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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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Stimme fragte, womit sie helfen könne. Line bat sie um die Nummer einer Tankstelle in Gamlebyen in Fredrikstad. Gerüchte über irgendwelche Geschehnisse in einer Kleinstadt hatten die Tendenz, sich schnell zu verbreiten. Schon oft hatte sie die Erfahrung gemacht, dass Tankstellen, die auch abends und nachts geöffnet hatten, Orte waren, an denen über alles Mögliche gesprochen wurde.
    Line wurde mit der Tankstelle Statoil Ostseite verbunden. Das Mädchen am anderen Ende der Leitung schien jung zu sein. Line stellte sich vor und nahm den Zettel mit den Stichwörtern des Nachrichtenchefs zur Hand.
    »Ich arbeite für VG und bin unterwegs, um über den Mord in der Heibergs gate zu schreiben«, erklärte sie und überprüfte noch einmal den Straßennamen auf dem Blatt vor ihr. »Haben Sie davon gehört?«
    Line merkte, wie das Mädchen ein Kaugummi in ihrem Mund beiseiteschob, bevor sie antwortete.
    »Ja, hier sind schon ein paar Leute gewesen und haben darüber gesprochen.«
    »Hat jemand gesagt, wer der Tote ist?«
    »Nein.«
    »Es soll sich um einen Mann handeln, der seinen Hund ausgeführt hat.«
    »Da gibt’s viele, die am Wallgraben mit ihrem Hund rumlaufen.«
    »Er hat einen langhaarigen Hund«, bohrte Line weiter. »So einen wie Labbetuss. War er vielleicht mal an der Tankstelle?«
    »Labbetuss?«
    Das Mädchen am Telefon war offensichtlich zu jung und Line sparte sich weitere Erklärungen.
    »Der Ermordete soll zwischen fünfundvierzig und fünfzig sein«, fuhr sie stattdessen fort.
    »Ich glaube nicht, dass ich den schon mal gesehen habe«, sagte das Mädchen nach einigem Zögern. »Zumindest nicht heute, aber ich kann mich gerne mal ein bisschen für Sie umhören.«
    »Gut. Könnten Sie meine Nummer notieren und mich anrufen, falls Sie etwas hören? Wir bezahlen auch für verwertbare Informationen.«
    Normalerweise erwähnte sie das Honorar für Lesertipps nicht, wenn sie mit Leuten sprach. Aber es konnte ein entscheidender Faktor sein, der die Leute veranlasste zurückzurufen.
    »In Ordnung«, erwiderte das Mädchen. »Ist das die Nummer, die hier im Display steht?«
    Um sicherzugehen, dass es die richtige war, gab Line ihre Nummer durch und wiederholte die Bitte um Rückruf.
    »Übrigens komisches Wetter, um da draußen rumzulaufen«, kommentierte das Mädchen. »Es gießt schon den ganzen Abend wie aus Eimern.«
    Line gab dem Mädchen recht, dachte aber nicht weiter darüber nach.
    Der nächste Anruf galt der Taxizentrale. Der Mann am Telefon sprach mit einem breiten, aber charmanten Akzent, etwas nasal und mit starker Betonung auf den L-Lauten. Er konnte ihr nicht helfen, verband sie aber mit einem Taxi, das im Tornesveien stand, ganz in der Nähe des Tatorts.
    »Haben Sie vielleicht gehört, um wen es sich handeln kann?«, fragte sie, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
    Der Fahrer schien sichtlich bemüht, konnte ihr aber auch nicht weiterhelfen.
    »Aber abends laufen hier immer ’ne Menge Ausländer rum«, erklärte er. »Einer unserer Fahrer wurde letzten Sommer in Gudeberg mit einem Messer bedroht und ausgeraubt.«
    »Ich glaube, darüber habe ich was gelesen«, erwiderte Line, ohne sich wirklich erinnern zu können.
    Der Fahrer versprach ihr, sich bei Kollegen und Bekannten umzuhören. Line gab ihre Telefonnummer durch und erwähnte, dass brauchbare Tipps honoriert würden.
    Die Uhr am Armaturenbrett zeigte 22:19. Bis jetzt hatte sie nichts Verwertbares. Bis zur Deadline blieben weniger als drei Stunden.
    6
    Als Line über die Bogenbrücke fuhr, die das Zentrum Fredrikstads mit Gamlebyen verbindet, war die Deadline noch eine halbe Stunde nähergerückt. Sie kannte sich in der Stadt nicht aus und ließ sich vom Navigationsgerät leiten, das an der Frontscheibe haftete.
    Die Heibergs gate lag in einer gut situierten Wohngegend. Auf beiden Seiten der Straße gab es großzügige Grundstücke mit Villen, gepflegten Obstgärten und weiß gestrichenen Lattenzäunen.
    An der Einfahrt zu einer Sportanlage war die Straße abgesperrt. Ein Streifenwagen stand quer auf der Fahrbahn und ein Absperrband trennte ein leidlich großes Areal vom Rest der Umgebung ab. Der Wind ließ das rot-weiße Plastikband hin- und herflattern. Vor der Absperrung standen ein paar Autos und zwei Personen unter einem Schirm.
    Line fuhr auf den Parkplatz vor der Sporthalle, brachte den Wagen zum Stehen und spähte in die grauen Regenschleier. Saugte die ersten Eindrücke in sich auf. Zwei strategisch aufgestellte Scheinwerfer
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