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Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche

Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche

Titel: Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
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gemietet und zu Büros umgebaut worden. Tommy hatte nichts dagegen. Die Büros rings um seinen Klub isolierten das Lokal gegen alle störenden Straßengeräusche. An jenem Abend freilich sollte Tommy erfahren, daß sie auch die Straße gegen alle Geräusche aus seinem Klub isolierten.
    Pünktlich um ein Uhr nachts hatte Tommy die Bar übernommen. Sein alter weißhaariger Barkeeper begann nachmittags um sechs Uhr mit dem Dienst und machte jede Nacht um ein Uhr Feierabend. Von diesem Augenblick an führte Tommy selbst Regie an der Bar, was gewöhnlich bis gegen drei Uhr dauerte. Tommy hatte selbst als Barkeeper angefangen, und er ließ sich tlas Vergnügen nicht nehmen, jede Nacht wenigstens zwei Stunden in seinem alten Metier zu arbeiten.
    Mit einem zufriedenen Blick überflog Tommy von der hochgelegenen Bar her den Saal. Für einen Donnerstag war der Betrieb- nicht übel. Aber bei ihm war ja immer etwas los. Dabei hatten ihm sogar die Banken die bevorstehende Pleite angekündigt. Denn Tommy hatte mitten in einem Gebiet voller Jazzkeller und Künstlerkneipen etwas aufgezogen, das im Village seinesgleichen suchte. In seinem Klub wurde niemand eingelassen, der nicht korrekt gekleidet war, das bedeutete für Männer selbstverständlich: Jackett, Oberhemd und Krawatte. Auch seine Preise lagen höher als die in den anderen Village-Lokalen. Und was erst die Musik anging, so stand die außerhalb jeden Zeitgeschmacks. Bei Tommy gab es weder Beat noch sonst irgend etwas Hochmodernes. Bei Tommy wurde wie in der guten alten Zeit Blues, Walzer und Foxtrott gespielt.
    Und genau diese Mischung hatte sich als krisenbeständig erwiesen. Während im Village ausgefallene Kneipen aus dem Boden schossen und genauso schnell wieder eingingen, war »King Tommy’s Club« entgegen aller Unkenrufe sicher und ungefährdet auch durch die schwierigsten Zeiten gekommen, und heute war er aus dem Village kaum mehr wegzudenken. Wer sich vier, fünf Stunden zwischen Beatniks und Hippies herumgetrieben hatte, der empfand es geradezu als Wohltat, in die gepflegte Atmosphäre des »King Tommy’s Club« ausweichen können.
    Kurz nach ein Uhr fiel Tommy ein finsterer Bursche auf, der einen kaffeebraunen Anzug trug und sich an die Bar gesetzt hatte. Mit einer kindlich hohen, piepsigen Stimme verlangte der höchstens fünfundzwanzig Jahre alte Mann einen Scotch. Tommy zog mit zwei Fingern die Flasche aus dem Fach, warf sie mit einem kaum sichtbaren Schlenker hoch und fing sie so geschickt auf, daß sie bereits geneigt über dem Glas in seine Hand zu fallen schien.
    »Ein Scotch, der Herr«, sagte Tommy und erkundigte sich nach Beigabewünschen: »Soda? Eis?«
    »Eis«, piepste der junge Mann.
    Tommy ließ zwei Würfel in das Glas gleiten. Als er es dem Gast zuschob', glitt sein Blick wieder einmal durch den Saal, den er von seiner hohen Bar her gut überblicken konnte.
    Auf den Galerien saßen wie üblich die Liebespaare, die keine Zuschauer wünschten. Manchmal verzehrten die jungen Leute sehr wenig, gemessen an der Zeit, die sie hier zubrachten. Aber Tommy hatte ein Herz für Liebespaare. Außerdem wurde das Hauptgeschäft ohnedies unten im Saal und nicht oben auf den Galerien gemacht. An den Tischen rings um die Tanzfläche saßen Leute, die Geld hatten und es auch auszugeben wünschten: Touristen, auswärtige Geschäftsleute mit gutem Spesenkonto oder Ehepaare, die ihren Hochzeitstag feierten. Leute, die nichts gegen ein Tänzchen hatten, sofern es nur im Tempo nicht zu scharf und im Rhythmus für ihr Gefühl nicht zu verrückt war. Tommys Kalkulation auf die mittleren Jahrgänge inmitten eines Gebietes, das der Jugend Vorbehalten schien, war genau aufgegangen.
    Bei seinem Rundblick entdeckte Tommy plötzlich zwei schwergewichtige Männer in grauen Anzügen auf der Treppe, die hinauf zur ersten Galerie führte. Er runzelte die Stirn. In seinem Lokal waren Männer ohne weibliche Begleitung selten. Und aus irgendeinem, ihm selbst nicht ganz ersichtlichen Grunde mißfielen ihm die beiden gewichtigen Burschen sofort. Aber ein Wirt, dachte er, kann sich seine Gäste schließlich nicht aussuchen. Er wandte seine Aufmerksamkeit zwei jungen Pärchen zu, die von der Tanzfläche an die Bar gekommen waren, um ihren Durst zu löschen, bevor sie sich wieder dem Vergnügen hingeben konnten, auf Tuchfühlung zu tanzen.
    Als er die vier jungen Leute bedient hatte, strich sein aufmerksamer Blick wieder durch den Saal. Dicht neben der Tür stand jetzt breitbeinig ein
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