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Internat auf Probe

Internat auf Probe

Titel: Internat auf Probe
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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schön?“, fragt sie.
    Caren Prinz-Mohr, wie sie seit der Hochzeit mit Steffen Mohr, dem Vater der Zwillinge, heißt, trägt ein schickes graues Kostüm, hochhackige Schuhe und dunkelroten Lippenstift.
    Sie sieht richtig elegant aus, findet Carlotta. Kein Wunder, schließlich arbeitet sie als Personalchefin in einer großen Bank. Da kann man nicht in Jeans und T-Shirt herumlaufen. Und selbst wenn, würde Mama es ganz sicher nicht tun. Sie liebt es, sich modisch zu kleiden – genau wie Steffen, der als Vermögensberater in derselben Bank arbeitet.
    „Hast du noch was vor?“ Carlotta schiebt den Buggy ins Haus, hievt die Zwillinge heraus und setzt sie in ihrem Spielzimmer auf den Boden. Aus dem Badezimmer nebenan dringen merkwürdige Laute. Es hört sich ziemlich schräg an. Ungefähr so, als würde ein Nilpferd unter einem rauschenden Wasserfall für ein Musical üben.
    „Du weißt doch, dass Steffen und ich heute eingeladen sind.“ Ihre Mutter stöckelt durch den Flur, während sie versucht, einen perlenbesetzten Ohrhänger am linken Ohrläppchen zu befestigen.
    Carlotta zieht eine Schnute. Verflixt, das hat sie ganz vergessen! Das bedeutet ja, dass sie schon wieder Babysitter spielen muss! Hoffentlich gibt’s im Fernsehen wenigstens einen anständigen Film.
    „Eine Pizza für dich liegt im Tiefkühlfach. Deine Lieblingssorte“, sagt Mama. – „Steffen?“, ruft sie in Richtung Bad. „Bist du fertig?“
    Die Badezimmertür geht auf. Ein Schwall dicker, warmer Wasserdampfwolken, vermischt mit dem Duft von teurem Rasierwasser, Duschgel und Deo hüllt den Flur augenblicklich in dichten Nebel. Inmitten der Duft- und Dampfwolke taucht das knallrote Gesicht des unmusikalischen Nilpferds auf.
    „Hallo, Carlotta.“ Steffen Mohr nickt Carlotta zu und verschwindet im Schlafzimmer.
    Der hellblaue Bademantel betont seinen kugelrunden Bauch ziemlich ungünstig, bemerkt Carlotta kichernd, und sie fragt sich zum ungefähr hundertmillionsten Mal, warum ihre Mama ihren Vater ausgerechnet gegen diesen kleinen rundlichen Typen eintauschen musste. „Wo die Liebe hinfällt“, hat Papa mal gesagt und traurig geguckt. „Da kann man nichts machen.“
    „Wechselst du den Kleinen bitte gleich die Windeln? Um sieben kannst du ihnen dann den Abendbrei geben.“ Mama schwebt an Carlotta vorbei, um Steffen zu sagen, welches Hemd er anziehen soll und welche Socken dazu passen. Er selbst ist anscheinend nicht in der Lage, sich zu entscheiden, wie Carlotta mit einem Grinsen registriert, bevor sie ins Spielzimmer geht.
    Lorenz ist auf seiner weichen Kuscheldecke schon fast eingeschlafen. Lennart liegt neben ihm und knabbert an einem Beißring.
    „Ihr könnt ja nichts dafür“, raunt Carlotta ihnen zu, „dass euer Papa nicht so cool ist wie meiner.“
    Sie nimmt zwei frische Windeln aus dem Schrank, zieht Lorenz die kleine Jeans aus, in der er steckt, und runzelt die Stirn. Bestimmt ist die Mini-Jeans von irgendeinem angesagten Babyklamotten-Designer. Für Mama und Steffen kann’s gar nicht edel genug sein.
    Sie öffnet die Druckknöpfe an Lorenz’ Babybody und befreit ihn von seiner vollen Windel. Mit einem feuchten Tuch aus einem Spender säubert sie seine Haut, streut ein bisschen Puder auf seinen runden Po und schiebt die neue Windel darunter. Ein Klebestreifen links, einer rechts, Strampelhose drüber – fertig! Carlotta betrachtet zufrieden ihr Werk. Wenn sie in den letzten Tagen eins gelernt hat, dann das perfekte Wickeln. Als Babysitterin ist sie 1a!
    Als beide Babys versorgt und in ihre Kuscheldecken eingemummelt sind, schnappt sie sich ihr Buch und setzt sich auf das kleine Sofa unter dem Fenster. Eigentlich ist es ziemlich gemütlich, stellt sie fest. Plötzlich freut sie sich darauf, den Abend allein mit ihren Brüdern zu verbringen.
    Mama steckt ihren Kopf ins Zimmer und verabschiedet sich. Carlotta schaut kaum auf. „Tschüss, viel Spaß“, sagt sie nur und liest weiter.
    „Es wird nicht spät“, verspricht Mama. „Du hast ja meine Handynummer, falls was ist.“ Sie wirft Carlotta eine Kusshand zu und zieht die Tür hinter sich zu.
    „Endlich allein“, brummt Carlotta und taucht in ihr Buch ab. Wenig später sind Lorenz und Lennart eingeschlafen. Im Zimmer ist es herrlich ruhig und dämmrig. Genau die richtige Atmosphäre, um mit düsteren Vampiren auf der Suche nach Beute um die Häuser zu flattern.
    Als sie wieder aufschaut, ist es kurz vor sieben. Leise, um die Babys nicht zu wecken, schleicht Carlotta
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