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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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durchbohrten die Dunkelheit und den Regen mit ihren kräftigen Lichtstrahlen. Über die Stelle, bei der es sich offenbar um den Tatort handelte, war ein großes Zelt gespannt worden. Es zog sich bis über den Gehsteig und den Fahrradweg, die parallel zu dem abgesperrten Straßenabschnitt verliefen. Im künstlichen Licht konnte Line die Kriminaltechniker in ihren obligatorischen weißen, sterilen Overalls erkennen. Sie liefen umher und legten potenzielles Beweismaterial in mit Merkzetteln versehene Plastiktüten.
    Zwei Männer in Regenkleidung mit NRK-Logo auf dem Rücken waren damit beschäftigt, Ausrüstungsgegenstände aus einem weißen Lieferwagen von der Lokalredaktion zu räumen.
    Line beugte sich zum Rücksitz hinüber, kramte in ihrer Tasche und zog eine Regenjacke heraus. Sie brauchte eine Weile, bis sie sie übergestreift hatte, und stieg dann aus dem Wagen. Wind und Regen umtosten sie.
    Von einem anderen Auto auf dem Parkplatz wurden Lichtsignale in ihre Richtung abgegeben. Mit schnellen Schritten lief Line zu dem wartenden Wagen hinüber. Sie erkannte Erik Fjeld hinter dem Lenkrad und ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. Die Fußmatte war mit leeren Flaschen, Würstchenpapier und anderem Müll übersät. Es raschelte, als sie die Beine ausstreckte.
    »Irgendwas Neues?«, wollte sie wissen.
    »Danke, ich find’s auch schön, dich wiederzusehen«, sagte Erik Fjeld und lächelte sie an.
    Sie erwiderte sein Lächeln und begriff, dass der Fotograf nichts anderes getan hatte, als hier zu warten. »Kann ich die Bilder sehen?«, fragte sie.
    Erik Fjeld stellte den Fotoapparat auf Wiedergabemodus und hielt ihr das Display entgegen.
    Das Bild war besser, als sie sich vorgestellt hatte. Die Leiche war mit einer hellblauen Plane zugedeckt worden, aus der nur ein Paar Gummistiefel herausragten. Am Kopfende des toten Mannes saß sein Hund. Die Regentropfen glitzerten in seinem feuchten, zerzausten Fell. Er hielt den Kopf etwas schräg, was ihm ein missmutiges und verwundertes Aussehen verlieh. Gleichzeitig war seine Schnauze hochgereckt und der Mund geöffnet. Man konnte sein Heulen förmlich hören.
    Line nickte zufrieden. Es war ein ergreifendes Bild. Der schwarze Asphalt im Vordergrund eignete sich perfekt dazu, von den Redakteuren mit Überschrift und Text versehen zu werden.
    »Wo ist der Hund jetzt?«, fragte Line und blickte auf. Atemdunst und Kondenswasser hatten die Innenseite der Frontscheibe beschlagen lassen. Sie beugte sich vor und wischte mit dem Handrücken eine Sichtöffnung frei.
    »Da kam ein Wagen von Falck und hat ihn abgeholt.«
    »Von Falck?«
    »Das ist die Firma, die sich hier in der Stadt um streunende Hunde kümmert. Ich glaube, alle waren froh, als sie ihn mitgenommen haben. Es tat richtig weh, ihn heulen zu hören.«
    Plötzlich kam Line ein Gedanke. Sie öffnete die Tür, sodass sich die Innenbeleuchtung einschaltete.
    »Wo haben sie ihn hingebracht?«
    »Den Hund?«
    »Ja. Wo ist er jetzt?«
    »Na, ich nehme an, der ist jetzt in deren Aufnahmestation. Im Tomteveien in Lisleby.«
    Bevor er zu Ende gesprochen hatte, war Line aus dem Wagen gesprungen.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich will mir seinen Hund ansehen.«
    »Soll ich mitkommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Warte hier. Die Leiche wird sicher bald abtransportiert. Davon müssen wir Bilder haben. Ich melde mich, wenn ich dich brauche.«
    Sie knallte die Autotür zu, lief zu ihrem eigenen Wagen hinüber und gab den neuen Straßennamen in das Navigationsgerät ein. Die Adresse lag auf der anderen Seite der Glomma, gleich außerhalb des Zentrums. Elf Minuten Fahrtzeit, verkündete das elektronische Display. Nach neuneinhalb Minuten war sie da.
    Ein Kranwagen stand mit laufendem Motor vor dem großen Gebäude, dessen Verkleidung aus grauen Stahl- und Aluminiumplatten bestand. Der Fahrer rollte einen Halteriemen zusammen und legte ihn in ein Fach unter die Ladeplane. Er blickte auf, als Line neben ihm anhielt.
    Sie stieg aus dem Auto und lächelte ihn an. »Sind Sie von der Firma, die sich hier um entlaufene Hunde kümmert?«, fragte sie und fuhr mit der Hand durch ihre bereits zerzauste Frisur.
    »Vermissen Sie einen?«, fragte der Mann und zog seine Arbeitshandschuhe aus.
    »Eigentlich nicht«, gab Line zurück. »Aber ich wollte wissen, ob ich mir vielleicht den Hund ansehen könnte, den Sie aus der Heibergs gate abgeholt haben.«
    Abwartend blieb sie im orangefarbenen Lichtschein stehen, der von den kräftigen Lampen an der Hauswand
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