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Inspiration – Du sollst mein sein!

Inspiration – Du sollst mein sein!

Titel: Inspiration – Du sollst mein sein!
Autoren: Heike Wolter
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wässrig-blauen Augen an. »Stör ich gerade?« Völlig entgegen seiner sonstigen Schüchternheit wartete er ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern hüpfte förmlich bis vor ihren Schreibtisch. Mit hochrotem Kopf wedelte er mit einem Briefkuvert.
    »Guck mal hier, wieder Post für dich. Sieht genauso aus wie der erste. Was stand da eigentlich drin?«
    Verdutzt blickte Bellinda auf den unschuldig weißen Umschlag, der vor ihr auf den Schreibtisch flatterte. »Neugierig bist du wohl gar nicht, was? Das war einfach nur geschraubtes Blabla …«
    Noch während sie Miltons Frage geistesabwesend beantwortete, starrte sie auf ihren Namen, der genauso akkurat wie beim ersten Mal auf dem Papier prangte. Milton stand wie festgewurzelt, wartete offenbar darauf, dass sie den Brief öffnete und vorlas. Doch das hatte Bellinda gewiss nicht vor.
    »Sonst noch was, Milton?« Er blinzelte verwirrt und schien endlich zu verstehen, dass er keine näheren Informationen erhalten würde. Mit einem lauten Räuspern schüttelte er den Kopf, offenbar ziemlich enttäuscht über die deutliche Abfuhr. Mittlerweile glühten sogar seine Ohren in einem hellen Rot.
    »Nö, eigentlich nicht. Na ja, ich geh dann mal wieder. Falls du mich brauchst, weißt du ja …« Er wedelte unbestimmt mit den Händen. Bellinda winkte dankend ab und sah zu, wie er leicht verschüchtert und mit hängendem Kopf aus ihrem kleinen Büro verschwand.
    Kaum war sie wieder allein, betrachtete sie widerwillig den Umschlag. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie sich ein gewisses Unbehagen eingestehen. Wie wahrscheinlich war es, dass irgendjemand von den Zuschauern überhaupt wusste, dass es sie gab? Soweit Bellinda informiert war, wurden im Abspann der Sendungen nur die Schauspieler genannt. Das hier war einfach unheimlich …
    Bellinda riss sich zusammen. Immerhin schien der Verfasser des letzten Briefs von ihr begeistert zu sein, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, wie er ausgerechnet auf sie gekommen war. Kein Grund, sich große Sorgen zu machen.
    Sie griff nach dem Umschlag, schlitzte ihn mit der Schere auf und zog den einzelnen Bogen heraus. Mit gerunzelter Stirn überflog sie die sauber geschriebenen Zeilen.
    Meine Liebste, meine Schönste …
    Ich verzehre mich nach deiner Nähe und nehme vorlieb mit deiner Kunst. Ich bin nicht perfekt. Wie in der Realität gelingt nichts auf Anhieb.
    Ich bin selbst nicht zu solcher Schöpfung imstande, der Urfunke zur Schaffung solch grandioser Szenarien ist mir verwehrt. Deshalb brauche ich deine Phantasie, die kraftvolle Anleitung, den Beginn, den du mir schenkst.
    Du bist der Anfang von allem … und ich bin das Ende.
    Du erschaffst die Schönheit des Augenblicks, den ich dann vollenden kann.
    Ohne dich bin ich nichts, mit dir bin ich unsterblich.
    Die unglaubliche Reinheit, die sich hinter der Brutalität verbirgt, sie gibt mir einen nicht enden wollenden Frieden.
    Ich liebe dich und deine Kunst.
    Und ja, du hast recht. Ich bin böse!
    Dein Bewunderer
    Angewidert warf sie das Blatt auf den Tisch. Der Kerl war absolut krank!
    Was sollte das denn alles heißen? Die unglaubliche Reinheit der Brutalität. Welche Brutalität, um Gottes willen? Das Gewalttätigste, was in der Dauerbrenner-Serie mal vorkommen konnte, an deren Skript sie seit zwei Jahren mitarbeitete, war ein breit geklopfter Daumen gefolgt von einem eher zahmen Fluch, wenn dem Serienhelden mal wieder eine Aktion danebenging. Schließlich handelte es sich um eine Vormittagssendung. Insgesamt war ihre Arbeit bemerkenswert harmlos.
    Und was bedeutete der letzte Satz, den er auch noch unterstrichen hatte? Böse? Wieso kam der Verfasser darauf, dass sie ihn für böse hielt? Eher für verrückt, völlig meschugge, irre. Aber böse?
    Leider stand wieder kein Absender auf dem Umschlag, sonst hätte sie ihm entsprechend geantwortet.
    Bellinda schnaubte erbost. Dieser Kerl schaffte es tatsächlich, dass sie sich über seinen Schund Gedanken machte. Dabei hatte sie wahrlich Wichtigeres zu tun, zum Beispiel einen Abgabetermin einzuhalten. Angewidert stopfte sie das Papier wieder zurück in den Umschlag und warf das Ganze in den Papierkorb, um es Sekunden später entschlossen wieder herauszufischen und in ihrer Tasche zu verstauen. Sie angelte auch den ersten Brief aus dem untersten Ablagekorb auf ihrem Schreibtisch und steckte ihn ein.
    Sie hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, über die Briefe mit einer vertrauten Person zu sprechen. Mit jemandem, der
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