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Jede Nacht mit Charlie

Jede Nacht mit Charlie

Titel: Jede Nacht mit Charlie
Autoren: Jennifer Crusie
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verschwindet in sechs Wochen. Das ist das perfekte Arrangement. Eine ganz simple sexuelle Beziehung.“
    „Das ist eine dämliche Idee!“ Joe betonte jedes einzelne Wort.
    „Dann bin ich eben dämlich. Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.“
    „Aber Charlie ist .“ Das Mitgefühl in seinen Augen traf sie wie ein Messerstich. „Er erscheint mir ganz der Typ, der einen bleibenden Eindruck hinterlässt.“
    „Nicht bei mir!“
    Der Gegenstand ihres Gesprächs kehrte zum Tisch zurück. Lässig, locker, ungezwungen – kurzum, er war einfach vollkommen. Natürlich war er nicht der „Für-immer-und-ewig-Typ“, aber genau das war schließlich der Sinn der Übung, oder?
    Verdeckte Ermittler durften sich kein Gewissen leisten. Ob moralisch oder nicht, er musste die Sache durchziehen. Er würde bei diesen netten Leuten wohnen und sie nach Hintergrundinformationen über den Sender aushorchen, nach all dem Klatsch, der nur unter Freunden kursierte. Ein niederträchtiger Plan, aber eine großartige Gelegenheit. Charlie war lange genug auf der Welt, um zu wissen, dass großartige Gelegenheiten nur in großen Abständen kamen. Wer zögerte, hatte verloren.
    In der Spätseptemberdämmerung unternahmen sie eine Rundfahrt durch Tuttle. Alte Holzhäuser mit großen Veranden, ein weißer filigraner Pavillon im Stadtpark, eine schmale Hauptstraße ohne die üblichen Glaspaläste und ein stuckverziertes Rathaus, das einem gotischen Schloss ähnelte. Genau die Sorte Kleinstadt, die Charlie normalerweise aus Furcht vor Heimatgefühlen in Lichtgeschwindigkeit passierte. Denn falls ihm einer dieser Orte wirklich gefiel, würde er bleiben und einen festen Job annehmen. Und wenn die Dinge so liefen, wie sie das stets taten, wurde er irgendwann befördert, trug Verantwortung und endete als Kopie seines Vaters.
    Keine Stadt war das wert.
    „Denkmalschutz wird bei euch anscheinend großgeschrieben.“ Mit seinen Stilfassaden erschien ihm Tuttle kaum wie eine Brutstätte der Kriminalität. Was mochte nur hier los sein, dass ein Mann wie Bill Bonner einen Amateurdetektiv anheuerte? Da nebenbei auch noch sein Vater involviert war – ein Mann, der wie Bill gnadenlos seinen Willen durchzusetzen verstand –, schien besonderes Misstrauen angebracht.
    „Du solltest die Vororte sehen. Einkaufszentren und Bürokomplexe aus Glas und Stahl. Als Nächstes ist das Rathaus dran. Zu hohe Heizkosten oder so. Das neue Gebäude ist schon in Planung. Eine architektonische Scheußlichkeit.“ Joe nahm eine Kurve. Sekunden später war es dunkel. „Eastown. Keine besonders gute Wohngegend.“ Er deutete aus dem Fenster. „Niemand repariert die defekten Straßenlaternen.“ Ein angetrunkener Fußgänger überquerte die Fahrbahn. „Warum auch? Der Vandalismus in dieser Gegend ist legendär.“
    Charlie versuchte, abblätternde Fassaden, zerbrochene Stufen und herrenlose Eckläden mit seinem bisherigen Bild der Stadt in Einklang zu bringen. „Sind wohl eine Menge Drogen hier im Umlauf?“
    „Möglich. Aber wie ich hörte, ist der beste Umschlagplatz der Pavillon im Stadtpark.“
    Charlie musste lachen. „So viel also zu Tuttle, der perfekten Kleinstadt.“
    „Früher war sie das. Aber mit den Supermarktketten verschwinden die gemütlichen Tante-Emma-Läden, wo die Leute dich beim Namen kannten und der Nachbarschaftsgeist noch gepflegt wurde.“ Allie deutete aus dem Fenster zu einem weiteren leer stehenden Geschäft. „Ich glaube, es gibt in der ganzen Stadt nicht einen unabhängigen Lebensmittelladen mehr. Der Fortschritt macht auch vor Tuttle nicht halt.“
    Nach einigen Umwegen erreichten sie Charlies neues Zuhause: ein elegantes zweistöckiges weißes Jugendstilgebäude mit überdimensionaler Eingangshalle, das in drei große Apartments unterteilt war. Charlie gefiel es auf Anhieb. Es war ein großartiges Haus. Ein gemütliches Haus. Ein Haus, in dem man Wurzeln schlagen konnte.
    Vielleicht wäre er in einem hässlichen Motel besser aufgehoben.
    Das Apartment war vorwiegend in Cremetönen gehalten. Eine Unmenge Bücherregale und zwei weiße Couches dominierten das Wohnzimmer, die helle Küche enthielt neben unzähligen Kochutensilien einen riesigen Eichentisch, und das seegrüne Bad mit der antiken Klauenfußwanne besaß die Größe von Charlies letztem Apartment. Auch die beiden Schlafzimmer, eins in Grau und Rot für Joe und eins in Aprikot und Weiß für Allie, spiegelten deutlich die Persönlichkeit der Bewohner
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