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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn
Autoren: Lee Child
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Rosenholz.
    Ein fetter Typ saß an einem breiten Schreibtisch. Hinter ihm befanden sich ein paar große Fahnen. Die Stars and Stripes mit Goldfransenrand auf der linken Seite und das, was ich für die Fahne von Georgia hielt, auf der rechten. Zwischen den Fahnen hing eine Uhr. Es war ein großes, altes, rundes Ding mit Mahagonirahmen. Sah aus, als wäre es Jahrzehnte lang poliert worden. Ich dachte, daß es die Uhr aus dem alten Polizeirevier sein mußte, das mit der Planierraupe abgeräumt worden war, um Platz für dieses neue Gebäude zu machen. Ich dachte, daß der Architekt sie genommen hatte, um dem neuen Gebäude eine Aura von Geschichte zu geben. Die Uhr zeigte fast halb eins.
    Der fette Typ hinter dem großen Schreibtisch blickte auf, als ich zu ihm geschoben wurde. Ich sah, daß er verwirrt dreinblickte, als versuche er, mich irgendwo einzuordnen. Er sah mich noch mal an, diesmal genauer. Dann lächelte er spöttisch und sprach mit einem Keuchen, das zu einem heiseren Schreien geworden wäre, wenn seine schwachen Lungen das nicht verhindert hätten.
    »Beweg deinen Arsch auf den Stuhl, und halt dein dreckiges Maul«, sagte er.
    Der Fettwanst war wirklich eine Überraschung. Er sah aus wie ein echtes Arschloch. Genau das Gegenteil von dem, was ich bis jetzt gesehen hatte. Baker und sein Verhaftungsteam hielten den Betrieb aufrecht. Professionell und effizient. Die Frau mit den Fingerabdrücken war anständig gewesen. Aber dieser fette Polizeichef war eine reine Platzverschwendung. Dünnes, fettiges Haar. Schwitzend, trotz der kühlen Luft. Der fleckige, rot-graue Teint eines untrainierten, übergewichtigen Idioten. Himmelhoher Blutdruck. Versteinerte Arterien. Er sah noch nicht mal halbwegs kompetent aus.
    »Mein Name ist Morrison«, keuchte er. Als würde mich das interessieren. »Ich bin der Chef des Police Departments hier in Margrave. Und du bist ein Bastard und Mörder von irgendwoher. Du bist in meine Stadt gekommen und hast auf Mr. Kliners Privatbesitz alles durcheinandergebracht. Also legst du jetzt vor meinem Chief Detective ein volles Geständnis ab.«
    Er hielt inne und starrte mich an. Als versuche er immer noch, mich einzuordnen. Oder als warte er auf eine Antwort. Er bekam keine. Also stieß er mit seinem fetten Finger in meine Richtung.
    »Und dann kommst du in den Knast«, sagte er. »Und dann kommst du auf den elektrischen Stuhl. Und dann werde ich auf dein mickriges Scheißarmengrab einen dicken Haufen setzen.«
    Er hievte seine Körpermassen aus dem Stuhl und löste den Blick von mir.
    »Ich würde es ja selber machen«, sagte er. »Aber ich habe zuviel zu tun.«
    Er watschelte hinter seinem Schreibtisch hervor. Ich stand zwischen seinem Schreibtisch und der Tür. Als er an mir vorbeikam, blieb er stehen. Seine fette Nase befand sich in der Höhe meines mittleren Mantelknopfs. Er sah wieder zu mir auf, als würde er über irgend etwas nachdenken.
    »Ich hab' dich doch schon mal gesehen«, sagte er. »Wo war das?«
    Er blickte zu Baker und dann zu Stevenson. Als erwarte er von ihnen, daß sie zur Kenntnis nahmen, was er sagte und wann er das sagte.
    »Ich habe diesen Typen schon mal gesehen«, teilte er ihnen mit.
    Er knallte die Tür hinter sich zu, und ich blieb mit den beiden Cops zurück, bis der Chief Detective hereinkam. Ein großer Schwarzer, nicht alt, aber seine Haare wurden schon grau und lichteten sich. Gerade genug, um ihm ein aristokratisches Aussehen zu verleihen. Forsch und zuversichtlich. Gut gekleidet, in einem altmodischen Tweedanzug. Leinenweste. Auf Hochglanz polierte Schuhe. Der Typ sah aus, wie ein Chef aussehen sollte. Er wies Baker und Stevenson aus dem Büro. Schloß die Tür hinter ihnen. Setzte sich an den Schreibtisch und winkte mich zum Stuhl gegenüber.
    Ruckend zog er eine Schublade auf und nahm einen Kassettenrecorder heraus. Hob ihn hoch, bis seine Arme gestreckt waren, um das Kabelgewirr herauszubekommen. Stöpselte das Stromkabel und das Mikrophon ein. Legte eine Kassette ein. Drückte auf Aufnahme und schnippte mit dem Fingernagel gegen das Mikrophon. Hielt die Kassette an und spulte sie zurück. Drückte auf Start. Hörte das Geräusch seines Fingernagels. Spulte wieder zurück und drückte auf Aufnahme. Ich saß einfach nur da und beobachtete ihn.
    Einen Moment lang herrschte Stille. Nur ein schwaches Summen, die Klimaanlage, die Lampen oder der Computer. Oder der Recorder, der langsam vorwärtssurrte. Ich konnte das gemächliche Ticken der alten Uhr
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