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Jeder kann mal Robin sein

Jeder kann mal Robin sein

Titel: Jeder kann mal Robin sein
Autoren: Lotte Betke
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den Kopf. Alle sahen, daß er rotgeränderte Augen hatte.
    »Wo ist Lilly?« Herr Dressier sah sich im Kreise um. »Wo ist Lilly?«
    Die Robinianer gaben keinen Ton von sich.
    »Warum sagen die nichts?« Herr Dressier blickte Oma vorwurfsvoll an. »Frau Schumacher hat doch gesagt...«
    Jetzt trat Martin vor. »Was fragen Sie uns? Vielleicht ist Ihre Lilly ja mit in den roten Wagen gestiegen.«
    Der Mann zuckte zusammen. Dann stand er auf und ging langsam auf Martin zu. »Da, da!« Mit zitternden Fingern zog er einen zerknitterten Zettel aus der Hosentasche und reichte ihn dem Jungen.
    »Jetzt kannst du dich mal um deine Tochter kümmern ...« las Martin vor und brach ab. Die anderen schwiegen.
    Herr Dressier nahm den Zettel und wollte ihn Oma zuschieben, doch die wehrte ab. »Was Ihre Frau geschrieben hat, geht uns nichts an, das ist allein Ihre Sache. Und was Lilly angeht, angebunden war sie, am Bettpfosten.«
    »Das schreibt meine Frau auch.« Wieder zückte Herr Dressier seinen Zettel und las: »Ich hab Lilly angebunden, damit sie nicht im Haus rumläuft und allen von dem roten Auto erzählt, so wie dir. Du kommst ja heute zurück und kannst dich um sie kümmern. Mich seid ihr los.« Herr Dressier ließ das Blatt sinken, starrte Oma an. »Woher wissen Sie, daß Lilly angebunden war?«
    Oma wies auf die Kinder. »Fragen sie die.«
    »Wir haben Lilly befreit«, kam es wie aus einem Mund.
    Dann fuhr Judy fort: »Fragen Sie die Polizei, die weiß schon Bescheid.«
    Herr Dressier starrte gegen die Decke, senkte den Kopf und blickte den Kindern einem nach dem andern ins Gesicht. »Wenn ihr Lilly befreit habt, dann wißt ihr auch, wo sie jetzt ist. Los! Ich will’s wissen. Ich will mein Kind wiederhaben, versteht ihr?« Er wartete, dann fuhr er fort: »Wenn die alte Frau schon so halsstarrig ist, verratet ihr mir doch wenigstens, wo Lilly steckt.«
    Die Robinianer schwiegen.
    »Ich seh schon«, Herr Dressier stand auf, »hier steckt alt und jung unter einer Decke.« Er stand auf und ging mit großen Schritten hinaus.
    Oma schaute in die Runde. »Na, worauf wartet ihr noch?« Sie ging auf den Flur und stülpte den kleinen Hut auf den Kopf. »Zwar hat Frau Beck heute morgen mit der Polizei vereinbart, daß Lilly vorläufig bei uns bleibt, aber sicher ist sicher.«
    »Und Lilly?« fragte Veronica.
    »Lilly schläft, aber einer muß hierbleiben und aufpassen.«
    »Ich«, sagte Veronica.
    Und wieder wanderte der ganze Trupp die Treppe hinunter. In der Kellerwohnung klappte die Haustür, aber ehe Frau Schumacher etwas sagen konnte, waren schon alle aus der Tür. Die Hausmeisterin schüttelte den Kopf. »Die ganze Bagage und die Alte mittendrin. Und so was will ’ne Großmutter sein!«
    Umgeben von Robinianern und ein paar Astros betrat Oma das Polizeirevier. Sie war so in Schwung, daß sie einfach das Vorzimmer durchquerte und in das nächstliegende Dienstzimmer stürmte, wo sie beinahe auf Herrn Dressier prallte. Er redete auf einen am Schreibtisch sitzenden Beamten ein. Der Polizist blickte von seinen Notizen auf. »Was ist denn? Warten Sie bitte draußen. Sie sehen doch ...«
    Oma, inmitten der Kinder, wollte schon eine
    Kehrtwendung machen, als der Polizist sie aufhielt. »Moment mal, sind Sie nicht...«
    Oma nahm den Hut vom Kopf. »Wenn Sie die Frau von heute morgen meinen, die bin ich, ja.«
    »Gut, gut! Ist ja recht, daß Sie kommen und die Kinder gleich mitgebracht haben. Aber bitte, noch einen Augenblick Geduld. Zuerst muß ich mich mit dem Herrn hier befassen.«
    »Ich verstehe.« Oma stülpte ihren Hut wieder auf, und die ganze Schar marschierte zurück in den Vorraum. Dort ließ sie sich auf eine Bank fallen, zog ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und wischte sich damit übers Gesicht.
    Max stellte sich vor sie hin. »Ist dir heiß, Oma?«
    Oma nickte. »Ihr Robinianer sorgt schon dafür, daß man ins Schwitzen kommt.«
    Klaus ging unruhig auf und ab. »Bin bloß gespannt, ob Herr Dressier aus dem Polizisten herausbekommt, daß Lilly bei euch ist.«
    »Glaub ich nicht«, meinte Ede. »Der Polizist wird erst mal Herrn Dressier ausfragen. Wie im Fernsehen.«
    Max drückte sich an Omas Knie. »Aber wenn die Polizei die Lilly nun doch wegholt?«
    »Das wird sie nicht tun«, beruhigte Oma ihn. »So einfach ist das nicht, Max.« Sie drehte ihren kleinen Hut zwischen den Händen, bis sie ihn entschlossen an einen Garderobenhaken hing. Ganz offensichtlich war sie genauso aufgeregt wie die Kinder.
    Nach einer Weile
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