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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn
Autoren: Lee Child
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bin weiß. Ich bin sehr groß. Mein Haar ist hell. Ich saß hier in einem langen, schwarzen Mantel. Ich hatte keine Kopfbedeckung, Auch keinen Koffer. Ich war fast vier Stunden lang an diesem Morgen auf der Landstraße gewandert. Von acht bis etwa Viertel vor zwölf.
    »Wie lang ist die Landstraße?« fragte ich. »Vom Highway bis hierher?«
    Finlay dachte nach.
    »Etwa vierzehn Meilen, schätze ich«, antwortete er.
    »Okay«, sagte ich. »Ich bin den ganzen Weg vom Highway bis in die Stadt gelaufen. Etwa vierzehn Meilen. Viele Leute müssen mich gesehen haben. Das will nichts heißen.«
    Er antwortete nicht. Ich gewann Interesse an der Situation.
    »Ist das Ihr Distrikt?« fragte ich ihn. »Die ganze Strecke bis zum Highway?«
    »Ja, so ist es«, sagte er. »Die Zuständigkeit ist eindeutig. So kommen Sie hier nicht raus, Mr. Reacher. Die Stadt dehnt sich vierzehn Meilen weit aus, genau bis zum Highway. Das Gewerbegebiet da draußen ist mein Bereich, darüber gibt es nichts zu diskutieren.«
    Er wartete. Ich nickte. Er fuhr fort:
    »Kliner hat die Anlage gebaut, vor fünf Jahren«, sagte er. »Haben Sie schon von ihm gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wie sollte ich von ihm gehört haben?« sagte ich. »Ich war ja noch nie hier.«
    »Er ist ein großes Tier in der Gegend«, sagte Finlay. »Sein Betrieb da draußen bringt uns eine Menge Steuern, ist sehr gut für uns. Viel Geld und viele Vorteile für die Stadt ohne große Nachteile, weil das Ganze so weit draußen ist, klar? Also versuchen wir, für ihn darauf aufzupassen. Aber jetzt ist das Gelände der Tatort für ein Tötungsdelikt geworden, und Sie haben uns eine Menge zu erklären.«
    Der Mann machte nur seinen Job, aber er verschwendete meine Zeit.
    »Okay, Finlay«, sagte ich. »Ich werde eine Erklärung abgeben und jede kleinste Einzelheit beschreiben, die ich gemacht habe, und zwar von dem Zeitpunkt an, da ich Ihre lausige Stadtgrenze überschritten habe, bis ich mitten in meinem verdammten Frühstück hierhergeschleppt wurde. Wenn Sie damit etwas anfangen können, dann kriegen Sie von mir einen verdammten Orden. Denn ich habe nichts anderes getan, als fast vier Stunden im strömenden Regen einen Fuß vor den anderen zu setzen, und zwar Ihre ganzen, so verdammt kostbaren vierzehn Meilen weit.«
    Das war die längste Ansprache, die ich die letzten sechs Monate gehalten hatte. Finlay saß nur da und starrte mich an. Ich beobachtete, wie er mit dem Grundproblem eines jeden Detectives kämpfte. Sein Bauch sagte ihm, daß ich vielleicht doch nicht sein Mann war. Aber ich saß ja vor ihm. Was sollte ein Detective da machen? Ich ließ ihn überlegen. Versuchte, den richtigen Zeitpunkt für einen Schubs in die richtige Richtung abzupassen. Ich wollte ihm etwas über den wahren Täter sagen, der noch herumlief, während er hier seine Zeit mit mir verschwendete. Das würde seine Unsicherheit vergrößern. Aber er machte den ersten Schritt. In die falsche Richtung.
    »Keine Erklärungen«, sagte er. »Ich stelle die Fragen, und Sie werden sie beantworten. Sie sind Jack Niemand Reacher. Keine Adresse. Kein Ausweis. Was sind Sie? Ein Landstreicher?«
    Ich seufzte. Es war Freitag. Die große Uhr zeigte an, daß der Tag schon mehr als halb vorüber war. Dieser Typ namens Finlay wollte mich sorgfältig in die Mangel nehmen. Ich würde das Wochenende in einer Zelle verbringen. Wahrscheinlich erst Montag rauskommen.
    »Ich bin kein Landstreicher, Finlay«, sagte ich, »Ich bin ein Vagabund. Das ist ein großer Unterschied.«
    Er schüttelte langsam den Kopf.
    »Kommen Sie mir nicht so, Reacher«, sagte er. »Sie stecken tief in der Scheiße. Üble Dinge sind hier passiert. Unser Zeuge hat gesehen, wie Sie den Tatort verließen. Sie sind ein Fremder ohne Ausweis und ohne Hintergrund. Also kommen Sie mir nicht so.«
    Er machte immer noch seinen Job, aber er verschwendete auch immer noch meine Zeit.
    »Ich habe keinen Tatort verlassen«, sagte ich. »Ich bin eine verdammte Straße entlanggelaufen. Das ist ein Unterschied, nicht wahr? Wenn Leute einen Tatort verlassen, rennen sie und verstecken sich. Sie gehen nicht mitten auf der Straße. Was ist dabei, auf einer Straße zu gehen? Ständig gehen irgendwelche Leute auf irgendwelchen verdammten Straßen, oder etwa nicht?«
    Finlay lehnte sich vor und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er. »Seit der Erfindung des Automobils läuft niemand mehr eine solche Strecke. Also, warum haben Sie keine Adresse? Woher kommen Sie?
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