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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Autoren: Klaus Kreiser
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und Bildung gibt es keinen Ort
Der Istanbul gleicht als aufnahmebereiter Hort.

Wie weit auch die Sonne die Welt durchstreicht,
    Sie trifft auf keine Stadt, die Istanbul gleicht.

Buchschmuck, Malerei, Kalligraphie und Vergoldungskunst
Sie alle sind in Istanbul in Glanz und Schönheit vorhanden.
    Es gibt noch eine Anzahl weiterer Sorten von Kunsthandwerk,
Von denen man draußen (in der Provinz) nicht einmal den Namen kennt.
    Wie sollen auch die Leute außerhalb des Hauses wissen, was sich in seinem Inneren tut,
Wie die Leute am Meeresstrand kennen, was auf seinem Grunde ruht.
    Die wirklichen Kenner sind dort anzutreffen,
Von Gesang, Musik und Tanz.
    Unvermittelt geht Nâbî von der Betrachtung des entwickelten Kunsthandwerks zu den Freuden eines Bootsausflugs auf dem Bosporus über.Schnell wie ein Vogel oder ein Windross gleitet man über das Meer, die Ruder des Boots werden zu Flügeln, man gebietet wie Salomon den Wassern und Winden, wenn vierzig oder fünfzig Örtlichkeiten, eine jede so groß wie Mekka, vorbeiziehen. Nâbîs Verse erwähnen keinen von den Sultanen bewohnten Palast, keine von ihnen gestiftete Moschee, allein die Hagia Sophia wird mit zwei Versen gewürdigt:
    Die Aya Sofya ist in der Tat ein Wunder der Zeit
Ihre Kuppel der achte unter den Planeten der Sonne.
    Dergleichen haben wir in keinem Land erblickt,
Im Paradies mag noch einmal sein solche Wonne.
    Am Ende des Kapitels beklagt Nâbî das Bildungsdefizit in den Provinzen der osmanischen Länder: Allein Aleppo (verständlich, er lebt ja dort) könne neben der glanzvollen Hauptstadt bestehen.
    Kein Stäubchen Bildung ist heute übrig
In den Provinzen
    Gebildete sucht man vergeblich,
Das Buch ist in die Ecke des Vergessens gefallen.
Der Wechsel der Jahreszeiten
    Für die osmanischen Dichter war Istanbul im Wechsel der Jahreszeiten eine immer wiederkehrende Herausforderung. Es versteht sich, dass Oden an den Frühling den Gedichten über den Herbst oder Winter den Rang ablaufen. Die Vierzeiler, welche der aus Priştina stammende, wahrscheinlich zur Zeit Selîms I. (1512–1520) verstorbene Mesîhî auf den Frühling verfasste, gehören zu den prominentesten Beispielen osmanischer Dichtkunst. Das gilt ausnahmsweise auch für die europäische Leserschaft, weil einige Verse schon im 18. Jahrhundert in europäischen Zeitschriften und Anthologien erschienen. Hier folgt ein Auszug aus der Übertragung von Annemarie Schimmel:
    Höre der Nachtigall Worte «Der Lenz kam so schön!»
Sieh, wie im Garten Gedränge der Lenz läßt entsteh’n!
Mandelblüte ihr Silber im Lenz läßt verwehn –
Trinke, sei fröhlich! Vergeh’n wird der Lenz, nicht besteh’n!

Schmückt sich mit Blüten, mit frischen, der Garten nun bunt,
Bauen die Blüten zum Feste rings Zelte im Rund.
Weiß man, wer tot ist im künftigen Lenz, wer gesund?
Trinke, sei fröhlich! Vergeh’n wird der Lenz, nicht besteh’n!


Früh auf die Gärten aus Wolken die Perlenlast rinnt,
Duft von tatarischem Moschus bringt morgens der Wind –
Du sei nicht lässig: der Welt Liebestage jetzt sind:
Trinke, sei fröhlich! Vergeh’n wird der Lenz, nicht besteh’n!
    In einem Herbstgedicht von Bâkî (1526–1600), einem Hauptvertreter der osmanischen klassischen Dichtung, ist die Naturschilderung mit einer weniger düsteren
Vanitas
-Stimmung unterlegt als bei Mesîhî:
    Kein Zeichen man vom Frühlingsglanz mehr fand;
Die Blätter fallen achtlos hin im Land.
    Die Bäume zogen Klausner-Kutten an,
Der Herbstwind raubt Platanen ihre Hand.
    Zum Strom hinunter fließt der Bäume Gold,
Denn Gunst von ihm erhofften sie am Strand.
    Bleib’ nicht im Garten! Wie im Wind er schwankt!
Leer jeder Ast von Blatt und Früchten stand.
    Im Garten liegen Blätter wild verwirrt,
Als klagten sie um Schicksalsturmes Brand.
    Viel seltener sind Gedichte, die den Winter zum Thema haben. Die von Necâtî Bey (starb 1509) verwendeten Metaphern für Schneeflocken und Wolken sind für moderne Leser sicher ungewohnt. Ob die deutschen Reime Joseph von Hammer-Purgstalls (1774–1856) alle gelungen sind, mag er beurteilen.
    Da Schneeheuschrecken aus der Luft geschneit,
Hofft Ernte nicht vom grünen Feld der Freud’!
Die Wolken gleich Kamelen erdwärts schäumen,
Des Frohsinns Karawane packt ohn’ Säumen.
Wo ist die Kerze Sonn’ mit Strahlen, lichten?
Wer brennt sie an, Schneefalter zu vernichten?
Wind zieht ein Eiskastell um Flüsse her
Der Sonne Kugeln fällt Erob’rung schwer!
Die Sonne sucht am Mittag man mit Kerzen;
Aus
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