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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe
Autoren: Evelyn Sanders
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ich mal ins Management. Allerdings gibt es noch einen Haken, und ich weiß nicht, ob daran nicht alles hängenbleibt.«
    »Du hast doch deine Laufbahn schon bis an dein Lebensende programmiert. Welches Hindernis sollte es also noch geben?« wollte ich wissen.
    »Ich brauche einen anständigen Ausbildungsbetrieb. Eine Lehrstelle in einer kleinstädtischen Bahnhofswirtschaft nützt mir gar nichts, es muß schon ein renommiertes Hotel oder ein erstklassiges Restaurant sein, wo man auch den ganz großen Service mitkriegt.«
    »Berghotel Bad Harzburg«, sagte Rolf.
    Sascha gönnte ihm ein schiefes Lächeln. »Was Besseres fällt dir wohl nicht ein? Aber können wir nicht morgen darüber reden? Ich bin hundemüde. Kein Wunder nach dieser endlosen Bahnfahrt. Nicht mal schlafen konnte ich. Im Abteil saß so ein Heini, der dauernd Kreuzworträtsel geraten hat und immer von mir wissen wollte, wie die griechische Quellnymphe heißt und welche Verdi-Oper sieben Buchstaben hat!«
    Der künftige Hotelmanager begab sich also zur Ruhe und ließ ein reichlich verstörtes Elternpaar zurück.
    Diesmal dauerte es etwas länger, bis Rolfs Bemühungen Erfolg hatten, zumal Sascha plötzlich einen ausgeprägten Familiensinn entwickelte und unbedingt in Stuttgart arbeiten wollte. »Da kann ich doch mit Sven zusammen nach Hause fahren, dann wird der Spaß wenigstens nicht so teuer. Außerdem bist du doch auch öfter mal in Stuttgart, nicht wahr, Paps?«
    Nach sechs Wochen, in denen sich Sascha redliche Mühe gab, mir die Feinheiten der französischen Küche beizubringen, denn er hatte dem Chefkoch gelegentlich über die Schulter gesehen, war es endlich soweit.
    »Kennst du in Stuttgart das ›Schwalbennest‹?« fragte Rolf und breitete auf dem Schreibtisch ein halbes Dutzend Speisekarten aus, die in Größe und Umfang den Wochenendausgaben von überregionalen Tageszeitungen glichen.
    »Moment mal«, überlegte Sascha, »ist das nicht dieser Luxusschuppen in der Nähe vom Schloßplatz?«
    »Eben dieser. Und wenn du dich bereitfinden könntest, deine Gammelkluft vorübergehend abzulegen und dich wie ein normaler Mittelstandsbürger zu kleiden, kannst du dich übermorgen beim Geschäftsführer vorstellen. Ein Friseurbesuch erscheint mir vorher ebenfalls noch angebracht!«
    Sascha, inzwischen achtzehn und keinesfalls mehr gewillt, mütterliche Ratschläge und väterliche Auflagen zu beherzigen, verwandelte sich plötzlich in einen gehemmten Dreizehnjährigen. »Was meinst du, Määm, muß ich einen Kulturstrick umbinden, oder kann ich ein Halstuch tragen?«
    »Ich glaube, eine Krawatte ist nicht unbedingt nötig.«
    »Sag mal, Paps, kann ich das blaue Pilotenhemd anziehen, oder muß es partout ein weißes sein?«
    Dann wollte er wissen, ob zur grauen Hose braune Schuhe besser paßten als schwarze, ob er »Herr Direktor« sagen solle oder »Herr Meyer«, ob bei einer eventuell in Erscheinung tretenden Frau Meyer ein Handkuß angebracht sei (»Den kann ich jetzt auch!«) und ob man bereits bei einem ersten Gespräch über Freizeit und Urlaubsansprüche reden könnte.
    »Zieh schwarze Schuhe an, sag ›Herr Meyer‹, Frau Meyer kommt bestimmt nicht, und alles andere überlaß lieber deinem Vater. Der würde es sogar fertigbringen, den Eingeborenen in Rhodesien Heizöfen zu verkaufen, also wird es ihm auch gelingen, dich an den Mann zu bringen!«
    Es gelang ihm. Sascha war selig.
    »Also wenn du den Laden siehst, Määm, dann flippst du aus. Ich habe ja schon das Berghotel als Nobelherberge angesehen, aber das ›Schwalbennest‹ ist wirklich der Hammer! Ich fange in der Rótisserie an. Der Maitre da ist ein Italiener, noch ganz jung, aber schwer in Ordnung, und dann gibt es noch einen Lehrling, der sieht aus wie der Sarotti-Mohr, kohlrabenschwarz, spricht aber prima Deutsch, obwohl er aus Nigeria kommt, sein Vater managt da irgendwo ein Hotel, Mike heißt er – natürlich nicht der Vater –, und anfangen kann ich am Fünfzehnten, und die haben auch ein Restaurant in London, da kann ich nach meiner Prüfung hin …«
    In diesem Tonfall ging es noch eine Stunde lang weiter, dann war er heiser.
    »Der Bengel hat wirklich Glück gehabt«, meinte auch Rolf. »Wenn er dort nicht eine erstklassige Ausbildung bekommt, wüßte ich tatsächlich nicht, wohin man ihn sonst noch schicken könnte. Ich habe mich lange mit dem Geschäftsführer unterhalten – der hat übrigens auch als Kellner angefangen – und mich überzeugen lassen, daß Sascha keine
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