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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
Autoren: Roland Smith
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Heller«, antwortete Luther. »Ich hab einfach nur, als ich euer Geschenk aus dem Rucksack holte, die Dose mit dem Juckpulver geöffnet, das Brenda Scrivens im Chemieunterricht erfunden hat. Sobald die beiden Glatzen mein Zeug durchfilzen, werden sie glauben, sich die Krätze eingefangen zu haben.«
    Marty kicherte. Er und Luther würden einen Mordsspaß zusammen haben, das stand fest. Vorausgesetzt natürlich, die Eierköpfe ballerten seinen Freund nicht schon vor dem Auslaufen der »Coelacanth« nieder.
    Wolfes massives Steinhaus thronte auf einem Felsvorsprung hoch über dem Pazifik. Luther und Marty traten an den Rand der Klippe und schauten nach unten. »Wie weit liegt Cryptos von der Küste Washingtons entfernt?«, fragte Luther.
    »Ungefähr zweihundertfünfzig Kilometer«, antwortete Marty.
    »Also gehört die Insel noch zum Bundesstaat Washington? Und ist Teil der Vereinigten Staaten?«
    »Natürlich«, sagte Marty, obwohl er sich da plötzlich gar nicht mehr so sicher war. Er hatte gehört, dass Cryptos während des Zweiten Weltkriegs eine geheime Militärbasis gewesen war und dass Wolfe und Ted Bronson sie als Gegenleistung für irgendeinen Forschungsauftrag erhalten hatten, den sie für die Regierung ausgeführt hatten. Grace hatte vergeblich versucht Cryptos auf einer Seekarte zu finden: Es schien, als würde die Insel offiziell nicht existieren – was sich gewissermaßen schon im Namen widerspiegelte: Cryptos leitete sich von dem griechischen Wort kryptós ab, was ›verborgen‹, ›geheim‹ bedeutet. Und Geheimnisse gab es ganz offenbar reichlich auf der Insel.
    »Und wo ist nun das Geburtstagskind?«, fragte Luther.
    Marty dachte kurz nach, dann sagte er zögernd: »Weißt du, Grace ist nicht mehr das Mädchen, das du aus dem Internat kennst …«
    »Das hab ich mir schon gedacht«, meinte Luther. »Schon allein deswegen, weil sie auf einmal deine Cousine ist und nicht mehr deine Zwillingsschwester, wie noch bei eurer Abreise.«
    »Ja, aber das ist nicht alles«, sagte Marty. »Lange nicht alles.«
    Grace saß in der Bibliothek. Sie freute sich ebenso über Luthers Ankunft wie Marty – aber aus anderen Gründen. Obwohl Marty kaum darüber gesprochen hatte, wusste Grace, dass er sich schreckliche Sorgen um ihre Eltern machte. Um seine Eltern, präzisierte sie im Geiste. Manchmal musste sie sich erst wieder bewusst daran erinnern, dass sie jetzt Grace Wolfe war und nicht mehr Grace O’Hara … Luthers Gesellschaft – erst auf der Insel, später auf der »Coelacanth« – würde eine willkommene Abwechslung für Marty sein. Sein Kumpel würde ihn vom Grübeln abhalten.
    Aber Grace’ Freude über Luthers Anwesenheit war nicht nur uneigennützig: Sie hoffte, während seines Besuchs ein bisschen mehr Zeit für sich selbst zu haben. Denn Marty, sosehr sie ihn liebte, engte sie bisweilen schon ziemlich ein. Seit ihrer Rückkehr aus dem Kongo war sie jedenfalls kaum zum Nachdenken gekommen. Dabei waren die Saurier-Eier für sie persönlich nichts im Vergleich zu den Entdeckungen, die sie in Afrika über ihre eigene Vergangenheit gemacht hatte.
    In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und Marty und Luther stürmten in die Bibliothek.
    Grace sah, wie Luther, ähnlich einem hungrigen Insekt, durch den Raum schoss und mit offen stehendem Mund alle Eindrücke gleichzeitig aufnahm. Er hatte mehr Energie als jedes andere menschliche Wesen, das sie kannte. Es war, als stünde er unter seiner blassen, sommersprossigen Haut in Flammen. Im Internat hatten sie Wetten abgeschlossen, wie lange Luther wohl still auf einem Stuhl sitzen bleiben konnte. Acht Minuten und sechsunddreißig Sekunden waren sein Rekord gewesen. Allerdings hatte er das nur deshalb geschafft, weil der Schuldirektor, Dr. Bartholomew Beasel, direkt hinter seiner Stuhllehne gestanden hatte, um ihn, wäre er aufgestanden, sofort wieder nach unten zu drücken. Seltsamerweise war Luther im Schlaf das krasse Gegenteil. Ihn zu wecken war wie einen Felsblock wach zu rütteln.
    Luther blieb erst stehen, als er vor einem der zwei Salzwasseraquarien angelangt war, die zu beiden Seiten des riesigen offenen Kamins im hinteren Teil der Bibliothek platziert waren.
    »Die Quastenflosser, stimmt’s?« Luther klopfte gegen die dicke Glasscheibe. »Mit den komischen Schuppen sehen die ja aus wie in eine mittelalterliche Rüstung gezwängt, kurz vorm Lanzenturnier.«
    »Eigentlich hängen die Viecher die ganze Zeit nur reglos im Wasser rum«, sagte Marty. »Das
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