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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler
Autoren: Craig Russell
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dem an die Wand grenzenden Tischende ruhte ein schwarzes Kassettenaufnahmegerät. Darüber hing eine Anweisung für die Räumung im Falle eines Feuerausbruchs und über ihr ein Schild mit der Aufschrift »Rauchen verboten«.     
    Fabel und Werner hatten an der einen Tischseite Platz genommen. Dem Hauptkommissar gegenüber saß ein hoch gewachsener Mann von vielleicht fünfunddreißig Jahren mit dichtem, öligem schwarzem Haar. Die zurückgekämmten glänzenden Strähnen fielen ihm dauernd in die Stirn, und seine kräftigen Schultern dehnten das billige schwarze Leder der zu engen Jacke. Er sah aus wie ein heruntergekommener ehemaliger Athlet. Eine beginnende Beleibtheit hatte sich um seine Hüften gelegt, unter den Augen sah man dunkle Ringe, und hinter dem schwarzen Haar und den zwei Tage alten Bartstoppeln hob sich die Haut bleich ab. Das Gesicht, immer noch eckig und stark, ließ die ersten Anzeichen der Erschlaffung erkennen.
    »Sie sind Hans Klugmann?«, fragte Fabel, ohne von dem Bericht aufzublicken.
    »Ja.« Klugmann beugte sich vor, krümmte die Schultern, legte die Handgelenke auf den Tischrand und kratzte mit dem Nagel des einen Daumens an der Haut des anderen. Seine Haltung hätte fast der eines Betenden geglichen, wäre seine Nervosität nicht gewesen.
    »Sie haben die Frau gefunden ...« Fabel blätterte ein paar Seiten um. »... ›Monique‹.«
    »Ja.« Der Daumennagel kratzte tiefer. Ein Bein, das auf dem Fußballen ruhte, begann unter dem Tisch zu zucken. Dadurch zitterten auch Klugmanns Hände rhythmisch.
    »Es muss ein Schock ... sehr unangenehm für Sie gewesen sein.«
    Unverfälschter Schmerz stand in Klugmanns Augen. »Das können Sie wohl sagen.«
    »Monique war eine Freundin von Ihnen?«
    »Ja.«
    »Aber Sie behaupten, ihren Nachnamen nicht zu kennen?«
    »Das stimmt.«
    »Hören Sie zu, Herr Klugmann, ich muss zugeben, dass ich Ihre Hilfe wirklich benötige. Ich bin ratlos, und Sie müssen mir helfen, meine Ratlosigkeit zu überwinden. Bis jetzt habe ich die Leiche einer anonymen jungen Frau. Sie liegt zerstückelt in einer Wohnung, in der es abgesehen von einer einzigen Kleidergarnitur in einem Schrank keine Spur von persönlichen Habseligkeiten gibt. Kein Täschchen, keine Papiere, und außerdem sind keine Lebensmittel im Kühlschrank, bloß ein Liter Milch. Und wir haben einiges von dem Zubehör gefunden, das man in einer für Prostitution genutzten Wohnung erwarten würde. Die Wohnung liegt bequemerweise in der Nähe des Rotlichtviertels, wenn auch nicht in dessen Grenzen. Aber nichts deutet auf eine Menge männlicher Besucher hin. Verstehen Sie, weshalb ich irritiert bin?« Klugmann zuckte die Achseln. »Und dann erfahren wir auch noch, dass der offizielle Mieter der Wohnung ein früherer MEK-Beamter ist, der behauptet, den Nachnamen seiner Untermieterin nicht zu kennen.« Fabel ließ seine Worte wirken. Klugmann starrte mit unbewegter Miene auf seine Hände. »Warum also hören Sie nicht auf, uns zu verarschen, Herr Klugmann? Wir wissen beide, dass die Wohnung zu Prostitutionszwecken benutzt wurde, aber auf höchst selektive Art, und dass diese Monique dort kaum gewohnt hat. Hören Sie, ich habe kein Interesse an Ihrer Vereinbarung mit der Frau, sondern nur an den Informationen, die Sie mir über Monique geben können. Ist das klar?« Klugmann nickte, doch er wandte den Blick nicht von seinen Händen ab. »Also, wie hieß sie?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Das schwöre ich. Ich habe sie immer nur Monique genannt. Und so nannte sie sich selbst auch.«
    »Aber sie war Prostituierte?«
    »Na ja, kann sein. Ich weiß nicht, vielleicht im Nebenberuf. Das hatte nichts mit mir zu tun. Jedenfalls hatte sie immer genug Geld - es kann also sein.«
    »Wie lange haben Sie sie gekannt?«
    »Erst seit drei oder vier Monaten.«
    »Wenn Sie ihren Namen nicht kennen«, mischte sich Werner ein, »dann muss es andere geben, die besser Bescheid wissen. Mit wem ging sie um?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Sie sind nie einem ihrer Bekannten begegnet?«, fragte Fabel, ohne seine Zweifel zu verhehlen.
    »Nein.«
    Fabel schob ein Foto des ersten Opfers, Ursula Kastner, über den Tisch. »Erkennen Sie die Frau?«
    »Nein. Oder doch, aber nur aus den Zeitungen. Ist sie nicht die Anwältin, die ermordet wurde? Etwa auf die gleiche Art und Weise?«
    Fabel ignorierte die Fragen und ließ das Foto auf dem Tisch liegen. Klugmann schien Ursula Kastners Gesicht jedoch bewusst nicht anzuschauen. Irgendwo tief in
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