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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert
Autoren: Stephan Knoesel
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mich zum letzten Mal gesehen habt, dann war das in der Nacht zum 25. Dezember, als ich mit meinem Kollegen das Mädchen bei euch abgeholt habe. Was jetzt gerade passiert, träumt ihr nur – verstanden? Gut. Also! In meinem Bericht steht, dass dein Bruder zufällig zugegen war, als Kriebl mit seinem Fluchtwagen von der Autobahn abgekommen und in dem Waldstück dahinter gelandet ist. Und dass dein Bruder auf die Bitte von Sabrina Spomenka Kostic eine Tasche versteckt hat, in der sich angeblich viel Geld, aber letztlich nur ein Stapel alter Zeitungen befunden hat.«
    »Und weiter?«, fragte Phil.
    »Nichts weiter«, sagte die Polizistin. »Das ist alles, was eure Beteiligung an diesem Raub betrifft. So wie es aussieht, hat Kriebl die Beute auf einem Friedhof versteckt, sodass Sabrina Kostic später damit fliehen konnte. Nachdem es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden gekommen ist.«
    » Das steht in Ihrem Bericht?«, fragte Chris.
    »So ungefähr muss es doch gewesen sein, oder? Ich habe nur das ein oder andere Detail ausgelassen. Dass auf dem Friedhof eure Mutter beerdigt ist, zum Beispiel. Kriebl jedenfalls verweigert jegliche Aussage. Der zieht seine persönliche kleine Omertá durch. Fehlt nur noch irgendein Psychologe, der ihm ein Kriegstrauma oder so was attestiert. Dass er nur deswegen so gewalttätig ist und hin und wieder eine Rambo-Nummer abzieht.«
    »Und warum erwähnen Sie dieses Detail nicht?«, fragte Phil.
    »Das mit dem Friedhof? Na ja. Um Papier zu sparen. Der Umwelt zuliebe.«
    »Weil Sie auf einmal so ein guter Mensch geworden sind?«
    »Das hast du gesagt«, antwortete die Polizistin. »Na los, raus hier! Bevor uns noch die Tränen kommen vor Rührung.«
    Der Bolzplatz an der Schleißheimer, Ecke Aschenbrennerstraße, über den sie normalerweise nach Hause gegangen wären, stand schon unter Wasser. Auch ihre Jacken glänzten schon vor Nässe, und Chris spürte, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis seine durchtränkt war.
    Er fühlte den Anflug einer Traurigkeit, wie als Kind, wenn der Winter vorüberging: Man konnte in dem Regen dabei zuschauen, wie der Schnee dahinschmolz und auf den Straßen zu rußgrauem Matsch wurde, der fontänenartig aufspritzte, wenn ein Auto vorbeifuhr.
    »Was hältst du davon – glaubst du, dass das eine Falle ist?«, fragte Chris.
    Phil schüttelte den Kopf. »Ich glaub, die will bloß ihren Arsch retten. Sie schützt uns – und wir schützen sie, wenn wir den Mund halten.«
    »Also, ich hab kein Problem damit.«
    »Ja.«
    Sie kamen wieder am Tengelmann vorbei und gingen rechts in die Stösserstraße – und dann links auf den Fußweg, der an der Förderschule entlang zu ihrer Siedlung führte.
    »Dann hat es Sabrina wohl geschafft«, sagte Chris. »Na ja, wundert mich nicht, so gut wie die Auto gefahren ist.«
    »Was?«, fragte Phil, etwas irritiert, und blieb stehen.
    »Am Friedhof. Als ich ihr das Auto überlassen hab – kurz bevor die Bullen aufgetaucht sind. Die ist losgefahren, als wär sie mit ’nem Führerschein auf die Welt gekommen. Und das bei dem Schnee.« Chris musterte seinen Bruder. »Wieso, was ist?«
    Phil schaute zu Boden. »Nichts«, sagte er leise. Dann ging er weiter. »Wir haben gesagt, wir reden nicht mehr darüber. Schon gar nicht, wenn wir Handys dabeihaben.«
    »Glaubst du wirklich, die Alte lässt uns abhören?«
    »Möglich ist alles. Technisch zumindest.«
    »Ich hab mein Handy zu Hause gelassen.«
    »Trotzdem. Nur weil die Bullenschlampe eben mit uns Händchen halten wollte, heißt das nicht, dass man ihr trauen kann.« Phil fischte seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche, als sie zur Haustür kamen.
    »Wenn du meinst.« Chris seufzte. »Ich hoffe jedenfalls, dass ich diesen Penner nie wiedersehe.«
    »Ja. Gut auf uns zu sprechen ist der bestimmt nicht.«
    »Warum sagt der nicht aus?«
    »Keine Ahnung. Sturheit? Weil’s ihm nichts bringen würde? Ich weiß es nicht.« Phil sperrte die Haustür auf und ließ ihn mit der Einkaufstüte vorgehen. Ein wattierter gelber Umschlag klemmte im Briefkastenschlitz, unter dem jetzt ein neues Namensschild angebracht war. Phil zog ihn heraus und sagte: »Kein Absender.« Er kratzte mit einem Fingernagel an dem Klebeband, mit dem der Umschlag zusätzlich verschlossen war. »Schau dir mal die Briefmarken an – aus Österreich.« Er riss den Umschlag auf und stieß einen Lacher aus.
    »Vielleicht von Onkel Willi?« Chris ging zu ihm und schaute mit hinein. Er hielt die Luft an.
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