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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn
Autoren: Lee Child
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Schlüssel im Schloß drehte. Es hörte sich satt und gut geölt an. Nach Präzisionsarbeit. Nach einem großen Stahlschloß. Es hörte sich an wie ein Schloß, das mir standhalten würde.
    Ich dachte, sie würden mich für eine Weile allein lassen. Normalerweise geht man so vor. Isolation verursacht den Drang zu sprechen. Der Drang zu sprechen kann zum Drang werden, zu gestehen. Eine brutale Verhaftung und eine Stunde Isolation danach, das ist eine ziemlich gute Strategie.
    Aber ich hatte mich geirrt. Sie hatten keine Stunde Isolation für mich vorgesehen. Vielleicht war dies ihr zweiter kleiner taktischer Fehler. Baker schloß die Tür auf und kam wieder herein. Er trug einen Plastikbecher mit Kaffee. Dann wies er die uniformierte Frau in den Raum. Die vom Schreibtisch im Großraumbüro. Das schwere Schloß schnappte hinter ihr zu. Sie trag einen Metallkoffer, den sie auf dem Tisch ablegte. Sie öffnete ihn und nahm einen langen, schwarzen Nummernhalter heraus. Darin befand sich eine Zahlenreihe aus weißem Plastik.
    Sie reichte mir den Halter mit einer entschuldigenden Miene von schroffem Mitgefühl, die typisch ist für Zahnarzthelferinnen. Ich nahm ihn in meine gefesselten Hände. Schielte darauf, um sicherzugehen, daß er richtig herum war, und hielt ihn unter mein Kinn. Die Frau nahm einen häßlichen Photoapparat aus dem Koffer und setzte sich mir gegenüber. Sie stützte ihre Ellbogen auf den Tisch, um die Kamera zu stabilisieren. Lehnte sich vor. Ihre Brüste berührten den Rand des Tisches. Sie war eine gutaussehende Frau. Dunkles Haar, große Augen. Ich blickte sie an und lächelte. Die Kamera klickte und blitzte auf. Bevor sie mich darum bat, drehte ich mich schon auf dem Stuhl und zeigte ihr mein Profil. Hielt die lange Nummer an meine Schulter und starrte an die Wand. Der Photoapparat klickte und blitzte wieder. Ich drehte mich in die andere Richtung und hielt die Nummer hoch. Beidhändig, wegen der Handschellen. Sie nahm mir den Halter mit einem verkniffenen Lächeln ab, das besagte: Ja, es ist unangenehm, aber notwendig. Wie eine Zahnarzthelferin.
    Dann holte sie die Ausrüstung für die Fingerabdrücke heraus. Eine neue Karte, die schon mit einer Nummer versehen war. Die Felder für die Daumen sind immer zu klein. Diese hier hatte auf der Rückseite zwei Felder für die Abdrücke der Handflächen. Die Handschellen machten das Ganze schwierig. Baker hatte mir nicht angeboten, sie abzunehmen. Die Frau versah meine Hände mit Tinte. Ihre Finger waren weich und kühl. Kein Ehering. Hinterher gab sie mir ein paar Papiertücher. Die Tinte ging damit leicht ab. So was hatte ich noch nicht gesehen, mußte neu sein.
    Die Frau nahm den Film aus der Kamera und legte ihn zu den Karten auf den Tisch. Sie packte die Kamera zurück in den Koffer. Baker klopfte an die Tür. Das Schloß klickte wieder. Die Frau nahm ihre Sachen. Niemand sagte etwas. Die Frau verließ den Raum. Baker blieb bei mir. Er machte die Tür zu, und das Schloß gab das gleiche satte Geräusch von sich. Dann lehnte er sich gegen die Tür und sah mich an.
    »Mein Chef kommt gleich«, sagte er. »Sie werden mit ihm sprechen müssen. Es gab hier einen Vorfall. Der muß geklärt werden.«
    Ich antwortete nicht. Mit mir zu sprechen würde für niemanden irgendeinen Vorfall klären. Aber der Typ verhielt sich ganz zivilisiert. Respektvoll. Also testete ich ihn. Ich hielt ihm meine Hände entgegen. Eine unausgesprochene Aufforderung, mir die Handschellen abzunehmen. Er blieb einen Moment lang regungslos, dann nahm er den Schlüssel und schloß sie auf. Befestigte sie wieder an seinem Gürtel. Blickte mich an. Ich blickte zurück und ließ meine Arme herunterhängen. Kein dankbarer Seufzer. Kein reuevolles Reiben meiner Handgelenke. Ich wollte keine Beziehung zu diesem Typen aufbauen. Aber ich sagte etwas.
    »Okay«, sagte ich. »Gehen wir zu Ihrem Chef.«
    Es war das erste Mal, seit ich das Frühstück bestellt hatte, daß ich sprach. Jetzt blickte Baker dankbar. Er klopfte zweimal an die Tür, und von außen wurde aufgeschlossen. Er öffnete sie und wies mich durch. Stevenson wartete mit dem Rücken zum Großraumbüro. Die Flinte war verschwunden. Die Verstärkung war nicht mehr da. Die Dinge beruhigten sich. Beide Officer nahmen neben mir Aufstellung. Baker faßte leicht an meinen Ellbogen. Wir gingen durch das Großraumbüro und kamen an eine Tür auf der anderen Seite. Stevenson drückte sie auf, und wir betraten ein großes Büro. Alles aus
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