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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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Zufriedenheit über die verkaufte Auflage als aus Anerkennung, dachte Line.
    Als die spontanen Ovationen der Kollegen nachließen, setzte sie sich an ihren Schreibtisch.
    Frosten kam zu ihr. »Ich bin froh, dass die Schlagzeilen über deinen Vater nicht dein journalistisches Gespür getrübt haben«, sagte er und griff nach der aktuellen Ausgabe, die jemand auf Lines Tisch gelegt hatte. »Die Zeitung ist jeden Tag wieder neu. Und die Leser vergessen schnell. Was wir gestern geschrieben haben, hat morgen niemand mehr in Erinnerung. Dann sind schon neue Schurken oder Helden auf der Titelseite.«
    Er ließ es so klingen, als wären die Anschuldigungen gegen ihren Vater eine belanglose Bagatelle gewesen.
    »Alle wollen Meinungsfreiheit«, fuhr er fort. »Doch niemand will unter ihr leiden.« Er legte die Zeitung weg. »Wir müssen jetzt dranbleiben. Alle versuchen, mit Linnea Kaupang in Kontakt zu kommen. Sie sollte uns wirklich ein Interview geben. Du warst ja schließlich daran beteiligt, sie aus dem Keller zu befreien. Kannst du Harald oder Morten mitnehmen und das Interview machen?«
    Line schüttelte den Kopf. »Ich arbeite an einer anderen Sache«, erwiderte sie. »Morten P und Harald sind auch beschäftigt.«
    »Ich glaube, du verstehst das nicht ganz«, sagte Frosten und deutete auf die Titelseite der Zeitung. »Das ist die Story.«
    »Nein«, sagte Line entschieden. »Morten P hat eben bestätigt bekommen, dass das Justizministerium die fristlose Kündigung eines Polizeichefs aussprechen wird. Ich werde über die Hintergründe berichten.«
    Frosten öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    Line zog eine altmodische Kassette aus der Tasche. »Eine Sache, die zur Abwechslung mal nicht auf Spekulationen und Annahmen beruht«, sagte sie.
    84
    Es war ein klarer Morgen gewesen, doch im Laufe des Tages hatten dunkle Wolken die Sonne verdeckt. William Wisting stieg aus dem Wagen und schaute in den herbstlichen Himmel. Ein großer schwarzer Vogel kreiste zwei Mal in einem großen Bogen über ihn hinweg, bevor er auf einem Felsvorsprung landete und einen heiseren Schrei ausstieß. Es war ein Rabe, der irgendwo da oben in den Felsen lebte und dessen Vorfahren dem kleinen Bauernhof einst vielleicht zu dem Namen Ravneberg verholfen hatten.
    Frank Robbek stand an der kleinen Hütte, die an der Stelle lag, wo der Fluss das ehemalige Weideland flankierte. Das kleine Gebäude war eine Räucherkammer mit einem Loch im Dach, durch das der Rauch abziehen konnte, beinahe wie bei einem Tipi. Rudolf Haglund hatte sie errichtet. In den Rauch hatte er gefangene Fische gehängt, die durch die verbrannten Wacholderzweige einen saftig herben Geschmack bekamen.
    Wisting öffnete die kleine Tür zu der Hütte. Der unangenehme Räuchergeruch saß noch immer in den Wänden. Genauso hatte Rudolf Haglund bei der ersten Vernehmung gerochen. Und genauso hatte Cecilia ihn auf der Kassette beschrieben. Dass er unangenehm roch, nach Rauch und irgendetwas anderem.
    Die Beamten von der Spurensicherung waren bereits seit einigen Stunden beschäftigt und folgten den Anweisungen, die Haglund Wisting während des Verhörs gegeben hatte. Die Hütte war viel zu eng für alle zusammen. Die weiß gekleideten Beamten gingen hinaus, um Wisting und Robbek Platz zu machen.
    Wo sich einst die Feuerstelle befunden hatte, war eine Grube ausgehoben worden. Nach und nach waren die dort begrabenen menschlichen Überreste zum Vorschein gekommen. Morsche Knochen und ein gebrochener Schädel. In einem Plastikeimer lagen Kleiderfetzen und die Überreste eines Schuhs, den Haglund dort zusammen mit seinem ersten Opfer begraben hatte.
    »Wie lange …?«, fragte Robbek und räusperte sich. »Wie lange hat er sie gefangen gehalten?«
    »Sieben Tage«, erwiderte Wisting.
    Robbeks Gesichtsmuskeln verhärteten sich. Er zog die Reste einer Gürtelschnalle aus dem Eimer.
    »Er hat ein Kissen benutzt«, sagte Wisting mit leiser Stimme.
    »Es wäre besser gewesen, wenn er sie irgendwo in den Straßengraben geworfen hätte«, erwiderte Robbek und wischte mit den Fingern ein paar Erdklumpen von der Gürtelschnalle des Mädchens, dessen Onkel er gewesen war. »Wie bei Cecilia. Dann hätten wir immerhin gewusst, wo sie war.«
    »Das war etwas anderes«, erläuterte Wisting und bediente sich Haglunds eigener Worte. »Dass er uns Cecilia finden ließ, war ein Ablenkungsmanöver, damit wir aufhörten, nach möglichen Verstecken zu suchen.«
    Wisting verließ den engen Raum, um Robbek etwas
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