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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert
Autoren: Stephan Knoesel
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seiner Rechten mit den bunten Wohntürmen der Neubausiedlung daneben. Chris dachte kurz daran, dorthin zu laufen – auf ein letztes kleines Festmahl bei McDonald’s. Bevor es für den Rest des Monats
nur noch Müsli und Konserven zu essen gab. Aber die Vorstellung von dem Gedrängel, der miefigen Luft, den schreienden Kindern und gestressten Müttern auf der Jagd nach Weihnachtsgeschenken – nein danke. Dafür waren ihm seine letzten fünf Euro zu schade. Außerdem hing dort diese Gang rum, die sich immer in ihrer Siedlung traf.
    Also sprang Chris die Böschung runter auf den Trampelpfad, der quer über die Panzerwiese zum Waldrand führte, und versuchte es noch mal.
    Vier Schritte einatmen, vier Schritte ausatmen.
    Diesmal gelang es ihm.
    Und als Chris in den Wald eintauchte, war das wie eine Befreiung: keine Häuser, keine Straßen, keine Menschen mehr. Als könnte er wirklich davonlaufen. Auf einmal war er allein auf der Welt – in diesem düster-nebligen Wald, wo ihn nichts an seinen Alltag erinnerte. Außer der Schnee. Und das monotone Rauschen der Autobahn, das sich einfach nicht ausblenden ließ, wie das Hintergrundgeräusch von einem alten Radio.
    Es dämmerte bereits, doch das war Chris egal. Er lief jetzt auf einem noch schmaleren Trampelpfad parallel zur Autobahn, nur durch eine Böschung von den Fahrbahnen getrennt. Er konnte nicht viel falsch machen. Er musste immer nur dem Weg folgen, und irgendwann würde ihn der Wald wieder ausspucken – und er würde am Rande eines der jetzt schneebedeckten Felder stehen. Von dort aus würde er die Mietshaussiedlung, in der sie wohnten, schon sehen können, zumindest die Lichter hinter den Fenstern.
    Etwas unheimlich war es trotzdem in dem Wald. Aber auf eine angenehme Art. Wie wenn man vor jemandem davonläuft, und man weiß, man ist schneller. Dann passierte der Unfall.
    Der Wagen kam rechter Hand von Chris von der Autobahn über die höher liegende Böschung, die ihn wie eine Sprungschanze in die Luft katapultierte. Für einen Augenblick schien der Wagen dort oben festgefroren: mit röhrendem Motor, als würde der Fahrer Gas geben, um tatsächlich zu fliegen.
    Dann krachte der Wagen nur ein paar Schritte vor Chris gegen einen Baum – und zwar mit der linken Kühlerseite, sodass er sich noch einmal um die eigene Achse drehte, bevor er mit dem Heck an einen anderen Baum prallte.
    Wieder schien der Wagen kurz in der Luft zu verharren. Die Bäume zitterten, und der Schnee, der sich oben in den Kronen gesammelt hatte, fiel auf ihn herab. Erst dann schien sich der Wagen selber wieder zu bewegen und landete mit zerberstender Windschutzscheibe auf den Waldboden, kurz nachfedernd – aber zu schwach, um noch mal abzuheben.
    Chris hatte sich automatisch die Arme schützend vor den Kopf gehalten und war in die Knie gegangen. Jetzt starrte er, halb am Boden, auf das Autowrack ein paar Meter vor ihm, während sein Herz gegen seine Brust trommelte, als wollte es ausbrechen.
    Chris schnappte nach Luft, als wäre er zu lange unter Wasser gewesen. Kurz fürchtete er, dass dies nur der erste Wagen war und noch weitere Autos folgen würden. Aber das passierte nicht. Auf einmal war es wieder so ruhig wie vorher, mit dem monotonen Hintergrundrauschen der Autobahn.
    Chris stand langsam wieder auf. Scheiße. Wenn er an der Schleißheimer Straße, bevor er auf die Panzerwiese gelaufen war, nicht kurz innegehalten hätte – um über einen verdammten Cheeseburger und eine Portion Pommes nachzudenken! Dann hätte der Wagen ihn genau erwischt.
    So ähnlich musste sich sein Bruder gefühlt haben vor einem Jahr.
    Ihre Ohren dröhnten noch von dem Lärm, das musste ein gutes Zeichen sein. Also lebte sie noch. Trotzdem hatte Sabrina Angst, die Augen zu öffnen.
    Solange ihre Augen geschlossen waren, träumte sie vielleicht nur. Ja, das wär’s jetzt: nur träumen!
    Dass ein Elefant ihr den Kopf eingetreten hatte, nachdem sie mit der Achterbahn direkt in den Autoscooter gerast war. So fühlte sie sich jedenfalls.
    »Dafür schaust du aber noch ganz gut aus.« – Die Stimme kam von ganz weit weg.
    War das Matthias? Der Wahnsinnige! Rast wie ein Berserker durch die Gegend, bis es knallt – und jetzt klopft er noch Sprüche?
    »Nicht bewegen, vielleicht hast du dir was gebrochen.«
    Nein. Diese Stimme klang anders. War sie in einem Krankenhaus? Das konnte sie jetzt auch nicht brauchen: irgendwelche blöden Ratschläge.
    »Ich glaub’s nicht, der eine macht auf Fast and the Furious und die
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