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James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

Titel: James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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ROSENLAND
    Der nackte Mann, der ausgestreckt neben dem Swimmingpool auf dem Bauch lag, hätte ebenso gut tot sein können.
    Er hätte ertrunken, aus dem Pool herausgefischt und zum Trocknen auf das Gras gelegt worden sein können, während die Polizei oder die Angehörigen verständigt wurden. Selbst der kleine Haufen aus Gegenständen im Gras neben seinem Kopf hätten seine persönliche Habe sein können, die peinlich genau und deutlich sichtbar zusammengetragen worden war, damit niemand auf die Idee kam, seine erfolglosen Retter hätten etwas entwendet.
    Dem funkelnden Stapel nach zu urteilen, war er ein reicher Mann, oder war es zumindest gewesen. Dort lagen die typischen Mitgliedsausweise des Clubs der reichen Männer – eine Geldklammer, gefertigt aus einer mexikanischen Fünfzigdollarmünze, zwischen der ein beachtliches Bündel Scheine steckte, ein abgenutztes Dunhill-Feuerzeug, ein ovales Zigarettenetui aus Gold mit den welligen Rillen und dem diskreten türkisfarbenen Punkt, der es als Produkt von Fabergé auszeichnete, sowie die Art von Roman, die ein reicher Mann aus seinem Bücherregal zieht, um sie im Garten zu lesen –
Das kleine Nugget
– ein alter P. G. Wodehouse. Außerdem war noch eine massive goldene Armbanduhr mit einem abgenutzten braunen Krokodillederband dabei. Es war ein Modell von Girard-Perregaux, entworfen für Leute, die Schnickschnack mögen, und verfügte über eine Zentralsekunde und zwei kleine Fenster auf dem Zifferblatt, die das Datum und die Mondphase angaben. Momentan zeigte die Uhr an, dass es vierzehn Uhr dreißig am zehnten Juli und der Mond zu drei Viertel voll war.
    Aus den Rosenbüschen im hinteren Teil des Gartens schoss eine blaugrüne Libelle hervor und schwebte ein paar Zentimeter über dem Rücken des Mannes. Sie wurde von dem goldenen Schimmer der Junisonne angezogen, die von den feinen blonden Haaren über dem Steißbein reflektiert wurde. Vom Meer her wehte eine Brise heran. Die Libelle schoss nervös hin und her, verweilte dann über der linken Schulter des Mannes und sah hinab. Das junge Gras unter seinem offenen Mund bewegte sich. Ein großer Schweißtropfen lief an der Seite der fleischigen Nase herunter und tropfte glitzernd in das Gras. Das war genug. Die Libelle schoss wieder durch die Rosen davon und über die Glasscherben auf der hohen Gartenmauer hinweg. Es mochte gutes Futter sein, aber es bewegte sich.
    Der Garten, in dem der Mann lag, bestand aus etwa viertausend Quadratmetern gepflegtem Rasen, an drei Seiten umgeben von dichten und hohen Rosenbüschen, aus denen beständiges Bienensummen drang. Hinter dem einschläfernden Geräusch der Bienen rauschte sanft das Meer am Fuß der Klippe am Ende des Gartens.
    Vom Garten aus hatte man keinen Ausblick aufs Meer, eigentlich hatte man gar keine Aussicht, außer auf den Himmel und die Wolken über der dreieinhalb Meter hohen Mauer. Einen Blick über das Grundstück hinaus konnte man nur aus einem der beiden im ersten Stock gelegenen Schlafzimmer des Häuschens werfen. Das Häuschen bildete die vierte Seite des sehr privaten Grundstücks. Von dort aus konnte man nicht nur die riesige Wasserfläche sehen, sondern rechts und links auch die oberen Fenster der angrenzenden Villen und die Baumwipfel in deren Gärten – mediterran angehauchte Steineichen, Pinien, Kasuarinen und ab und zu auch eine Palme.
    Das Häuschen wirkte modern – ein flacher, länglicher Kasten ohne Zierrat. Auf der Gartenseite wurde die ebene rosafarbene Fassade von vier Fenstern und einer mittig gelegenen Glastür durchbrochen, die zu einem kleinen Quadrat blassgrüner Fliesen führte. Die Fliesen gingen in den Rasen über. Die andere Seite des Bungalows, die ein paar Meter von einer staubigen Straße zurückgesetzt stand, war mit dieser fast identisch. Aber auf dieser Seite waren die vier Fenster vergittert, und die Eingangstür war aus Eichenholz.
    Das Häuschen hatte zwei mittelgroße Schlafzimmer im oberen Stockwerk und im Erdgeschoss ein Wohnzimmer und eine Küche, von der ein Teil als Toilette abgetrennt worden war. Ein Badezimmer gab es nicht.
    Das schläfrige, luxuriöse Schweigen des frühen Nachmittags wurde vom Geräusch eines Wagens unterbrochen, der sich über die Straße näherte. Er hielt vor dem Bungalow an. Das blecherne Scheppern einer zufallenden Autotür ertönte, und der Wagen fuhr weiter. Die Türglocke ging zwei Mal. Der nackte Mann neben dem Swimmingpool bewegte sich nicht, doch das Geräusch der Glocke und des
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