Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert
Autoren: Stephan Knoesel
Vom Netzwerk:
wollen, wie leicht man sich im Wald verlaufen kann.
    Es war ihm gelungen: Man lief anscheinend zwangsläufig immer im Kreis, wenn man nicht gerade Pfadfinder, Elitesoldat oder wenigstens Kompassbesitzer war.
    Chris blieb schwer atmend stehen und ließ die Tasche zu Boden sinken. Am liebsten hätte er sich draufgesetzt, aber er zwang sich dazu, stehen zu bleiben. Nur fünf Sekunden, sagte er sich, nur fünf Sekunden!
    Dann ging er weiter.
    Er fragte sich, was er der Polizei erzählen würde, wenn sie ihn jetzt erwischten – mit einer Tasche Geld unterm Arm.
    Er würde ihnen gar nichts sagen.
    Oder vielleicht doch – dass er sie gefunden hatte und gerade auf dem Weg zum nächsten Polizeirevier war.
    Keine Ahnung, ob man ihm das glauben würde, aber letztlich spielte das auch keine Rolle. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Vor einem Jahr vielleicht. Da wäre er wohl tatsächlich zum nächsten Polizeirevier spaziert.
    Und beim Abendessen hätte er dann allen davon erzählt: wie er für ein, zwei Stunden mal ein reicher Mann gewesen war.
    Aber jetzt? Scheiß auf die Polizei. Wenn die die Kohle wollten, mussten die sich schon ein bisschen anstrengen. Die Frage war nur: Was war mit diesem Mädchen?
    Er wusste nicht mal ihren Namen.
    Woher hatte sie das Geld – oder besser: Was machte das Geld bei ihr im Kofferraum? Und: Was machte sie in dem Kofferraum?
    War sie wirklich entführt worden? War das Geld Lösegeld? Markiertes Lösegeld? Oder konnte man es ausgeben? Und die wichtigste Frage: Wo sollte er die Kohle überhaupt verstecken?
    Jetzt fing es auch noch an zu schneien, als wäre es nicht schon glatt genug auf der Standspur. Afrim stand fluchend wieder auf und kniff die Augen zusammen wegen der Scheinwerfer, die auf ihn zurasten und an ihm vorbeipeitschten mit einem Höllenlärm. Es war schon das zweite Mal, dass es ihn hingehauen hatte. Seine Mutter würde ausflippen, wenn sie die Uniform sah – die hatte sie heute erst gebügelt.
    Als er endlich die Ausfahrt des Parkplatzes erreichte, wäre Afrim fast wieder hingeflogen. Der Asphalt war total vereist. Wahrscheinlich weil hier nie Sonne hinkam: Hinter dem Parkplatz war Wald und davor eine längliche Bauminsel, die ihn von der Autobahn abgrenzte.
    Afrim ging zwischen den beiden unbeleuchteten doppel-spännigen Lkws in den schienbeintiefen Schnee, wo die Mülltonnen und Picknicktische aus Beton standen. Er fragte sich, wann die Verstärkung endlich eintraf – die er jetzt schon zum zweiten Mal angefordert hatte. Der Parkplatz war menschenleer.
    Dann fand er die Reifenspuren am anderen Ende und folgte ihnen die sprungschanzenartige Böschung hoch, wobei ihm seine inzwischen nasse Hose beißend kalt an den Beinen klebte.
    Auf der Kuppe der Böschung sah Afrim, dass er sich auf einer Art Erdwall befand. Auf der Waldseite ging es genauso steil hinunter wie vom Autobahnparkplatz hinauf. Afrim schaltete seine Taschenlampe an und leuchtete in den Wald hinein. Er brauchte eine Weile, bis er den Wagen fand. Ein schwarzer Dreier-BMW, vom Modell her etwa zehn Jahre alt.
    Afrim stakste die Böschung auf der Waldseite hinunter, rutschte wieder aus und kam schließlich auf einem Trampelpfad zum Stehen. Wieder leuchtete er zum Wagen, der ungefähr zehn Meter von ihm, eingedellt und mit zersplitterter Windschutzscheibe, zwischen zwei riesigen Fichten stand.
    Durch das Fenster auf der Fahrerseite konnte Afrim den Mann sehen, der hinter dem Steuer saß. Regungslos, Blut im Gesicht. Nicht bei Bewusstsein.
    Afrim zog etwas unsicher seine Pistole und hielt sie warnend halb nach vorne, halb nach unten gerichtet, als er sich vorsichtig dem Wagen näherte.
    Der Beifahrersitz war leer, auch die Rückbank, ebenso der Fußraum vor der Rückbank.
    Afrim ging um den Wagen herum, wobei er nach Spuren Ausschau hielt, aber wenn es welche gab, waren sie schon so gut wie ausradiert, der Neuschnee fiel jetzt noch dichter als vorhin auf der Standspur, die Flocken so dick wie Popcorn. Dann hielt Afrim inne.
    Waren das Sirenen?
    Endlich!
    Sabrina quälte sich die Treppe hoch, zitternd vor Kälte, und blieb vor der Wohnungstür stehen. Durch den Türspion konnte sie Licht im Flur sehen – Scheiße, schlechtes Zeichen. Sabrina hoffte trotzdem, dass ihre Mutter schon in der Arbeit war. Sonst würde sie garantiert Fragen stellen.
    Sabrina hatte zwar die Nasenblutspuren in ihrem Gesicht beseitigt – mit Schnee auf der Panzerwiese. Nachdem sie sich gerade noch rechtzeitig aus dem Wald gekämpft hatte: Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher