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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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gut für die Hitze.‹ Er musste unweigerlich schmunzeln. Auch deshalb, weil er selbst heute Morgen ein langärmeliges Hemd angezogen hatte, obwohl der Wetterbericht den bisher heißesten Tag des Jahres angekündigt hatte.
    »Und jetzt?«, fragte Heiner ungeduldig.
    »Jetzt zieht ihr bitte alle wieder eure T-Shirts aus.«
    Nachdem Dr. Schönthaler die Aufforderung befolgt hatte, kämmte er seine Haare mit den Fingern nach hinten. Danach zupfte er auf beiden Seiten an seiner Fliege, um sie auszurichten. Mit weiteren routinierten Handgriffen versetzte er sein verrutschtes Sommerhemd wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand. »Und was war nun der Sinn dieser ganzen Aktion?«, wollte er wissen.
    Betty reagierte nicht auf seine Frage. Wie Rumpelstilzchen stapfte sie wild gestikulierend durch die Wohnküche. »Das gibt es einfach nicht!«
    »Was denn?«, seufzte Tannenberg verständnislos.
    Seine Schwägerin blieb stehen. »Gestern Abend gab’s diese blöde ›Typisch Mann/typisch Frau-Show‹ im Fernsehen.«
    Der Kriminalbeamte stemmte die Arme in seine Hüften. »Ich fass es einfach nicht! Lief diese Sendung denn nicht bei einem Privatsender? Bislang dachte ich immer, du guckst nur Arte und Phoenix.«
    »War ja auch die absolute Ausnahme«, blaffte sie zurück. »Aber es ist wirklich so, wie die behauptet haben. Das gibt’s doch nicht!«
    »Ja, was denn, verdammt noch mal?«, fluchte Tannenberg und handelte sich damit umgehend einen rügenden Blick seiner Mutter ein.
    Bettys Teint hatte sich inzwischen der Farbe ihrer kupferroten Haare angenähert. »Frauen und Männer ziehen ihre T-Shirts und Pullover auf ganz unterschiedliche Art und Weise aus. Ihr zieht die Sachen einfach über den Kopf und wir fummeln irgendwie kompliziert mit den Armen drin rum. Das dauert viel länger und ist auch noch total unpraktisch«, verkündete sie mit sich überschlagender Stimme.
    »Na, und wenn schon! Wen interessiert denn so was?«
    »Mich zum Beispiel, Wölfchen«, zischte sie.
    »Aber warum denn?«, fragte der Rechtsmediziner, der inzwischen neben Margot am Herd stand und genüsslich den verführerischen Karamellduft einsog.
    »Weil ihr Männer uns dazu gezwungen habt.«
    »Was haben wir?«, lachte ihr Schwager schallend los. »Wozu haben wir euch gezwungen?«
    »Dazu, unsere Sachen so bescheuert an- und auszuziehen. Von alleine sind wir bestimmt nicht auf diesen Blödsinn gekommen.«
    Einen Moment lang hatte es Tannenberg doch tatsächlich die Sprache verschlagen. Er hob die Schultern, drehte die Handflächen nach außen. In diese fragende Geste hinein fuhr er stammelnd fort: »Aber, aber was können wir denn dafür, dass ihr eure T-Shirts …?«
    Betty fiel ihm ungehalten ins Wort. »Das ist wieder einmal ein Beweis für die patriarchalischen Herrschaftsstrukturen, mit denen ihr uns jahrtausendelang unterdrückt habt.« Sie baute sich drohend vor ihrem Schwager auf und wiederholte ihren Pauschalvorwurf: »Ihr habt uns dazu gezwungen!«
    Daraufhin ging Tannenberg mit einer wegwerfenden Handbewegung einen Schritt zurück und sagte dabei: »Quatsch, Betty, es gibt garantiert ein geschlechtsspezifisches T-Shirt-Gen.« Während sich das Gesicht seiner Kontrahentin noch stärker rötete, setzte er grinsend den Fangschuss: »Aber vielleicht liegt’s ja auch einfach nur an einer gewissen amotorischen Grunddisposition von euch Frauen.«
    »Das haben diese Männerschweine gestern Abend auch behauptet«, schrie sie. Und zwar so laut, dass Emma zu weinen anfing. Betty schossen Tränen der Wut in die Augen. »Als angeblichen Beweis haben diese Machos einigen Frauen aus dem Publikum Bälle zugeworfen. Und die sollten sie dann auffangen. Das war so gemein!« Sie schnappte nach Luft, warf ihre Lockenpracht in den Nacken und stürmte aus der Küche.
    »Wolfi, du sollst sie nicht immer so ärgern«, tadelte Margot. »Du weißt doch ganz genau, wie empfindlich sie reagiert.«
    »Ach, Mutter, Elsbeth ist schließlich selbst dran schuld. Sie fängt doch immer damit an, uns Männer zu beschimpfen.« Er ging zu ihr hin und drückte ihr einen herzhaften Schmatz auf die Wange. »Alles können wir uns schließlich von solchen Kampfemanzen auch nicht gefallen lassen.«
    Margot konnte ihren Söhnen einfach nicht böse sein. »Du bist mir schon einer, Wolfi«, seufzte sie und wies dabei auf eine dampfende Suppenschüssel. »Stell sie bitte rüber auf den Tisch. Die ›rostigen Ritter‹ sind gleich fertig.« Mit einem versonnenen Blick begleitete sie ihren
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