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Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut

Titel: Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
Autoren: Lori Handeland
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1
    Schon immer habe ich die Dunkelheit des Mondes geliebt, wenn die Nacht still und klar ist und man nur die Sterne sehen kann.
    Es gibt jene, die den Dunklen Mond als Neumond bezeichnen, doch am Mond ist nichts neu. Er war hier seit Anbeginn der Zeit und wird auch lange nach unserem Tod noch bestehen.
    Ich verbringe meine Tage und den Großteil meiner Nächte in einer Steinfestung in der Wildnis Montanas. Von Beruf bin ich Ärztin, allerdings nicht eine von denen, die Impfungen durchführen, Tabletten verschreiben und anschließend Lutscher verteilen. Stattdessen mische ich ein wenig von diesem mit ein wenig von jenem, und das immer und immer wieder.
    Meine Berufsbezeichnung lautet „Virologin“, und ich besitze sogar einen Doktortitel. Keine Sorge, ich werde nicht vor Aufregung darüber sterben. Schon eher vor Langeweile, falls die Einsamkeit mich nicht zuerst umbringt.
    Natürlich bin ich nicht ganz allein. Vor meiner Tür steht ein Wächter, und dann gibt es auch noch meine Versuchspersonen, aber keiner von ihnen ist ein wirklich toller Gesprächspartner. Seit einiger Zeit habe ich das Gefühl, beobachtet zu werden, was mir ziemlich ironisch vorkommt, wenn man bedenkt, dass ich diejenige bin, die für die Überwachungskameras zuständig ist.
    Paranoia ist eines der ersten Anzeichen für Demenz; bloß, dass ich mich gar nicht verrückt fühle . Tut das irgendwer? Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass ich öfter rauskommen muss. Aber wo sollte ich hingehen?
    An den meisten Tagen macht es mir nichts aus, am sichersten Ort im amerikanischen Nordwesten eingesperrt zu sein. Die Welt da draußen ist ziemlich beängstigend. Beängstigender, als die meisten Menschen auch nur ahnen.
    Ihr denkt, Monster seien nicht real? Dass sie nichts weiter sind als die Ausgeburt einer kindlichen Fantasie oder wahnhafter Psychosen? Ihr täuscht euch.
    Auf dieser Erde wandeln Kreaturen, die schlimmer sind als alles, was in den Märchen der Gebrüder Grimm zu finden ist. Unsolved Mysteries würde der Schlag treffen, wenn sie Einblick in meine X-Akten bekämen. Aber da Lykanthropie ein Virus ist, sind Werwölfe mein Spezialgebiet. Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht, nach einem Heilmittel zu suchen.
    Ich habe ein persönliches Interesse daran. Schließlich bin ich eine von ihnen.
    All die klugen Köpfe behaupten, dass ein Leben geformt wird von Veränderungen, von Entscheidungen, die wir treffen, durch Wege, die wir nicht beschreiten, durch Menschen, die wir hinter uns zurücklassen. Ich tendiere dazu, ihnen zuzustimmen.
    An dem Tag, als sich meine ganze Welt verändert e – wieder einma l – , trat der Mensch, den ich hinter mir zurückgelassen hatte, ohne Vorwarnung in mein Büro. Ich saß an meinem Schreibtisch, als das Scharren eines Schuhs auf Zement mich aufblicken ließ. Der Mann, der da in der Tür stand, ließ mein Herz ba-bumm machen. Das war immer so gewesen.
    „Nic“, murmelte ich und hörte in meiner Stimme mehr, als ich hören wollte.
    Die markante Nase, die vollen Lippen, die breite Stirn waren noch genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Doch die Falten um Mund und Nase, die dunklere Tönung seiner Haut deuteten darauf hin, dass er viel Zeit unter freiem Himmel verbrachte. Der silbrige Schimmer in seinem kurzen Haar war fast so schockierend wie sein unerwartetes Auftauchen hier.
    Weder lächelte er, noch erwiderte er meine Begrüßung. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Ich hatte ihm Liebe geschworen, dann war ich verschwunden. Wir hatten seitdem nie wieder miteinander gesprochen.
    Sieben Jahre. Wie hatte er mich gefunden? Und warum?
    DieNeugierdewurdevonBesorgnisverdrängt,undichschobmeineHandverstohlenzuderSchublade,inderichmeinePistoleaufbewahrte.DerWachmannhattenichtangerufen,umeinenBesucheranzukündigen,deshalbsollteicheigentlicherstschießenundanschließendFragenstellen.InmeinerWeltkonntehinterjedemGesichtderFeindlauern.Abereswarmirschonimmerschwergefallen,Menschenzuerschießen.WaseinerdervielenGründedafürwar,warummeinBossmichhierimWaldisolierte.
    Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt, ein Schulterholster unter einem Anzug zu erkennen. Nic trug eins. Eine verstörende Veränderung an einem Mann, der früher gleichermaßen gelehrt wie verträumt gewesen war, der das Gesetz geliebt hatte und mich, wenn auch nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge. Warum trug er eine Waffe bei sich?
    Da er sie noch nicht gezogen hatte, kam ich ihm zuvor, indem ich meine auf seine Brust richtete. Sie war mit
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