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Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)

Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)

Titel: Isarhaie: Der vierte Fall für Max Raintaler (German Edition)
Autoren: Michael Gerwien
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verarschen. Einfach so, um sie zu
ärgern. Schließlich wusste man nie so genau, was in den Frauen vorging. Siehe
doch bloß Monika oder Traudi.

29
     
    Max schlenderte gemütlich durch
die Isarauen heimwärts. Er hatte sich nach der dritten Maß von seinen beiden
Freunden verabschiedet und war gegangen. Er schien eben ein typischer
Dreibiertrinker zu sein, und die gingen nun mal nach dem Dritten heim. Logisch.
Zudem befand er sich nach drei Maß in der Regel in seinem idealen
Wohlfühlzustand. Weniger reichte nicht dafür aus, mehr war zu viel.
    Radfahrer
mit und ohne Licht, Pärchen und Gruppen lautstark singender oder diskutierender
Biergartengäste begleiteten ihn auf seinem Weg durch die sommerlich warme
Nacht. Herrlich, außer einem T-Shirt und Jeans brauchte man zurzeit nichts anzuziehen.
Schon bald würde sich das wieder ändern. Erst kam die Wiesn, und dann war es
nicht mehr weit bis zur Adventszeit und ihren nasskalten kurzen Tagen, an denen
man sich am liebsten irgendwo in den Süden zaubern würde.
    Man
sollte lernen, in der Gegenwart zu leben, philosophierte er. Andauernd dachte
man nur an morgen und übermorgen oder in vielen Fällen sogar an die Termine im
nächsten Jahr. Man hegte Befürchtungen, von denen niemand sagen konnte, ob sie
jemals eintreffen würden, und hielt sich mit weiteren unnötigen Spekulationen
auf. Das Hier und Heute blieb dabei völlig auf der Strecke. Obwohl das der
einzig wichtige Zustand war, weil es eben genau derjenige war, in dem man sich
augenblicklich befand. Morgen war noch nicht da. Gestern war vorbei und zählte
nicht mehr. Höchstens als Grundlage dafür, aus begangenen Fehlern zu lernen.
Wie hatte es Karl Valentin gleich wieder so treffend bemerkt? ›Die Zukunft ist
auch nicht mehr, was sie einmal war‹. So oder so ähnlich. Auf jeden Fall
genial. Und auf jeden Fall beruhigend zu wissen, dass es kluge Leute wie ihn
gegeben hat. Heutzutage herrschte zu viel oberflächliches Gelaber vor.
Gleichmacherei, Glotze, Kleinhalten und Urlaubssperre waren die Zauberworte,
mit denen die Masse kontrolliert wurde. Existenzangst, Esoterik und
medizinische Gängelei waren die Substitute für Freiheit und Menschenwürde
geworden. Werbesprüche wie ›Ich will so bleiben, wie ich bin‹ oder ›Geiz ist
geil‹ waren die Credos, die eine ganze Armada von betriebsblinden
Großstadtjoggern mit Musik auf den Ohren durch die Isarauen begleiteten. Jeder
wusste über alles Bescheid, und jeder wähnte sich im Recht, obwohl, genau
besehen, niemandem die wirklich relevanten Informationen zugänglich waren. Zum
Beispiel über das, was in Wahrheit Recht war. Das Heute war dabei in
Vergessenheit geraten. Das störte offensichtlich nur. Logisch.
    Apropos
betriebsblind, schoss es Max durch den Kopf. Was wäre denn, wenn nun doch
irgendein durchgeknallter Serientäter in der Birkenau Jagd auf Rothaarige
machte? Einer, der weder etwas mit Woller, Weidenbrecher oder Meierbär zu tun
hatte. Maria und Elli waren seine ersten beiden Opfer. War Traudi dann nicht
ebenfalls bereits die ganze Zeit über in Gefahr? Aber sicher. Er sollte
unbedingt noch mal bei ihr vorbeischauen, um sie wenigstens zu warnen, wenn sie
sonst schon nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Doch, doch. Das musste er
tun. Auf jeden Fall.
    Er
legte einen Zahn zu und überquerte die Brudermühlbrücke. Auf der anderen Seite
marschierte er vor bis zur Gerhardstraße, bog links in sie ein und folgte ihr,
vorbei an der Garageneinfahrt, in der er Maria aufgefunden hatte, bis zur neu
errichteten Betonwüste Hans-Mielich-Platz. Jetzt musste er nur noch durch die
Eisenbahnunterführung zu seiner Linken hindurch, dann war er so gut wie bei
ihr. Fünf Minuten später erreichte er ihr Haus. Im ersten Stock brannte Licht.
»Endlich bist du wieder da. Gott sei Dank«, murmelte er und wollte gerade auf
die Klingel drücken, als er einen schrillen Schrei aus dem Inneren des Hauses vernahm.
Sein Daumen zuckte zurück. Verdammte Scheiße, was war da los? Drehte Traudi
endgültig durch und schrie ihre Wände an? Oder hatte er recht gehabt und der
Killer war bereits bei ihr? In diesem Fall durfte er ihn auf keinen Fall durch
sein Klingeln vorwarnen, wenn er ihn überwältigen wollte. Außerdem war es gut
möglich, dass er sie dann vor Schreck auf der Stelle umbrachte. Was blieb also
zu tun? Richtig. Leise ins Haus gelangen und nach dem Rechten sehen. Er würde
sich dabei ganz auf seine Qualitäten als ausgebildeter Nahkämpfer verlassen
müssen.
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