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Jagd in die Leere

Jagd in die Leere

Titel: Jagd in die Leere
Autoren: K.M. O'Donnell
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soweit, daß du sterben willst.«
    »Natürlich wünsche ich mir den Tod«, sagte sie, sich auf das Bett setzend und die Beine übereinander schlagend. Er war völlig überrascht von ihrer Selbstsi cherheit, aber das paßte auch in das Bild. »Willst du ihn nicht? Will ihn nicht jeder?«
    »Ja«, sagte er, »aber nicht jetzt, nicht in diesem Au genblick.«
    »Nachdem du mich umgebracht hast«, sagte sie matt, »werden sie dich ebenfalls töten.«
    »Ja«, sagte er, »aber das ist nicht der Grund dafür, daß ich dich nicht töten will. Ich habe andere Gründe dafür.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Hör mir zu«, sagte er beharrlich.
    »Ich will nichts davon hören«, sagte sie. »Ich will nichts von dem hören, was du zu sagen hast. Und ich will schon gar keine Geständnisse hören. Ich will nicht hören, wie leid es dir tut, weil ich, hörte ich dir zu, zu weinen begänne. Ich bin einundvierzig Jahre alt, ich habe Übergewicht und ich war vor einiger Zeit krank, man hat mich eine Zeitlang mißbraucht, aber ich kann kreischen wie ein Schulmädchen. Willst du es hören?«
    »Nein«, sagte James, »das will ich nicht.«
    »Dann bring mich besser um. Oder verschwinde. Ich will, mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen und auch nichts mehr davon hören.«
    »Ich gedachte keine Verschwörung anzuzetteln. Ich bin nicht hochgekommen, um über so etwas zu sprechen. Es waren alle Arten der Hoffnungslosigkeit, wenn du verstehst, was ich damit meine … Sie haben alle Karten in der Hand. Sie kontrollieren alles. Da gibt es etwas, das ich dir begreiflich zu machen habe.«
    »Geh doch zum Teufel!« sagte sie, stand auf und schlug ihre Fäuste gegen seinen Bauch. Sie prallten voneinander zurück, die Berührung war wie ein betäubender Zusammenstoß von Fleisch auf Fleisch, der James einen Moment lang mit der Begierde nach ei nem Mord erfüllte. Er konnte es nicht ertragen, von ihr be rührt zu werden. Sie durfte das nicht wieder tun. Wußte sie denn nicht … Er stellte fest, daß seine Hän de sich rhythmisch öffneten und schlossen.
    »Entschuldige«, sagte sie nach einer Weile und wandte sich von ihm ab, »ich mag es auch nicht, von anderen berührt zu werden. Es ist für uns beide das gleiche. Warum verschwindest du nicht oder tötest mich, damit es zu Ende ist. Nur keine Hemmungen.«
    »Faß mich nicht an«, sagte er.
    »Schon gut. Ich sagte, daß es mir leid tut.«
    »Faß mich nicht an, hörst du? Ich möchte von dir nicht berührt werden.«
    »Okay, okay.«
    »Hör mir zu«, sagte James, er kam näher, stellte sich neben sie und starrte aus dem Fenster. Von hier aus sah man über einen grauen, weiten Hofgarten. In großer Entfernung spielten zwei Jungen zwischen den Mülltonnen Verstecken, mit ihren dünnen Stimmen jeweils den anderen rufend. Alles, dachte er verwundert, mein Gott, sie verlieren keine Wette. Sie haben an alles gedacht, alles ausstaffiert.
    »Bei mir waren es die Wächter«, sagte er, »ausdruckslose Männer, die weder Form noch Substanz hatten. Sie sperrten mich in eine Zelle, zusammen mit einem Stapel von Gedichtbänden – und ich schrieb Gedichte für sie.«
    »Oh?«
    »Ich sagte «, wiederholte er ungehalten, »daß es die Wächter waren. Wer – zum Teufel – war es bei dir?«
    Sie schluchzte. »Die X’Ching. So nannten sie sich, und so sollte ich sie nennen.«
    »Wie sahen sie aus?«
    »Scheußlich.«
    »Wie?«
    »Scheußlich, sagte ich. Wie Zwerge mit kurzen fet ten Armen und Beinen.«
    »Und was wollten sie?«
    »Sie sagten, sie hätten die Erde einkassiert und würden alle Menschen ausradieren, ausgenommen ein paar Leute zur Reserve. Für ein Experiment. Ist es das, was du wissen willst? Oder hast du ihnen das alles erzählt und arbeitest mit ihnen zusammen? Sprich .«
    Sie dachte einen Moment nach. Er konnte merken, wie ihr Erinnerungen durch den Kopf gingen; es ging ihr genauso.
    »Ich dachte, ich hätte lange Zeit geträumt«, sagte sie schließlich. »Es war wie die schlechten Filme, von de nen man hört, die man sich aber nie ansieht Aber es ging weiter, und ich merkte, daß es kein Traum war. Es war doch keiner, oder? Das ist doch alles Wirklichkeit, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte er, »das ist es nicht.«
    »Das ist es nicht?«
    »Weiter. Erzähl weiter.«
    »Sie waren die X’Ching«, sagte sie monoton. »Sie hatten Angst vor der Erdbevölkerung, deshalb rotteten sie alle aus; alle, bis auf mich und ein paar andere. Sie hielten mich in einer Zelle gefangen und der Fra gensteller sprach mit
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