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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte
Autoren: Nyx Smith
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eine Hand zu heben, um die Sonnenblende auf der Beifahrerseite herunterzuklappen, damit er seine leuchtend orangefarbene Parkgenehmigung vom Stadtamt für Wasser und Abwässer mit dem Vermerk ›Nur für den offiziellen Gebrauch zeigen kann, die ihm gestattet, überall zu parken, auch unter Verletzung der Straßenverkehrsordnung. Damit will er darauf aufmerksam machen, daß er nichts mit dem Kampf zu tim hat. Er ist nur der Bursche vom SAWA, dem ›Wasseramt‹. Er belästigt niemanden, und niemand belästigt ihn. Meistens jedenfalls.
    Ein paar Minuten verstreichen. Das Gewehrfeuer läßt nach und kommt schließlich ganz zum Erliegen. Brian richtet sich vorsichtig auf, sieht sich gründlich um und setzt sich den Schutzhelm richtig auf. Gut, daß er den Aufpreis für den mit Kevlar-3 isolierten Schutzhelm bezahlt hat, für alle Fälle. Wenn ihn sein Abteilungsleiter auch weiterhin in solche Gegenden schickt, muß er auch die Anschaffung eines dazu passenden Körperpanzers mit Vollvisier in Erwägung ziehen.
    Die Stille hält an. Das Straßenvolk kehrt wieder auf die Bürgersteige zurück. Ein paar Autos fahren vorbei. An der Straßenecke liegen ein paar reglose Gestalten, aber niemand sieht aus, als wolle er noch mehr Fahrkarten in die Hölle knipsen.
    Brian hebt seinen Werkzeuggürtel vom Boden vor dem Beifahrersitz auf und steigt aus. Zusätzlich zu seinem Schutzhelm trägt er seinen himmelblauen SAWA- Overall. Keiner der Passanten wirft mehr als einen flüchtigen Blick in seine Richtung. Er ist unsichtbar oder wenigstens fast. Nur einer von vielen Arbeitssklaven der Stadt auf seiner täglichen Runde. Ein Jammer, daß er nicht auch kugelsicher ist.
    Er geht über den Bürgersteig zu dem grauen Steingebäude mit der rauhen Fassade. Hier ist er noch nie gewesen, aber das ist nicht weiter überraschend. Das SAWA hat buchstäblich Tausende von Einrichtungen, die im ganzen Metroplex verteilt sind, von Managementbüros in der Innenstadt bis hin zu Abwasserkanälen draußen in Queens. Brian bemerkt, daß das Gebäude vor ihm mit Sicherheit einfach genug, zweckdienlich genug aussieht, um ein Außenposten des SAWA zu sein. Es gibt ein fahrzeuggroßes Tor und eine menschengroße Tür, beide schwarz. Neben der letzteren befindet sich ein schwarzer Knopf wie für eine Türklingel. Unmittelbar über dem Knopf ist ein mit einem Gitter verkleideter Lautsprecher angebracht und direkt darüber die Linse einer Überwachungskamera.
    Brian hebt einen Finger, um auf den schwarzen Knopf zu drücken, aber eine metallisch klingende Stimme aus dem Lautsprecher kommt ihm zuvor. »Zeig mal deinen Ausweis, Junge.«
    Muß sich um ein automatisches Stimmenprogramm handeln, das vielleicht mit Annäherungssensoren gekoppelt ist. Schick. Man sollte nicht glauben, daß sich irgend jemand die Mühe macht, in Gebäude einzubrechen, die ausschließlich der Wasserversorgung oder der Kanalisation dienen, aber, Mann, Spinner gibt es überall, also ist die Sicherheit Routine. Brian hält seinen SAWA-Ausweis vor die Kameralinse.
    »In Ordnung, Junge«, sagt die Stimme aus dem Lautsprecher.
    Die Tür summt und klickt. Es gibt weder eine Klinke noch einen Türknauf, also tritt Brian vor und drückt, und die Tür schwingt nach innen auf. Er ist bereits zwei oder drei Schritte durch die Tür, bevor ihm klar wird, daß es im Innern nicht nur viel dunkler ist als in der Sonne draußen und seine Augen nicht nur einen oder zwei Augenblicke länger brauchen, um sich an das Dunkel zu gewöhnen. Die Tür knallt hinter ihm zu, und er ist in eine undurchdringliche Schwärze gehüllt, eine Dunkelheit, die so vollkommen ist, daß er nicht das geringste sehen kann.
    »Äh... hallo?«
    »Wer bist du?« fragt eine schroffe Stimme.
    »Machen Sie das Licht an, ja?«
    »Ich habe dir eine Frage gestellt, Junge.«
    So viel zu automatischen Sicherheitssystemen. Name, Dienstgrad und Erkennungsnummer: nichts Neues für ihn. »Guerney. Brian. Von Metro Zwo. Mein Abteilungsleiter hat mir aufgetragen, mich...«
    »Wer ist der stellvertretende Leiter der Metro Operations?«
    »Was?«
    »Beantworte die Frage!«
    »Äh...« Wie war noch gleich der verdammte Name? »Ich glaube, das ist Orly. Michele Orly, glaube ich.«
    Ein Streichholz flammt so dicht vor Brians Gesicht auf, daß er unwillkürlich zurückzuckt. Im Licht der kleinen Flamme sieht er das runde Gesicht eines Mannes mit beinahe kahlem Schädel, einem dichten schwarzen Schnurrbart, dichten schwarzen Augen brauen und Augen, die
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