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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc
Autoren: mulder43
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atmend zog Ed Schaeffer seine Waffe, was er seit fast anderthalb fahren nicht mehr getan hatte. Er hielt den Revolver mit schweißnasser Hand und rückte vor, ließ den Blick fortwährend vom Unterstand zum Boden wandern, bedachte jeden Schritt und achtete darauf, dass er sich so lautlos wie möglich näherte. Hat der Junge eine Schusswaffe?, fragte er sich, als ihm klar wurde, dass er hier so ungedeckt war wie ein Soldat auf freiem Feld. Er stellte sich vor, dass in den Schießscharten da vorn jeden Moment ein Gewehrlauf auftauchen könnte, der auf ihn gerichtet war. Es wurde ihm mulmig zu Mute. Tief geduckt rannte er die letzten fünf Meter, bis er neben der Hütte war. Er drückte sich an das verwitterte Holz, rang mühsam nach Atem und lauschte eine ganze Weile. Drinnen war nichts zu hören, nur das leise Summen von irgendwelchen Insekten. Okay, sagte er sich. Schau dich um. Ed raffte sich auf, ehe ihn der Mut verließ, und blickte durch eine Schießscharte. Niemand da. Dann schielte er auf den Boden. Er grinste über das ganze Gesicht, als er sah, was dort lag.
    »Jesse«, rief er aufgeregt in sein Funkgerät.
    »Was is?«
    »Ich bin bei einem Unterstand, etwa fünfhundert Meter nördlich vom Fluss. Ich glaub, der Junge hat hier übernachtet. Da drin liegen ein paar leere Lebensmittelpackungen und Wasserflaschen. Außerdem eine Rolle Klebeband. Und rat mal, was noch? Eine Landkarte.«
    »Eine Karte?«
    »Genau. Anscheinend von der Gegend hier. Vielleicht finden wir dadurch raus, wo er Mary Beth hingebracht hat. Was hältst du davon?« Aber Ed Schaeffer erfuhr nicht mehr, was sein Kollege zu diesem Fahndungserfolg zu sagen hatte. Der Schrei einer Frau schrillte durch den Wald, und Jesse Corns Funkgerät verstummte. Lydia Johansson torkelte zurück und schrie erneut auf, als der Junge aus dem hohen Schilf sprang und sie mit grobem Griff an den Armen packte.
    »Ach du lieber Gott, bitte tu mir nichts!«, bettelte sie.
    »Hält's Maul«, fauchte er sie leise an, schaute sich hektisch um, warf ihr einen bösen Blick zu. Er war groß und schlaksig, wie fast alle Jungs in diesen kleinen Städten in Carolina, und er war stark. Seine Haut war rot und verquollen - allem Anschein nach war er in Giftsumach geraten -, und die kurzen stoppeligen Haare sahen aus, als hätte er sie selbst geschnitten.
    »Ich hab bloß Blumen hergebracht... das ist alles! Ich hab nicht -«
    »Schscht«, murmelte der Junge. Aber gleichzeitig grub er seine langen, schmutzigen Nägel schmerzhaft in ihren Arm, und Lydia schrie erneut auf. Wütend presste er ihr die Hand auf den Mund. Sie spürte, wie er sich an sie drückte, nahm den säuerlich abgestandenen Schweißgeruch wahr, den er ausströmte. Sie wandte den Kopf ab.
    »Du tust mir weh!«, sagte sie mit weinerlicher Stimme.
    »Halt den Mund!« Seine Stimme schnappte über, und Speicheltropfen flogen ihr ins Gesicht. Er schüttelte sie wütend wie einen ungehorsamen Hund. Er verlor bei dem Gerangel einen seiner Turnschuhe, aber er achtete nicht darauf, sondern hielt ihr wieder den Mund zu, bis sie sich nicht mehr wehrte.
    »Lydia? Wo bist du?«, rief Jesse Corn oben von der Straße aus.
    »Schscht«, warnte der Junge sie erneut und sah sie mit weit aufgerissenen Augen und irrem Blick an.
    »Wenn du schreist, tu ich dir richtig weh. Verstanden? Hast du verstanden?« Er griff in seine Hosentasche und zeigte ihr ein Messer. Sie nickte. Er zog sie zum Fluss. Nein, nicht dorthin. Bitte nicht, flehte sie ihren Schutzengel an. Lass nicht zu, dass er mich dort hinbringt. Nördlich des Paquo... Lydia blickte zurück und sah Jesse Corn, der knapp hundert Meter weiter hinten am Straßenrand stand, mit einer Hand die Augen vor der tief stehenden Sonne abschirmte und Ausschau hielt.
    »Lydia?«, rief er. Der Junge zerrte sie weiter.
    »Herrgott, komm schon!«
    »Hey!«, schrie Jesse, als er sie endlich sah, und lief die Böschung hinab. Aber sie waren bereits am Flussufer, wo der Junge einen kleinen Kahn unter Schilf und Gras versteckt hatte. Er schubste Lydia in das Boot und stieß ab, legte sich in die Riemen und ruderte zum anderen Ufer. Er legte an und zerrte sie heraus. Dann schleifte er sie in den Wald.
    »Wo willst du hin?«, flüsterte sie.
    »Zu Mary Beth. Ich bring dich zu ihr.«
    »Wieso?«, wisperte Lydia schluchzend.
    »Wieso mich?« Aber er sagte nichts mehr, schnipste nur geistesabwesend mit den Fingernägeln und zog sie mit sich.
    »Ed«, meldete sich Jesse Corn über Funk. Er klang
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