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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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Absperrband und Uniformen im Hintergrund.«
    »Hund?«
    »Ja, sieht so aus, als wäre er mit dem Hund draußen gewesen und dann überfallen worden.«
    Line merkte, dass die Informationen ihre Stimmung aufhellten. Da draußen gab es eine Menge Hundebesitzer.
    »Was für ein Hund ist das?«
    »Irgend so was Langhaariges. Erinnert ein bisschen an Labbetuss im Kinderfernsehen, wenn du den noch kennst. Nur nicht so groß.«
    Line grinste. Sie erinnerte sich an Labbetuss.
    »Warte mit den Hundebildern, bis ich da bin«, sagte sie. »Aber schick alles andere rüber. Für die Internetausgabe brauchen sie in der Redaktion bestimmt was anderes als Leserfotos.«
    »Die wollen bestimmt auch die Bilder von dem Hund«, wandte der Fotograf ein. »Die sind ziemlich gut.«
    »Warte noch damit«, wiederholte Line. Sie brauchte die Bilder für ihren eigenen Aufmacher. Wenn die besten Bilder schon online zu sehen waren, reduzierte sich der Wert ihrer eigenen Arbeit.
    Nachdem der Fotograf nichts mehr einzuwenden hatte, beendete Line das Gespräch. Dann warf sie einen Blick in den Rückspiegel und sah in ihre eigenen blauen Augen. Sie war ungeschminkt und hatte nach dem Besuch im Trainingsraum nicht mal ihr Haar richten können.
    Ihr schien, als hätte sich innerhalb der letzten Stunde alles um sie herum auf den Kopf gestellt. Eigentlich hatte sie vorgehabt, sich abends aufs Sofa zu legen und einen guten Film herauszusuchen. Doch stattdessen fuhr sie jetzt mit leicht überhöhter Geschwindigkeit auf der E 6 in Richtung Østfold.
    Nachdem sie an der Ausfahrt nach Vinterbro vorbeigekommen war, wechselte sie die Spur und griff nach dem Zettel mit der Nummer des Mannes, der die Zeitung angerufen hatte. Eigentlich hätte sie sich für ein Interview mit ihm verabreden sollen, doch dafür war es jetzt zu spät. Sie musste es am Telefon probieren.
    Es klingelte lange, bevor jemand abnahm. Der Mann war von seinem Erlebnis offenbar ziemlich mitgenommen. Seine Stimme stockte beim Sprechen.
    Line beugte sich vor, legte den Zettel aufs Lenkrad und steuerte mit dem Unterarm, während sie Stichwörter aufschrieb. Seine Geschichte gab nicht mehr her, als sie ohnehin schon wusste.
    Der Anrufer hatte sich auf dem Heimweg befunden, als er auf den toten Mann gestoßen war.
    »Das Blut floss noch aus ihm heraus«, erklärte er. »Aber ich konnte nichts tun. Sein Gesicht war völlig eingeschlagen.«
    Line fuhr angeekelt zusammen. Doch fließendes Blut würde eine hervorragende Schlagzeile abgeben und könnte vielleicht dazu beitragen, den Fall näher an die Titelseite heranzubringen. Wie jemand umgebracht wurde, war immer ein wichtiger Punkt.
    »Er wurde also totgeschlagen?«, fragte sie, um ganz sicher zu sein.
    »Jaja.«
    »Wissen Sie, womit er erschlagen wurde?«
    »Nein.«
    »Da lag nicht vielleicht irgendwas auf dem Boden? Eine Schlagwaffe oder so?«
    »Nein … Also das hätte ich sicher bemerkt, wenn da ein Baseballschläger oder so was rumgelegen hätte. Aber es kann ja auch ein Stein oder etwas anderes gewesen sein.«
    »Dann müssen Sie ihn ja gefunden haben, gleich nachdem es passiert ist«, fuhr Line fort und spielte auf das frische Blut an. »Haben Sie sonst irgendjemanden gesehen?«
    Einen Augenblick war es still, so als dächte der Mann nach.
    »Nein, ich war da ganz allein«, erwiderte er. »Ich und der tote Mann. Und sein Hund.«
    Auch nach einigen anderen Fragen hatte Line nichts in der Hand, was sie weiterverwenden konnte. Sie beendete das Gespräch und spürte widersprüchliche Gefühle in sich aufkeimen.
    In der Hoffnung, den Artikel über ihren Vater von der Titelseite zu verdrängen, jagte sie blutigen und bestialischen Details hinterher. Um ihre eigenen Bedürfnisse zu stillen, wünschte sie sich nahezu, dass einem anderen Menschen möglichst viel Leid zugefügt worden war. Das waren Gedanken, in denen sie sich kaum wiederfinden konnte.
    Vor ihr auf der Straße wirbelte ein Lastwagen Wasser von der regennassen Fahrbahn auf. Sie überholte ihn und wählte dann die Nummer der Auskunft.
    Normalerweise dienten die Redaktionsmitarbeiter als eine Art Bodentruppe, wenn sie selbst irgendwo unterwegs mit einem Fall beschäftigt war. Ein Team, das sie laufend darüber informierte, was die Onlinezeitungen schrieben, und das aus eigenem Antrieb Informationen überprüfte und Dinge recherchierte, bei denen sie Unterstützung haben wollte. Jetzt allerdings hatte sie keine Lust, mit irgendjemandem im Haus zu sprechen.
    Eine Frau mit schläfriger
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