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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition)
Autoren: Jørn Lier Horst
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rührte.
    Der Mann musterte sie vom blonden Kopf bis zu den Schuhspitzen. Als er wieder aufsah, ließ er den Blick in Brusthöhe verweilen und nickte. »Der Hund von dem, der ermordet wurde?«
    Line nickte, nannte ihren Namen und erklärte, für wen sie tätig war. Erfahrungsgemäß gab es jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder wurden die Leute abweisend, wenn sie hörten, dass sie Journalistin war, oder sie traf auf jemanden, der eine positive Einstellung zu der Zeitung hatte, für die sie arbeitete. Jemanden, der die Zeitung jeden Tag mit einer Kaffeetasse neben sich las und sich freute, am Inhalt der nächsten Ausgabe mitwirken zu können.
    Der Mann vor ihr strich mit der Hand über sein regenfeuchtes Haar. »Wollen Sie mit reinkommen und mal Guten Tag sagen?«, fragte er und blickte dabei auf die Garagenanlage hinter sich.
    Line lächelte und folgte dem Mechaniker in eine Halle, wo zahlreiche Fahrräder von der Decke herabhingen.
    »Fundsachen«, erklärte der Mann und machte eine ausladende Geste. »Drillo ist da drinnen.« Er zeigte auf eine Tür am anderen Ende der Halle.
    »Drillo?«, fragte Line.
    »Ja, so nennen wir ihn«, erwiderte der Mann mit einem Lächeln. »Ist ja genauso ein Hund wie der von Drillo.«
    Das stimmte, dachte Line. Der Mann, der die bekannte Fußballmannschaft trainierte, hatte einen langhaarigen Hund, genau wie der, den sie auf dem Foto gesehen hatte. Soweit sie wusste, stammte auch der Trainer aus Fredrikstad. Es gab also noch einen Prominenten in der Stadt.
    Der Mann schob die Tür auf, die in den angrenzenden Raum führte. Dieser war schwach beleuchtet und bestand aus vier Verschlägen mit Gittern und Drahtnetz vor den Türen.
    Der Hund im ersten Verschlag war ein Deutscher Schäferhund mit grauen Barthaaren und leerem Blick. Seine matten Augen blinzelten kurz auf, bevor er den Kopf wieder auf die Pfoten sinken ließ.
    Im letzten Verschlag saß der Hund, den die Mannschaft in der Falck- Station bereits auf den Namen Drillo getauft hatte. Sein düsterer Blick folgte aufmerksam allen Bewegungen im Raum. Seine Augen glichen Glasaugen, die durch Line hindurchzusehen schienen, sie aber gleichzeitig direkt fixierten.
    Line trat ganz dicht an das Gitter heran. Der Hund stand auf und kam zu ihr, ruhig und abwartend. Line legte die flache Hand auf das Drahtnetz. Der Hund sah sie an und schnüffelte ein bisschen, ohne jedoch mit dem Schwanz zu wedeln.
    Der Mann stellte sich hinter Line. »Wollen Sie näher ran?« Er wartete ihre Antwort nicht ab und zog den Splint heraus, der die Drahtnetztür verschloss.
    Line ging hinein. Der Hund setzte sich und blickte sie erwartungsvoll an.
    »Hallo, mein Großer«, sagte Line und kraulte ihn unter dem Kinn. Dann hob sie die Ohren des Hundes an und untersuchte sie. »Wissen Sie, ob er einen Chip trägt?«, fragte sie und drehte sich zu dem Mann im Overall.
    Der Mann verzog das Gesicht. »Auf die Idee ist bisher überhaupt noch niemand gekommen«, sagte er und lief zu einem Schrank hinüber. »Aber wir haben hier irgendwo so ein Lesegerät.«
    Bevor Line Kriminalreporterin geworden war, hatte sie einmal einen ausführlichen Artikel über die Identitätskennzeichnung von Hunden geschrieben. Dafür gab es zwei Möglichkeiten. Entweder eine Tätowierung auf der Innenseite des Ohrs oder eine elektronische Kennzeichnung mit einem Mikrochip, den der Tierarzt mit einer Spritze in die linke Halsseite oder oberhalb der linken Schulter injizierte. Dieser Chip enthielt eine Registrierungsnummer, über die man im Internet den Halter ausfindig machen konnte.
    »Hier ist es«, sagte der Mann und zog einen Apparat hervor, der wie eines dieser Geräte aussah, mit denen Ladenangestellte den Strichcode der Waren ablasen.
    Line versuchte, den Mikrochip zu ertasten, der gleich unter der Haut liegen musste, fand aber nichts. Der Mann trat neben sie und führte das Lesegerät am Hals des Hundes auf und ab.
    Plötzlich erklang ein schwaches Signal und eine fünfzehnstellige Nummer erschien im Display. 578097016663510.
    7
    »Lass sie brennen«, bat Wisting.
    Suzanne stand über den hintersten Tisch gebeugt und wollte gerade die letzte Kerze ausblasen, als Wisting sie unterbrach. Fragend sah sie ihn an.
    »Setz dich mal hin«, sagte er und trat auf den Tisch zu.
    Suzanne blickte ihn verständnislos an, setzte sich aber. Die Kerzenflamme beleuchtete ihr Gesicht. Die Pupillen ihrer walnussbraunen Augen waren von hellgrauen Sprenkeln umkränzt, die ähnlich wie Quarzkristalle wirkten
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