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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug
Autoren: M Bomm
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irgendjemand, verdammt noch mal, müsste doch an so einem Sommermorgen etwas gesehen oder gehört haben. So eine Propellermaschine startet doch nicht lautlos.”
    „Sie gehen also davon aus, dass das Verschwinden der Cessna mit dem Tod der Frau zu tun hat?”, fragte ein anderer Beamter nach und verstaute ein Maßband in einem Alukoffer.
    „Liegt doch nahe, Kollege. Oder glauben Sie, da kommt eine Frau zu Tode, wie auch und warum auch immer, und ein ganz anderer klaut unabhängig davon ein Flugzeug? Ne, ne, mein Lieber, das eine hat mit dem anderen was zu tun. Und abgespielt hat sich das Ganze im Morgengrauen.” Deutschländer überlegte. „Zumindest Ohrenzeugen müsste es geben. Und wenn jemand etwas gehört hat, dann die Camper da drüben”, er deutete mit dem Kopf in Richtung des jenseits der Hangars gelegenen Campingplatzes.
    „Eine Befragung?”, hakte einer der Beamten nach.
    „Am besten mit Lautsprecher-Wagen, ich werd’ das veranlassen”, sagte der Kirchheimer Kripo-Chef, während er den bärenstarken Pressesprecher der Esslinger Direktion, einen 1.90-Meter-Mann vom Typ Kleiderschrank, herankommen sah, leger und lässig. Verwaschene Jeans, die Hemdsärmel hinaufgekrempelt. Bald, so befürchtete Deutschländer insgeheim, würden sich Horden von Medienvertretern über den Flugplatz hermachen. Kirchheim war schließlich über die Autobahn A 8 von den Journalisten der Landeshauptstadt Stuttgart in 20 Minuten zu erreichen. Pressesprecher Wilfried Mehldorn konnte davon bereits ein Klagelied anstimmen. Seit zwei Stunden, so berichtete er dem Kripo-Chef, riefen pausenlos Journalisten an. Offenbar habe ihnen irgendjemand einen Tipp auf das Geschehen auf der Hahnweide gegeben. „Halten Sie mir die Jungs vom Leib”, knurrte Deutschländer, „es gibt bei Gott nichts zu sagen, als dass wir die Leiche einer jungen Frau gefunden haben, der vermutlich einer eins über den Schädel gezogen hat.” Deutschländer forderte den Pressesprecher auf, die Journalisten auf eine Pressekonferenz zu vertrösten, die am Nachmittag mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart stattfinden würde. Bis dahin, so hoffte der Kriminalist, würde ja wohl auch dieses verdammte Flugzeug gefunden sein.
    Deutschländer, der auch den kräftigen Mehldorn weit überragte, ließ den Pressesprecher wortlos stehen, um über die inzwischen glühend heiße Asphaltfläche zum Parkplatz hinter der Halle zu gehen. Dort kam ihm ein Mann mittleren Alters entgegen, einen schwarzen Pilotenkoffer in der Hand, Sonnenbrille, braungebrannt, volles schwarzes Haar, Jeans und weißes kurzärmliges Hemd. Ein Erfolgstyp, dachte sich der Kriminalist. So hatte er sich diese Privatflieger immer vorgestellt. „Was is’n hier los?”, fragte der Ankömmling, ohne den Kriminalisten zu grüßen.
    „Heute gesperrt, kein Flugbetrieb”, entgegnete der ebenso wortkarg. Der Mann, dessen forsches Auftreten dem Kriminalisten sichtlich gegen den Strich ging, stutzte und blieb stehen. „Wieso das denn?”
    „Polizeiliche Ermittlungen”, sagte Deutschländer und fügte im Weitergehen hinzu: „Fragen Sie Herrn Hauff, der wird sagen, wie’s weitergeht.”
    Der Privatpilot schien irritiert zu sein und ging jetzt deutlich langsamer weiter.
     
    Der baumlange Kommissar hatte sich noch ein paar Minuten mit seinen Kollegen der Spurensicherung unterhalten und sich vergewissert, dass die Fahndung nach dem Sportflugzeug tatsächlich bundesweit lief und die Flugsicherungen verständigt worden waren. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Unbekannte den Flugverkehr gefährdete, Kontrollzonen missachtete oder durch Sperrgebiete flog. Die Radarlotsen wurden zu erhöhter Aufmerksamkeit angewiesen. Das würde bundesweit, aber auch in den angrenzenden Gebieten, zu Verspätungen im Flugverkehr führen. Allerdings, das war den Experten klar, lange Zeit würde diese Alarmbereitschaft nicht aufrechterhalten werden müssen. Ging man davon aus, dass der Unbekannte im Morgengrauen gestartet und der Kraftstofftank tatsächlich ziemlich voll war, dann müsste ihm spätestens jetzt allmählich der Sprit ausgehen. Doch egal, wo er landete, um aufzutanken – er würde heute auffallen.
    Die Gefahr für die Luftfahrt wurde also mit jeder Minute, die verging, geringer. Deshalb machte es auch jetzt keinen Sinn mehr, militärische Abfangjäger aufsteigen zu lassen. Ganz abgesehen davon, dass es auch völlig unklar gewesen wäre, wo sie hätten suchen sollen. Kleinflugzeuge waren an einem solchen
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