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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Autoren: Klaus Kreiser
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wichtigsten Stellennachweise liefern.

I.
Konstantiniye:
Legenden um die Gründung und
Eroberung der Stadt
Die Sieben Hügel
    Für die Osmanen war das von Land- und Seemauern eingeschlossene Dreieck selbstverständlich die wichtigste unter den «Vier Städten», nämlich den Kadiamtsbezirken von Istanbul, Eyüp, Galata und Üsküdar. Das etwa 17 km 2 große Gebiet des vereinfachend «Altstadt» genannten Zentrums erstreckt sich zwischen Goldenem Horn, Bosporus, Marmarameer und thrakischem Vorland. Die «Sieben Hügel» der Reiseführerliteratur sind im Stadtbild nicht sehr auffällig. Der erste Hügel vor der Hagia Sophia (Aya Sofya) erhebt sich nur 44 m über dem Meer. Der höchste Punkt der Altstadt liegt beim Edirne Kapi (77 m) und gilt als sechster Hügel. Zum Vergleich: Der Valens-Aquädukt (Bozdoğan Kemeri) erreicht eine Höhe von ca. 61 m. Istanbul verdankt seine einmalige Silhouette den großen Hauptmoscheen. Das gilt insbesondere für die an Stelle der Apostelkirche errichtete Fatih-Moschee auf dem vierten Hügel. Die im 16. Jahrhundert entstandenen Moscheen der Sultane Bâyezîd II., Selîm I. und Süleymân I. und des Prinzen Mehmed (Sehzâde) befinden sich eher an den Hängen des dritten bzw. fünften (Selîmîye) Hügels und nicht auf ihrem höchsten Punkt. Der zweite Hügel (Nuruosmaniye) wurde erst im 18. bzw. 19. Jahrhundert mit einer Moschee gekrönt. In der Nähe der siebten Erhebung befindet sich die Moschee des Koca Mustafa Pascha (ehemaliges Andreas-Kloster).
    Vor der Einrichtung einer modernen Kommunalverwaltung war die Altstadt in dreizehn Unterbezirke (
nâhiyes
) gegliedert, die mit Ausnahme des zwölften (Topkapi = Kanonentor innerhalb der Landmauern) nach Hauptmoscheen benannt wurden. Die
Nâhiye
der Aya Sofya wurde in den Unterlagen der Verwaltung immer an erster Stelle genannt. Die
Nâhiyes
waren im Bewusstsein der Einwohner viel weniger wichtig als ihreUntergliederung in Mahalles genannte Quartiere. Die Altstadt zählte im Jahr 1546, auf dem Höhepunkt von Süleymâns I. Herrschaft, 219 überwiegend muslimische
Mahalle
, zu denen man einige Dutzend nichtmuslimische rechnen muss. Eine muslimische
Mahalle
bestand in der Regel aus einer
Mescid
und einigen Dutzend Wohnhäusern. Die Wohnhäuser und damit die Familien bildeten die kleinste fiskalische Einheit.
Nâhiyes
und
Mahalles
entsprachen übrigens in ihrer Größenordnung den 14 byzantinischen Regionen bzw. 322 Nachbarschaften. Unter den
Mahalles
gab es Sonderfälle, so das zentrale Basarviertel, in dem fast keine Familien lebten. Ende des 19. Jahrhunderts zählte zum Beispiel die Mahalle von Mahmûd Paşa 3812 männliche, aber nur 28 weibliche Bewohner. Die Erklärung liegt in der Konzentration zahlreicher Junggesellenunterkünfte. In den eigentlichen Wohnquartieren wurden unverheiratete Männer (von Frauen ganz zu schweigen) ungern geduldet.
Die Gründung der Stadt in osmanischer Überlieferung
    Der unbekannte Verfasser einer Chronik des späten 15. Jahrhunderts hat sich ausführlich mit der Vorgeschichte des osmanischen Istanbul befasst. Er beginnt seine Erzählung mit dem auch sonst gut verbürgten Interesse Mehmeds II. an der Antike:
    Nachdem er Konstantinopel erobert hatte, betrachtete Sultan Mehmed so viele prachtvolle Gebäude, daß er in Staunen verfiel und zu dem Schluß kam, daß sie nicht von Menschenhand errichtet sein konnten. Er ließ christliche Geistliche zusammenrufen, Patriarchen, Kenner der Geschichte der Römer und des Frankenlandes und wollte herausfinden, wer diese Bauten in Istanbul errichtet hatte. Er wollte wissen, wer hier gelebt hatte, wer sich hier zum König hatte ausrufen lassen und wer hier die Herrschaft in Händen hatte. Die Kenner der Geschichte unter den Patriarchen, den Geistlichen und den Mönchen Roms versammelten sich, und er befragte sie nach denen, die diese Bauwerke hinterlassen hatten, und nach denen, die in dieser Stadt geherrscht hatten. Sie unterrichteten Sultan Mehmed entsprechend ihren Kenntnissen und aufgrund ihrer Bücher. Jede Gruppe der Anwesenden erzählte gemäß den Worten ihrer Meister und den Traditionen ihrer Chronisten.
    Die große Erzählung beginnt beim Propheten Salomon, der einen hochmütigen fränkischen Herrscher namens Ankur, der ihm nicht huldigenwollte, überwältigte und dem er den Kopf abschlagen ließ, nachdem er ihm das Angebot gemacht hatte, zum wahren Glauben überzutreten. Ankur hatte eine Tochter namens Şemsîye, «voller Anmut und von unvergleichlicher
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