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Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Je mehr Löcher, desto weniger Käse

Titel: Je mehr Löcher, desto weniger Käse
Autoren: Holger Dambeck
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zwei Bälle werden. Zwei Objekte bleiben zwei Objekte, für Säuglinge wie für Bienen.
Clevere Schimpansen
    Die Abstraktionsfähigkeit von Tieren reicht jedoch noch weiter. Sie können nicht nur Objekte zählen und ihre Anzahlen vergleichen, sondern auch Reize wie Lichtblitze und Töne. Das Experiment dazu stammt von Russel Church und Warren Meck. Die Forscher hatten Ratten darauf konditioniert, den linken von zwei Hebeln zu drücken, wenn sie zwei Töne hörten, und bei vier Tönen den rechten Hebel. Anschließend lernten die Nager, dass sie auch bei zwei beziehungsweise vier Lichtblitzen die dazugehörigen Tasten betätigen mussten.
    Die Frage, die sich die Forscher stellten, war folgende: Hatten die Ratten die Regeln für Töne und Blitze getrennt voneinander abgespeichert? Oder hatten sie die Anzahl der Reize abstrahiert und daraus eine allgemeine Regel abgeleitet?

    Um das herauszufinden, konfrontierten die Wissenschaftler die Tiere mit einer neuen Situation: Zwei Blitze folgten auf zwei Töne. Die Nager meisterten die Aufgabe bravourös. Sie drückten ohne zu zögern den rechten Hebel, als handle es sich um vier Töne oder um vier Blitze. Ratten können also nicht nur Objekte abstrahieren, sondern auch Töne und Lichtblitze.
    Als größte mathematische Talente im Tierreich aber gelten unsere nächsten Verwandten – die Schimpansen. 1981 sorgte eine »Nature«-Publikation von Guy Woodruff und David Premack für Furore. Die beiden Forscher berichteten darüber, dass Schimpansen nicht nur Mengen erfassen, sondern sogar mit Brüchen rechnen können.
    In den Experimenten belohnten sie einen erwachsenen Menschenaffen, wenn er unter zwei Gegenständen jenen auswählte, der einem zuvor gezeigten dritten Gegenstand entsprach. Das klingt einfacher, als es war. Den Tieren wurde beispielsweise ein Glas mit einer bunten Flüssigkeit vorgesetzt, das halb gefüllt war. Danach musste das Tier zwischen einem halben Apfel und einem Dreiviertelapfel wählen. Und siehe da – die Abstraktionskünste des Schimpansen reichten aus, um zu erkennen, dass ein halb gefülltes Glas und ein halber Apfel zusammengehören.
    Schließlich fragten sich Woodruff und Premack, ob Schimpansen womöglich sogar Brüche addieren können. Dazu variierten sie ihr Experiment leicht. Statt eines halb vollen Glases als Ausgangsreiz zeigten sie dem Tier einen viertel Apfel und ein halb volles Milchglas. Anschließend sollte der Schimpanse zwischen einem ganzen Kreis und einem Dreiviertelkreis auswählen. Und tatsächlich kombinierte der Affe im Kopf ¼ und ½ zu ¾ – und entschied sich bei dem mehrfach durchgeführten Versuch oft für den Dreiviertelkreis. Primaten beherrschen also auch elementare Bruchrechnung – wer hätte das gedacht!
    Experimente mit Schimpansen legen übrigens auch nahe, dass Menschenaffen Zahlen im Prinzip genauso verarbeiten wie wir Menschen. Das Forscherehepaar Sue und Duane Rumbaugh hatte in seinen Versuchen 1987 ganz auf die Verlockungen von Schokolade gesetzt. Es präsentierte den Primaten zwei Schubfächer, in denen jeweils mehrere Schokoladenstücke lagen. Die Tiere, so das Kalkül der Forscher, würden spontan in das Schubfach mit den meisten Schokostücken greifen. Sobald sie sich für ein Fach entschieden hatten, wurde das andere Fach schnell zurückgezogen – die Schokolade darin war für die Affen dann nicht mehr greifbar.
    Weil die Forscher in ihren Experimenten zugleich herausfinden wollten, wie gut die Primaten addieren können, platzierten sie die Schokoladenstücke in je zwei Häufchen in den Schubfächern. Beispielsweise lagen in dem einen Fach vier Stücke zusammen und eins allein, in dem anderen zweimal drei. Tatsächlich entschieden sich die Tiere meist für das Fach mit der größten Anzahl an Schokostücken – eine beeindruckende Leistung.
    Doch die Primaten machten auch Fehler – Fehler, wie sie auch uns Menschen passieren. Lagen die beiden zu vergleichenden Zahlen weit auseinander, etwa 2 und 6, geschah das praktisch nie. Ein so großer Unterschied ist offenbar auch für Schimpansen zu offensichtlich. Die Fehlerrate nahm jedoch zu, wenn sich der Abstand der beiden Zahlen verringerte. Diesen sogenannten Distanzeffekt kennen Sie schon aus dem vorherigen Kapitel.
    Und auch den Größeneffekt beobachteten die Forscher. Bei der Unterscheidung von Zahlenpaaren, die nur um eins auseinanderlagen, sank die Trefferquote mit steigender Schokoladenstückzahl, wie die folgende Tabelle zeigt.

    Mit ihren
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