darüber im klaren, daß das nur Galgenhumor ist. Ich darf gar nicht daran denken, was heute in diesem Haus geschehen ist.«
    »Sie haben nichts mehr von Ihrem ungebetenen Besucher gehört?«
    »Nein — aber ich habe sein Konterfei mit dem FBI-Zeichner rekonstruiert. Haben Sie es schon gesehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Kennen Sie übrigens Mr. Parker, Myrnas Chef?«
    »Nicht persönlich, aber Myrna hat mir zuweilen von ihm erzählt. Ich glaube, er war hinter ihr her. Myrna machte sich zwar nichts aus ihm, aber einige Male ist sie doch mit ihm ausgegangen. Sie wissen ja, wie das ist. Er war ihr Chef, und sie hatte Angst, ihm einen Korb zu geben.«
    »Er wurde vorhin vor meinen Augen von einem Auto erfaßt und zu Boden geschleudert«, sagte ich und beobachtete genau, wie Cynthia auf meine Worte reagierte. »Es war kein Unfall, sondern ein Mordversuch. Es ist zweifelhaft, ob Mr. Parker durchkommen wird.«
    »Wie schrecklich!« hauchte das Girl.
    Ihr Gesicht drückte Entsetzen aus, aber ich fand, daß die violetten Augen seltsam kühl und unbeteiligt blieben.
    Sie gab mir das Glas in die Hand und setzte sich neben mich. »Ich will nichts mehr davon hören«, meinte sie. »Ich will vergessen, daß es Mord und Mörder gibt, Brutalität und Gewalt.« Ihre Stimme wurde leiser, und das Leuchten ihrer Augen nahm zu. Sie rückte näher, so nahe, daß unsere Hüften sich berührten. Ihr Gesicht war dicht vor dem meinen, schön
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