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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
Autoren: Roland Smith
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sind die absoluten Langweiler.«
    »Aber diese hier nicht!« Luther war bereits zum zweiten Aquarium geflitzt. »Wow, Tintenfische!«
    »Eine relativ verbreitete Unterart«, erklärte Marty. »Wolfe hat sie mal nachts an der Mole gefangen. Er hat sie mit ’ner Taschenlampe angelockt, und als sie langsam an die Oberfläche kamen, hat er einfach ein Netz über sie gestülpt.«
    »Aber in Neuseeland suchen wir doch wohl hoffentlich nicht diese kleinen Dinger hier, sondern Riesenkalmare, ihre größeren Verwandten, oder?«, vergewisserte sich Luther. »In der nordischen Mythologie gibt es übrigens auch Riesenkraken. Angeblich haben sie vor der skandinavischen Küste gelebt und Fischerboote überfallen. Ich hab ein bisschen was dazu gelesen. Tennyson hat sogar ein Gedicht über sie geschrieben, im neunzehnten Jahrhundert. An den Text kann ich mich nicht mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass ihr wissenschaftlicher Name …«
    »Es ist nicht gesagt, dass der Riesenkalmar und dieser nordische Krake ein und dasselbe Tier sind«, ertönte da Grace’ Stimme hinter ihnen. »Es kann gut sein, dass der Krake ein Kryptid ist. Der Riesenkalmar ist es jedenfalls nicht. Bei ihm wissen wir sicher, dass er existiert. Sein wissenschaftlicher Name ist Architeuthis .«
    Luther drehte sich verwirrt um, konnte Grace jedoch nirgends entdecken.
    Marty deutete mit dem Zeigefinger an die Decke.
    Luther blickte nach oben – und war erneut sprachlos.
    Gut fünf Meter über ihren Köpfen balancierte Grace auf einem Hochseil, das von einer Seite der umlaufenden, von Bücherregalen gesäumten Galerie zur anderen gespannt war. Aus luftiger Höhe rezitierte sie die Anfangsverse von Tennysons Gedicht.
    Unter dem Donner der Oberfläche,
    in den Tiefen des abgründigen Meeres,
    schläft der Krake seinen uralten, traumlosen, ungestörten Schlaf.
    »Was zum Teufel treibst du denn da oben?«, rief Luther.
    »Ich konzentriere mich.«
    »Ohne Sicherheitsnetz?! Mein Gott, wenn du fällst, brichst du dir das Genick.«
    »Ich falle nicht«, erwiderte Grace. Sie breitete die Arme aus und begann rückwärts auf das Geländer zuzubalancieren. »Wie war dein Flug?«
    »Äh … ’n ziemliches Geruckel. Ich war also gezwungen ganz ruhig auf meinem Platz zu hocken.«
    »Wow, von der Schweiz bis hierher. War sicher eine ziemliche Tortur für dich.«
    »Ja, allerdings. Ich hab übrigens deine Tagebücher mitgebracht.«
    »Du meinst, meine Moleskine-Hefte«, präzisierte Grace. »Danke.«
    »Na? Hab ich’s dir nicht gesagt? Die ist ’n völlig anderer Mensch«, flüsterte Marty.
    »Ja«, flüsterte Luther zurück. »Aber dass sie jetzt beim Zirkus ist, hast du nicht gesagt.«
    Grace erreichte das Geländer, schwang sich darüber und ging zu der Wendeltreppe, die von der Galerie hinabführte. Ein paar Sekunden später stand sie neben den Jungs vor dem Tintenfisch-Aquarium.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«, gratulierte Luther.
    »Danke.«
    »Wie hast du das da gelernt …?« Luther deutete nach oben zu dem Seil. »… du weißt schon …«
    »Das hat mir Laurel Lee beigebracht. Ich habe ganz niedrig angefangen und mich dann langsam hochgearbeitet. Es hat mir geholfen mich zu konzentrieren und ein paar meiner Ängste zu überwinden.«
    Marty hat Recht, dachte Luther, Grace ist wie verwandelt. Er warf einen Blick auf seinen Freund. »Du hast mir geschrieben, dass diese Dr. Lee Kulturanthropologin ist. Aber dass sie auch Akrobatin ist, hast du nicht erwähnt.«
    »Mensch, das muss ich glatt vergessen haben«, sagte Marty.
    Luther wandte sich wieder an Grace. »Ist Mrs Lee hier?«
    »Schön wär’s«, seufzte Grace. »Nein, sie ist noch in Afrika.«
    »Und was soll heute an deinem Geburtstag passieren?«
    »Keine Ahnung«, sagte Grace. »Ist ja nicht meine Aufgabe, mich darum zu kümmern.«
    Luther grinste und zog einen Skizzenblock unter seinem Sweatshirt hervor. »Ich habe etwas für dich gemalt. Na, eigentlich ist es für dich und Marty zusammen, aber hauptsächlich natürlich für dich, schließlich bist du das Geburtstagskind.« Er ging mit dem Skizzenblock hinüber zu dem Labortisch an der Wand und verschaffte sich dort Platz. Marty und Grace traten zu ihm.
    »Das ist ein Comic über eure Erlebnisse im Kongo«, erklärte Luther. »Da ich nicht dabei war, musste ich mich an das halten, was Marty mir geschrieben hat. Stellenweise ist die Geschichte noch ein bisschen unausgegoren und natürlich bin ich kein so brillanter Zeichner wie Marty, aber
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