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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit
Autoren: Paul Gallico
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ein trauriger Anblick», sagte er. «Es gibt nichts Traurigeres, als zu sehen, wie jemand, den man gern hat, packt, um abzureisen. Wirst du wiederkommen, Clary?»
    «Ich weiß es nicht, Ben-Isaak. Vielleicht.»
    «Stimmt es, daß du Joe heiratest?»
    «Ja.»
    «Glaubst du, daß du mit ihm glücklich wirst?»
    «Ich weiß es nicht, Ben-Isaak. Das Entscheidende ist, daß wir uns gegenseitig brauchen und es nicht ertragen könnten, getrennt voneinander zu leben. Das ist an sich schon das Glück.»
    «Ja, du hast recht. Ich beneide ihn.»
    «Und du, Ben-Isaak?»
    Er betrachtete sie ernst, ehe er erwiderte: «Mein Onkel hat mir den Bauernhof in der Nähe von Dan gekauft, den ich mir angesehen habe. Er liegt bei dem Kibbuz Ayeleth Haschahar, wo Ed Avery und Schlomo leben. Ich werde Weizen und Mais bauen. Ich werde viel an dich denken. Und ich werde dich immer lieben...»
    Sie sah ihn jetzt auch an, gespannt, was nun kommen würde.
    Er fuhr fort: «Eines Tages wird diese Liebe von einem Teil meines Herzens in einen andern wandern. Ich werde ein Mädchen meines eigenen Volkes kennen- und liebenlernen. Sie wird zu mir kommen, wir werden zusammen arbeiten, um diesen Staat aufzubauen und ihn stark zu machen, und unsere Kinder werden uns bei dieser Arbeit helfen.» Er hielt inne. Clary dachte: So müssen die alten Propheten ausgesehen haben, wenn ihnen die Zukunft offenbart wurde. Wie überaus weise und alt er ist — und wie großherzig. Er gibt mich frei.
    Sein Gesicht verwandelte sich, die Linien wurden glatt, und sein Lächeln war fast mutwillig. «Vermutlich wirst du mir das niemals verzeihen. Aber es sollte mein Hochzeitsgeschenk sein.»
    Beide beugten sich in dem gleichen Antrieb vor und küßten sich zärtlich.

    Sears führte in der Bar des Meggido-Hotels ein Gespräch mit Dr. Levi; die beiden waren zu einem Abschiedstrunk vor dem Aufbruch zum Pier dorthin gegangen.
    Dr. Levi bestellte seinen trockenen Martini und genoß ihn; dabei prüfte er seine Farbe im Licht, ehe er ihn kostete.
    «Vermutlich der letzte, den ich für lange Zeit trinke», sagte er, dann stieß er mit Sears an und leerte sein Glas zur Hälfte.
    Sears fragte: «Was werden Sie nun tun? Wohin werden Sie jetzt gehen?»
    «Zurück nach Metulla, zu meinem Gemüse.»
    Sears sah ihn mit einem Lächeln an, das fast zärtlich war. «Dann ist es also wirklich wahr?» fragte er.
    «Was ist wahr?»
    «Daß Doktor Nathanael Levi in Israel nur ein Gemüsebauer ist, der Bohnen und Karotten, Kohl und Radieschen zieht.»
    Der alte Mann hob sein Glas. «Möge Doktor Levi in Israel niemals mehr sein als ein Mann, der Kohl und Rüben, Erbsen und Spinat zieht.»
    «In Ordnung», sagte Sears, «darauf will ich mit Ihnen trinken. Wahrscheinlich haben Sie recht. Wenn die Menschen hungrig sind, brauchen sie Brot.»
    Dr. Levi fragte: «Und was werden Sie nun tun?»
    «Ich fahre zurück nach Amerika, suche mir eine Stellung, arbeite...»
    Dr. Levi sagte: «Ich wünschte, ich könnte Sie und Clary überreden, hier bei uns zu bleiben. Wir brauchen Sie. Wir brauchen jeden Mann. Sehen Sie, ich scheue mich nicht einmal, schamlos Proselyten für Israel zu machen. Aber wir haben auch etwas zu bieten. Wer weiß, wann ein Mann auf dieser Erde noch einmal Gelegenheit erhält, die süßen und quälenden Geburtswehen einer Nation mitzuerleben.»
    Joe nickte und bestellte noch zwei Gläser; er saß in Gedanken versunken, bis die Getränke kamen. Dann sagte er:
    «Ja, ich verstehe, was Sie meinen. Es ist eine Versuchung für jeden Mann. Das befriedigt einen, und eine Zeitlang meint man dann wohl sogar, man sei mehr als ein Stück Lehm. Doch für uns ist das nichts mehr. Es ist etwas für Kinder wie Ben-Isaak.»
    «Oder Kinder wie mich», sagte Dr. Levi ernst.
    Sears lachte. «Oder Kinder wie Sie. Aber Sie haben auch von der Frucht vom Baum des Lebens gekostet und sind älter als Methusalem und weiser als Moses. Sie können es sich leisten, noch einmal von vorn anzufangen. Aber wir nicht. Wir fahren nach Haus. Wir sind eine andere Sorte. Wir sitzen in der Falle, die wir für uns selber aufgestellt haben. Wir passen nirgends sonst mehr hin. Viele von uns denken, unsere Zivilisation stinkt, aber es ist nun einmal die einzige, die wir haben, und die meisten von uns haben gelernt, wie man mit ihr lebt. Und außerdem lieben wir sie ja auch auf eine gewisse Weise. Clary und ich sind schließlich Amerikaner. Man kann das nicht wegradieren. Wir möchten, daß unsere Kinder dort geboren werden. Es ist
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