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Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner

Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner

Titel: Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner
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Im Auftrag des Verteidigungsministeriums mußte ich eine kleine Ledertasche von New Orleans nach Washington bringen. Dabei sollte ich ausschließlich die Straße benutzen und mich auf meinen generalüberholten Jaguar verlassen. Was sich in der Tasche befand? Forschungsergebnisse! Wichtige! Kriegs… Verzeihung, verteidigungswichtige. Irgendein genialer Eierkopf hatte eine Pille erfunden. Nicht die, die Sie meinen. Sondern eine Pille für den ganz ernsten Ernstfall. Wer sie schluckt, so hatte ich vernommen, wer sie regelmäßig schluckt, ist gegen atomare Strahlen gefeit.
    Das Rezept der Pille fuhr ich also spazieren. Das heißt… Aber davon lieber später. Zunächst einmal gehen Sie und ich davon aus, daß ich verdammt wichtige Papiere mit mir ’rumschleppte.
    Top secret. Streng geheim natürlich.
    Aber so top secret auch wieder nicht. Man hatte was durchsickern lassen. Denn, siehe oben — ich reiste als Köder. Und in hohen Ämtern nährte man die Hoffnung, daß bestimmte, sehr bösartige Leute bald auf meinen Fersen sein würden. Tips über diese bösartigen Leute hatte irgendein Zuträger geliefert. Trotzdem stimmten die Informationen. Ich hatte also ständig damit zu rechnen, daß man mich als Zielscheibe benutzte, mir heimlich des Nachts das Fell löcherte, mir Gift in den Whisky schüttete, den ich in einsamen Motels trank, oder mich mit Handgranaten bewarf.
    Ich rechnete damit. Aber meine gute Laune blieb'erhalten.
    Sehr früh war ich heute morgen losgezuckelt — nach einer langweiligen Nacht im Forschungslabor von New Orleans. Auf dem Kalender stand April. Es war ungewöhnlich heiß. Die Luftfeuchtigkeit näherte sich dem Grad, der für Nichtschwimmer gefährlich wird. Langsam rollte ich über die 61er nach Norden. Durch den Staat Mississippi, der sich grün und saftig rechts und links der Straße dehnt — so weit das Auge reicht.
    Ich sollte mir Zeit lassen. Also bummelte ich. Mein Gasfuß bemühte nur ein knappes Fünftel der vorhandenen Pferdestärken. Um so mehr strapazierte ich meine Sinne. Ich beäugte sämtliche Straßenkreuzer, die an mir vorbeifuhren. Ich achtete auf den entgegenkommenden Verkehr, auf Parkplätze, vor allem auf Leute, die sich für mich interessierten.
    Aber entdecken konnte ich nichts, jedenfalls nichts Verdächtiges.
    Es war später Vormittag, als ich mich Natchez näherte. Das ist eine schöne Stadt am Mississippi, und als ich den Namen auf den Hinweisschildern las, stiegen alte Erinnerungen in mir auf. Sie betrafen allerdings nicht nur Natchez, sondern vor allem die kleine Stadt Meadville, die ganz in der Nähe liegt. Als Junge hatte ich dort einen ganzen Sommer verbracht. Die schönsten Ferien meines Lebens. Bei einem alten Onkel, der inzwischen gestorben war.
    Aber eine Kusine, ein Vetter und die Tante lebten noch. Immer zu Weihnachten und Ostern schicke ich ihnen Kartengrüße. Zum Geburtstag schickt mir die Tante regelmäßig einen herrlichen Baumkuchen, um den ich mich dann mit Phil prügele. Denn er ist mächtig scharf darauf und verputzt meist mehr als die Hälfte.
    Was ich bin und treibe, wissen meine Verwandten nicht. Sie halten mich für einen Handelsvertreter, den die Großstadt langsam auffrißt. Ich habe ihre Vorstellung nie korrigiert. Denn Berufsstolz ist eine Sache — und bei rührend einfachen Provinzlern Verständnis finden für den FBI-Job — das ist eine andere Sache.
    Ein Hinweisschild lächelte mir zu. Zehn Meilen bis Natchez. Dort gab es einen herrlichen Eissalon. Das wußte ich noch. Mit Irma und Fred — das sind Kusine und Vetter — und mit dem Onkel war ich oft dort gewesen. Onkel Paul belohnte uns damals damit, immer wenn sich Irma, Fred und Jeremias manierlich betragen hatten.
    Bald rollte ich durch die Stadt. Vor mehr als zwanzig Jahren war ich hier zum letzten Mal gewesen. Aber das Straßenbild hatte sich nicht verändert. Ich ließ es hinter mir, kurvte auf die 84er und rollte klopfenden Herzens in Richtung Meadville.
    Es ist ein kleiner Ort. Er liegt in einem grünen Tal. Es gibt dort ein bißchen Industrie, aber nur solche, die auf stinkende Fabrikschornsteine verzichten kann. Die Landschaft ringsum ist wunderbar. Das haben kluge Leute schon im vorigen Jahrhundert gemerkt und sich herrliche Landsitze erbaut. In Meadville gibt es die prächtigsten Villen und die üppigsten Parks. Es ist so eine Art Feierabenddorf für Millionäre geworden. Zumindest für all die, denen es in Florida oder an der Westküste nicht gefällt.
    Meine Verwandten
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