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James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

Titel: James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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erneut und beugte sich wieder über ihn.
    Dieser kleine Fleck Haar am Steißbein – bei einem Liebhaber wäre es aufregend gewesen, aber bei diesem Mann wirkte es bestialisch. Nein, reptilienhaft. Schlangen hatten zwar keine Haare, aber sie konnte es nicht anders beschreiben. Es kam ihr reptilienhaft vor. Sie glitt mit ihren Händen zu den Gesäßmuskeln. Das war der Moment, in dem viele ihrer Patienten, besonders die jungen aus der Fußballmannschaft, mit ihr zu scherzen begannen. Und wenn sie nicht aufpasste, wurde daraus ein Flirt. Manchmal konnte sie das beenden, indem sie fest auf den Ischiasnerv drückte. Doch wenn sie den Patienten attraktiv fand, folgte bisweilen Gekicher, ein kurzes Gerangel, und eine schnelle herrliche Kapitulation.
    Doch bei diesem Mann war es auf eine fast unheimliche Weise anders. Vom ersten Mal an war er ihr wie ein Stück totes Fleisch vorgekommen. In zwei Jahren hatte er nicht einmal das Wort an sie gerichtet. Wenn sie mit seinem Rücken fertig war und der Moment kam, in dem er sich herumdrehen musste, hatten weder seine Augen noch sein Körper irgendein Interesse an ihr gezeigt. Wenn sie ihm auf die Schulter tippte, rollte er sich einfach herum, blickte unter halb geschlossenen Lidern zum Himmel auf und stieß ab und zu ein langes, schauderndes Gähnen aus – das einzige Anzeichen dafür, dass er überhaupt zu menschlichen Reaktionen fähig war.
    Die Frau veränderte leicht ihre Position und arbeitete sich langsam über das rechte Bein zur Achillessehne hinunter. Als sie dort angekommen war, betrachtete sie noch einmal den schönen Körper. War ihr Abscheu nur körperlicher Natur? War es die rötliche Farbe des Sonnenbrands auf der von Natur aus milchweißen Haut, die sie an Bratenfleisch erinnerte? War es die Beschaffenheit der Haut selbst, die tiefen und großen Poren in der samtigen Oberfläche? Die dicht gesprenkelten orangefarbenen Sommersprossen auf den Schultern? Oder war es die Sexualität dieses Mannes? Die Gleichgültigkeit der prächtigen, stark hervortretenden Muskeln? Oder war es etwas Geistiges – ein animalischer Instinkt, der darauf beharrte, dass in diesem wunderschönen Körper eine böse Person steckte?
    Die Masseuse erhob sich und dehnte langsam ihren Nacken und die Schultern. Sie streckte ihre Arme zuerst zur Seite und dann nach oben. Dort hielt sie sie für einen Moment, um das Blut aus ihnen fließen zu lassen. Schließlich ging sie zu ihrem Beutel, holte ein Handtuch heraus und wischte sich damit den Schweiß von Gesicht und Körper.
    Als sie sich wieder zu dem Mann umdrehte, hatte dieser sich bereits herumgerollt, lag nun mit der Hand im Nacken auf dem Rücken und starrte ausdruckslos in den Himmel.
    Der freie Arm lag auf dem Gras und erwartete sie. Sie kehrte zu ihm zurück und kniete sich hinter seinen Kopf. Dann verrieb sie etwas Öl zwischen den Händen, hob die schlaffe halb geöffnete Hand an und begann, die kurzen dicken Finger zu kneten.
    Das Mädchen blickte nervös zu dem rotbraunen Gesicht unter der Krone aus dichten goldenen Locken. Oberflächlich betrachtet war alles in Ordnung – es war auf eine bodenständige Art und Weise gut aussehend, mit vollen rosigen Wangen, nach oben gerichteter Nase und einem abgerundeten Kinn. Doch wenn man genauer hinsah, lag ein grausamer Zug um die dünnen Lippen, die breiten Nasenflügel hatten etwas Schweineartiges an sich, und die Leere in den hellblauen Augen ließ an einen Ertrunkenen im Leichenschauhaus denken. Es war, dachte sie, als ob jemand eine Porzellanpuppe genommen und sie so grausig wie möglich angemalt hätte.
    Die Masseuse arbeitete sich über den Arm zum großen Bizeps hinauf. Wo hatte der Mann nur diese fantastischen Muskeln her? War er ein Boxer? Was stellte er mit diesem beeindruckenden Körper an? Gerüchte besagten, dass dieses Häuschen im Besitz der Polizei war. Die beiden Diener fungierten offensichtlich als eine Art Wärter, auch wenn sie kochten und die Hausarbeit erledigten. Der Mann fuhr regelmäßig jeden Monat für ein paar Tage fort, und man teilte ihr mit, dass sie nicht kommen sollte. Und von Zeit zu Zeit wurde ihr auch gesagt, sie solle eine Woche wegbleiben oder zwei Wochen oder einen ganzen Monat. Einmal waren nach einer solchen Abwesenheit der Hals und Oberkörper des Manns voller Blutergüsse gewesen. Bei einer anderen Gelegenheit hatte unter einem großen Verband auf seinen Rippen die rote Ecke einer halb abgeheilten Wunde hervorgelugt. Sie hatte es niemals gewagt, sich
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