Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe
Autoren: Otto Julius Bierbaum
Vom Netzwerk:
Ende.
     
     

Sinngedichte
     
Kleiner, hüte dich!
    Worte werfen die Wahrheit nicht um, doch wackelt sie manchmal,
    Wenn von rechts und von links Wortegestöber krawallt.
    Leider genügt das bereits, denn wackelnde Wahrheiten werden
    Gerne von hoch und gering eilig als Irrtum geschätzt.
    Steht aber Unsinn recht stramm, breitbeinig und wuchtig im Erdreich,
    Fühlt sich die Menge zu ihm wie mit Magneten gelenkt,
    Klebt wie der Eisenfeilspahn daran fest und fühlt sich geborgen,
    Denn das Feste allein bietet den Wankenden Schutz.
    Wehe dir, Männchen mit Spaten und Beil, wenns keck dich gelüstet,
    Auszugraben den Stamm, der so gar viele beschützt!
    Bist du nicht stark wie der Sturm, der knorrige Eichen entwurzelt,
    Nageln sie dich mit Gehöhn an den geheiligten Stamm.
    Und es geschieht dir recht, denn der schändlichste Dilettantismus
    Ist es, fürs Große ins Feld als ein Pygmäe zu ziehn.
    Ehrfurcht gebietet die Kraft auch als Wahn; sie niederzukämpfen
    Ziemt nur wieder der Kraft; Macht gebührt nur der Macht.
     
     
Wahrheit und Wahn
    Wo wächst die Wahrheit?
    Hinter dem Zaun, im Feld,
    Tief in der Wiese, im Wald:
    Ueberall, überall.
     
    Aber über sie her
    Weht seine Halme der Wahn,
    Die Brotfrucht.
     
    Willst du ihn ernten, den nährenden, greif
    Zu Sichel und Sense.
    Aber die Wahrheit zu pflücken genügt
    Die Hand eines Kindes.
     
    Drum siehst du sie öfter im Strauße des Dichters,
    Als in den Tennen der klugen Leute.
     
     
Frage- und Antwort – Spiel
    Der Sohn fragt:
     
    Wohin käm ich,
    Vater, wenn ich
    Aufwärts immer höher stiege?
    Wohin komm ich,
    Vater, wenn ich
    Steilauf durch die Lüfte fliege?
     
    Der Vater antwortet:
     
    Flieg und steige in die Ferne!
    Steig und fliege und verlerne,
    Daß ein Dort ist und ein Hier.
    Steigend lernst du es begreifen:
    Alles Indiehöheschweifen
    Bringt am Ende dich zu dir.
     
     
Eigentum
    Du hast gekauft und du erworben,
    Du hast geerbt, wie dein Vater gestorben:
    Ihr sitzt im Recht.
    Aber der Erste, der euer Land besessen,
    Hat sichs mit Keulen zugemessen,
    Hat sichs erfrecht.
    Wahrlich, ich sage euch: Fragt nicht zurück!
    Auf dem Grunde des Grundbuchs steht: Recht ist Glück.
    Machts wie jener, der sich erfrechte:
    Behauptet mit Keulen euch in euerm Rechte
     
    – Wenn aber nun wiederum Einer käme
    Und sich die Keule zur Elle nähme
    Und uns beim Kragen ...? ...
     
    Weiß keinen Rat als: wehrt euch gut!
    Fehlts aber euch an Kraft und Mut,
    Soll er hinaus euch jagen.
     
     
Parabel
    (Herrn Franz von Lenbach zugeeignet.)
     
    Herr Lehmann wollt sich malen lan,
    Hub drum zu Lenbach z'reden an:
    »Herr Meister, Ihr sollt mich konterfein!
    Doch solls ein feines Bildnus sein:
    Ein Bild voll Schönheit, Geist und Kraft,
    Ein Ehrenmal der Lehmannschaft.
    Mein treues Auge, deutsch und blau,
    Daß es recht gottesfürchtig schau!
    Meiner Lippen roter Bogenschwung
    Verrate heilge Begeisterung
    Für alles, was da groß und wahr:
    Baut meine Stirne hoch und klar,
    Und laßt die Locken golden wallen!
    Meine Nase soll meiner Frau gefallen
    (Sie liebt die langen, graden, schmalen):
    Was Ihr verlangt, ich wills bezahlen.«
     
    Der Meister durch das Brillenrund
    Schaut nieder auf Herrn Lehmann und
    Er spricht:
    »Herr Lehmann, Euer wohledel Gesicht
    Eignet sich zu einem Adonis nicht!
    Ihr seid ein guter Lehmann zwar,
    Doch ein Apoll nicht eben gar.
    Euer Auge blickt ein wenig schiel,
    Eure Nase staunt zum Himmel zu viel,
    Eurer Locken blonden Scheitelkranz,
    Die Zeit hat ihn gelichtet ganz.
    Ihr seid ein Bürger unzweifelhaft bieder,
    Doch Eure Stirn ist gedrückt und nieder,
    Auch geht Eurer Lippen Schwung die Quere –
    Herr Lehmann, ich bedaure sehre.«
    Groß sah den Meister Herr Lehmann an,
    Dacht bei sich: Das ist ein grober Mann!
    Ist auch von den Realisten verdorben;
    Der Idealismus ist ausgestorben.
    Oh, diese Zeiten, diese krassen!!
    Kein Biedermann kann sich mehr malen lassen.
     
     
Ehemarterl
    Hier fiel ich, steh, Wandrer, und bet ein Gebet,
    In die Hände meiner Frau, der Anna Margreth;
    Es war am fünfundzwanzigsten Mai,
    Als ich ging an diesem ††† Baume vorbei,
    Hinter dem sie ganz von ungefähr stand;
    Ich sagte Guten Abend und gab ihr die Hand.
    Damals war ich ein Junggesell,
    Und deshalb verliebte ich mich sehr schnell;
    Sie behauptete von sich selber das Gleiche
    Und verlangte, daß ich die Hand ihr reiche
    Nächstens und schleunigst auch am Altar,
    Der zufällig hier in der Nähe war.
    Und deshalb, weil dieses wirklich geschehn,
    Sag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher