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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman.
Autoren: Andrea Camilleri
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Marchese über die erfolgversprechendste Art der Zeugung des Stammhalters Peluso beriet.
    »Haben Sie es schon mit der Position versucht, die die Deutschen ›Tanzbär‹ nennen?«
    »Ja. Nichts.«
    »Und mit der nach Serpentinenart, wie die Araber sagen?«
    »Auch mit der. Und wieder nichts. Sehen Sie, mein Lieber, ich bin längst überzeugt, daß das Gelingen nicht die Bohne mit den Stellungen, dem Kalender, der Sonne oder dem Mond zu tun hat. Der Grund muß ein anderer sein. Und es kann sich auch nicht um einen Fall von Impotentia generandi handeln, wie Doktor Smecca sagt. Eine Tochter habe ich ja bekommen.«
    Bei diesen Worten durchfuhr den Baron Uccello blitzartig ein Verdacht, der wie ein Schuß im Dunkel der Nacht in ihm explodierte. Schleunigst verbarg er das Echo in der Tiefe seines Bewußtseins, aber das kurze Funkeln in seinen Augen hatte ihn auch schon verraten. Der Marchese hatte die Gedanken seines Gegenübers mitsamt allen Verknüpfungen in dessen Pupillen abgelesen, als stünden sie da schwarz auf weiß gedruckt.
    »Wenn ich noch ein einziges Mal in Ihren Augen dieses Blitzen sehe, von dem ich genau weiß, was es bedeutet«, sagte der Marchese in einem Atemzug, »knalle ich Sie auf der Stelle ab. Meine Gemahlin ist eine unantastbare Frau. Und ich habe nicht einmal Brüder.«
    Mit der Aussage, einziger Sohn zu sein, spielte Don Filippo auf die bekannte Geschichte des Barons Ardigò an, dem es nicht gelungen war, einen Sohn zu zeugen. Nachdem feststand, daß nicht die Frau Baronin, sondern er selbst steril war, wurde auf das »zweite Schießrohr« zurückgegriffen – wie es in der Jägersprache heißt-, nämlich auf seinen jüngeren Bruder, der seine Dienste ausgesprochen gern zur Verfügung stellte und gleich beim ersten Schuß die reizende, seit langem begehrte Frau Schwägerin geschwängert hatte.
    »Ein anderer Gedanke läßt mir keine Ruhe, Verehrtester«, hub der Marchese nach dem Zwischenfall an, »wenn nämlich meine Gemahlin nach all diesen Mühen noch einmal ein Mädchen zu stillen hat, was dann?«
    »Ja wie, wenden Sie etwa nicht die Methode Sciabarrà an?« fragte der Baron verwundert.
    »Nein. Wie ist die denn?«
    »Die Methode Sciabarrà…«
    »Ist das ein Arzt?«
    »Arzt? Sciabarrà? Nein, das ist der Rechnungsprüfer in der Gemeindeverwaltung. Aber er ist stolzer Vater von acht Söhnen mit entsprechendem Gehänge zwischen den Beinen, reicht Ihnen das? Im übrigen verdanke auch ich die Existenz meiner beiden Söhne dieser Methode. Und die ist so: Um mit Sicherheit einen Sohn zu zeugen, muß man einen Tag absolute Abstinenz üben, am Abend einen Fußmarsch von zwanzig Kilometern machen und gleich anschließend den Geschlechtsverkehr ausüben.«
    Der Marchese schien von der Sache nicht begeistert. »Und das soll sicher sein?«
    »Garantiert. Sehen Sie Totò Cumbo: Nach drei Mädchen hat er dank der Methode Sciabarrà einen Jungen gekriegt.«
    Die strikte Anwendung der Methode Sciabarrà führte nach einem Monat dazu, daß der Marchese auf der öffentlichen Piazza zusammenbrach: Gerade als er nach seinen täglichen zwanzig Kilometern zum Endspurt Richtung Palazzo ansetzte – seine Beinkleider und Schuhe waren voller Schlamm, da an jenem Tag die Stromschnellen aufgebrochen waren –, kippte er Knall auf Fall einfach um. Doktor Smecca, der sich die rapide Auszehrung seines Patienten nicht erklären konnte, verschrieb ihm eine Aufbaukur und einen Monat Bettruhe. Flugs nutzte Donna Matilde die Situation und zog unter dem Vorwand, die Ruhe des armen Kranken nicht stören zu wollen, aus dem Ehebett, um endlich einmal ein Auge und vielleicht auch einen anderen Teil des Leibs schließen zu können.
    »Ich vertue meine Zeit«, sagte Don Filippo zu seinem Freund Uccello, der ihm einen Krankenbesuch abstattete. »Ich komme mir vor wie ein Jäger an der Weideleine, dem der Hase vor der Nase wegläuft.«
    Der Baron schenkte ihm ein Lächeln und machte ein geheimnisvolles Gesicht. »Nicht verzweifeln. Ich habe mir da was Schönes zurechtgelegt. Haben Sie Vertrauen in mich.«
    Drei Tage später machte ihm Baron Uccello erneut seine Aufwartung, und seine Augen leuchteten vor Genugtuung. Unterm Arm trug er ein Paket, das er erst dann vorsichtig öffnete, als er sicher sein durfte, daß keiner sie im Schlafgemach des Marchese stören würde. Heraus kam eine zwei Handbreit lange harte Gurke, ganz offensichtlich ein Hybrid, denn an einem Ende hatte das Ding zwei Kugeln, dick und prall wie die Knäufe eines
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