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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte
Autoren: Nyx Smith
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Buch abzugeben, ist schwer für ihn, denn obwohl es das Werk eines Magiers und unaussprechlich böse ist, enthält es große Macht und viele Geheimnisse. Sein Wert ist unschätzbar. Es spricht seine Waschbärnatur an, Bandits Neugier. Wahrscheinlich könnte er es nicht abgeben, wenn nicht das Leben seiner Schwester auf dem Spiel stünde. Auch wenn er nie hinter die Geheimnisse des Buches käme, würde er es gerne behalten, es horten.
    »Ich gebe dir das hier.«
    »Ich bin einverstanden«, sagt Alter Mann. Doch es ist Dark Rain Hunter, der nach dem Buch greift, und Dark Rain Hunter, der es ins Feuer wirft. Nach einer Weile sagt Alter Mann: »Das Wissen in diesem Buch sollte aus der Welt getilgt werden. Die Menschen sind nicht weise genug, um es beherrschen zu können.«
    Bandit nickt zustimmend und ertappt sich dabei, daß er beinahe eingeschlafen wäre. Er ist so müde, daß er sich mit praktisch allem einverstanden erklären würde. Wenn das hier vorbei ist, wird er vermutlich einen ganzen Monat lang schlafen.
    »Jetzt werden wir deiner Schwester helfen«, sagt Alter Mann. »Achte auf das Lied, das wir singen. Du könntest etwas daraus lernen.«
    Bandit nickt.
    Plötzlich schüttelt Pug eine Rassel. Dark Rain Hunter beginnt, eine kleine Trommel zu schlagen. Alter Mann singt als erster, und sein leise vorgetragenes Lied erzählt von Veränderungen und der Welt und der Art und Weise, wie Leute erwachsen werden. Dark Rain Hunter singt von der Natur und der Notwendigkeit, die Natur vom Bösen zu reinigen. Pug singt von Treue und Liebe und der Bedeutung der Bande zwischen Leuten und insbesondere zwischen Leuten, die blutsverwandt sind. Die drei Lieder zusammen erzählen vom Leben und der Natur des Lebens und von Dingen, die getan werden müssen. Sie verraten Bandit, daß der schlaue Waschbär manchmal die schattige Behaglichkeit seiner Lieblingsplätze verlassen und sich den unwirscheren Realitäten stellen muß, die im unsagbar wichtigen Sonnenlicht sichtbar werden.
    Die Auren der drei Schamanen vereinigen sich. Langsam bildet sich die Magie, erfüllt das Medizinzelt. Als sie sich wieder verflüchtigt, rührt sich Amy und seufzt.
    Eine Dunkelheit flattert durch die Astralebene und verschwindet.
    Bandit kniet sich neben Amy und streicht ihr das Haar aus der Stirn. Ihre Augen öffnen sich träge, als seien die Lider schwer vom Schlaf. Der feurige Glanz ist verschwunden. Ihre Augen sind jetzt wieder braun, nur braun, wie Bandits Augen. »Scottie...?« murmelt sie. »Was ist passiert...«
    Bandit sagt: »Jetzt geht es dir wieder gut.«
    »Bist du in Ordnung?«
    Bandit nickt. »Alles ist in Ordnung.«

87
     
    Der Führer trifft sie ungefähr zehn Kilometer hinter Boulder auf einem alten Holzfällerweg auf halbem Weg zum Gipfel eines Berges. Er wird Ed Flashing Deer genannt.
    Kontakte haben ihn hergebracht, sehr sorgfältig ausgewählte Kontakte. Diesmal wird es keine Fehler und keinen Verrat geben. Tikki hat dafür gesorgt, daß alle interessierten Parteien wissen, wie groß ihr Unmut sein wird, falls ihr noch einmal jemand Schwierigkeiten bereiten sollte.
    »Zeig deine Augen«, sagt Flashing Deer.
    Tikki nimmt die schwarze verspiegelte Sonnenbrille ab und schaut in die spätnachmittägliche Sonne. Flashing Deer betrachtet ihr Gesicht. Er sollte sehen, daß ihre Augen im Sonnenlicht glitzern. Man hat ihm gesagt, er solle nach reflektierenden Augen Ausschau halten. Wahrscheinlich nimmt er an, das bedeutet, daß sie Cyberaugen hat. Das kann ihr nur recht sein.
    Was jetzt geschieht, ist simpel. Sie gehen in die Berge, und Tikki sucht sich ein Heim für sie und das Junge. Und danach? Schwer zu sagen. Tikki hat ein paar merkwürdige Ideen.
    Ihre Mutter hat ihr beigebracht, daß Beute Beute ist. Egal ob zwei Beine oder vier. Erst jetzt sind ihr einige Unterschiede aufgefallen. Diese zweibeinige Orkfrau, die unablässig über ihren in Philadelphia getöteten Sohn gejammert hat. Dieser Bursche im weißen Kittel, der sie nicht gehen lassen wollte, sich aber dann nicht dazu überwinden konnte, sie zu erschießen. Und dieser Magier, der zwei Wachen ausgeschaltet und ihr dann gesagt hat, wo sie ihr Junges finden kann. Nach alledem fällt es ihr schwer, weiter an dem Glauben festzuhalten, den sie immer gehegt hat, daß alle Zweibeiner heimtückische Verräter sind. Die Magier ganz besonders.
    Warum hat er ihr geholfen? Er hat nichts dadurch gewonnen. Das ist es, was sie wirklich nachdenklich gemacht hat. Kein gewöhnliches Tier hätte
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