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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Autoren: Klaus Kreiser
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Kirche einstürzte und in tausend Stücke zerbrach. Die Mönche, die Priester, die Patriarchen, die Herren und die Söhne der Herren, Yanko, der Sohn des Madyan, und die Soldaten und die Leute, die sich hier befanden, blieben unter den Ruinen und gingen zugrunde.
    Der Verfasser bringt den Bauschutt, der sich zu seiner Zeit unweit der Aya Sofya befand, mit diesem Ereignis zusammen. Yankos Sohn Buzantin machte sich an den Wiederaufbau der Stadt seines Vaters mit steinernen Palästen, Wohnhäusern, Karawanserails, Kirchen und Bädern. Dabei treffen sie Vorkehrungen gegen etwaige Unglücksfälle:
    Sie errichteten solche Gebäude für den Fall, daß ein Erdbeben auftritt oder ein Blitzschlag, wie es zur Zeit Yankos, des Sohns des Madyan, geschah. Es liegt an dieser Furcht, daß sie diese Gebäude unterirdisch angelegt haben. Aus diesem Grund ist Konstantinopel heute in zwei Stockwerken errichtet. Aus diesem Grunde findet man noch heute, wo immer man gräbt, mächtige Konstruktionen, die aus dieser Zeit stammen. In der Folge flüchteten die Einwohner dieser Epoche bei jedem Donnerschlag, bei Blitz oder Regen in die unterirdischen Bauwerke und kamen wieder heraus, wenn das Gewitter vorbei war. So verhielten sie sich. Sie glaubten, daß so angelegte Bauten keine Erdstöße zu befürchten hatten.
    Auch Buzantin fordert Gott durch heidnisches Treiben heraus. Er zwingt die Leute, ihn anzubeten, während er auf dem Standbild eines Elefanten sitzt. Gott straft die Stadt, indem er die Pest schickt, worauf die Stadt aufgegeben wird.
Konstantinopel, Stambul oder Istanbul und andere Namen mehr
    Die klassischen Dichter sprechen von Istanbul, Kostantinîye (der arabisierten Form von Konstantinupolis) und İslâmbol («Von Islam erfüllt»). Alle drei Formen erscheinen auch auf amtlichen Dokumenten wie Urkunden und Münzen, İslâmbol allerdings nur im frühen 18. Jahrhundert. Ob der Name Stambul bzw. Stanbol von dem griechischen
eis tin polin
oder
stin poli
(«in der Stadt») abzuleiten oder eine Verstümmelung von Konstantinopolis ist, muss uns hier nicht beschäftigen. Immerhin ist die Form Istanbol bzw. Istanpol schon in armenischen Quellen belegt, welche der Eroberung der Stadt mehrere Jahrhunderte vorausgehen.
    Das in fremden Ohren bombastisch klingende «Pforte der Glückseligkeit» (
Dersaâdet
) wird noch im frühen 20. Jahrhundert ganz selbstverständlich und durchaus nicht nur als schmückender Zusatz verwendet. Erst nachdem Ankara zur Hauptstadt erklärt wurde (1923), verschwand Dersaâdet aus dem offiziellen Gebrauch. Namen wie «Pforte der Glückseligkeit» konkurrierten schon deshalb mit allen möglichen Varianten vonIstanbul, weil man unter Istanbul sowohl die Gesamtheit der Teilstädte mit Galata, Eyüp und Üsküdar verstehen konnte, als auch die Altstadt auf der keilförmigen Landzunge zwischen Goldenem Horn und Marmarameer.
    Zahllose Bauwerke und Örtlichkeiten des alten Istanbul haben nur noch in den Namen von Stadtteilen, Straßen und Plätzen überdauert. Es verwundert nicht, dass sich byzantinisches Namengut gehalten hat. Fener (von
phanar
«Leuchtturm») ist der Stadtteil mit dem gegenwärtigen Patriarchatssitz. Die hier residierenden «phanariotischen» Familien haben in osmanischer Zeit als Vertreter der Sultansregierung in den Donaufürstentümern Geschichte gemacht. Gleichfalls verdankt das asiatische Fenerbahçe (das die meisten Istanbuler mit dem Fußballclub assoziieren) seinen Namen einem noch heute sichtbaren Leuchtturm, dessen Vorgänger am Rande eines Gartenpalastes stand. Vorosmanische Viertelnamen sind u.a. Samatya, İstinye und Tarabya (auch wer er kein Griechisch gelernt hat, erkennt beim zuletzt genannten die Bedeutung von Therapeia «Heilbad»). Nicht alle griechische Namen gehen auf die Epoche vor 1453 zurück. Bis in die Republik hinein war der große Stadtteil Kurtuluş («Befreiung») als Tatavla (von einem griechischen Wort
tavla
«Stall») geläufig. Vergleichbare Umbenennungen sind Makrihorion («Langdorf») in Bakirköy («Kupferdorf») bzw. Aya Stefanos in Yeşilköy («Gründorf»).
    Manche Orte wurden gleichzeitig mit dem vorosmanischen und dem türkischen Namen bezeichnet. Ein Wohnviertel hieß aber in aller Regel nach einer Moschee, Kirche oder Synagoge, eben dem Kern der
Mahalle
. In Kağithane erinnert nichts mehr an die ehemalige Manufaktur («Papierhaus»). In Kadirga wissen nur Eingeweihte, dass sie in einem zugeschütteten Galeerenhafen wohnen. Nicht wenige Stadtteil- und
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